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„Gras“ für alle bald legal? Werden Apotheken in Dorsten zu Coffeeshops?
Cannabis
Cannabis zu Genusszwecken könnte bald Realität werden, der Koalitionsvertrag sieht den kontrollierten Verkauf in lizensierten Geschäften vor. Auch Dorstener Apotheker würden mitmachen.
In anderen Ländern ist es längst legal: Nun soll nach den Plänen der Ampel-Koalition auch in Deutschland der Konsum von Cannabis zu Genusszwecken erlaubt werden. Geplant ist die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“.
Das Ziel dahinter sei gesicherte Qualität, Verbraucher- und Jugendschutz. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nannte unter anderem die Apotheken als geeignete Verkaufsstellen.
Sachkenntnis in den Apotheken vorhanden
Die von ihm für eine Verkaufslizenz vorausgesetzte „erforderliche Sachkunde des Verkaufspersonals“ sei unter den Pharmazeuten auf jeden Fall vorhanden, sagt Judith Pollmann, Leiterin der Dorstener Apotheke im Viertel. Schon jetzt sei Cannabis zu medizinischen Zwecken auf Rezept schließlich erlaubt. „Wir sind mit der Handhabung und Prüfung vertraut“, so die Apothekerin. Für einen Verkauf zu Genusszwecken müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen, die gesetzlichen Vorgaben eindeutig und klar sein.
Klare Regeln und eindeutige Deklaration wichtig
Das fordert auch Kollege Felix Holzwarth, der unter diesem Namen unter anderem eine Apotheke in Dorsten sowie in Lembeck betreibt. Auch er stellt die „große Frage an die Rahmenbedingungen“. Wichtig seien klare Regularien zu Inhaltsstoffen und THC-Gehalt. Die Abkürzung THC bezeichnet die Substanz Tetrahydrocannabinol, die für die psychoaktive Wirkung von verschiedenen Hanfprodukten verantwortlich ist und Rauschzustände auslösen kann. „Es muss klar deklariert werden, wie viel THC enthalten ist“, sagt der Fachapotheker für Allgemeinpharmazie, Geriatrie und Ernährungsberatung.
Weiterhin sei zu klären, wo die Inhaltsstoffe herkämen, die Qualität müsse gesichert sein. „Die Produkte müssen dann klar deklariert werden“, führt er aus. In den legalen Coffeeshops in den Niederlanden, wo der Verkauf von Cannabis längst erlaubt ist, vermisse er eine entsprechende Kennzeichnung. Hier sei nicht ersichtlich, wie viel des berauschenden Wirkstoffes tatsächlich enthalten sei, geschweige denn könne Auskunft über die Herkunft erteilt werden.
Das liegt in der niederländischen Drogenpolitik begründet, die das Betreiben eines Coffeeshops zwar erlaubt, den Cannabis-Erwerb oder die Eigenproduktion für eben dieses Gewerbe jedoch verbietet.
Keine Vorgaben an Reinheitsgrad und Qualität
Folglich gibt es keine staatlichen Kontrollen der Ware und auch keine Vorgaben an Reinheitsgrad und Qualität. Die seien aber unerlässlich für den Verbraucherschutz. „Niemand kauft eine Flasche Alkohol ohne Angabe der Prozentzahl“, gibt Apotheker Holzwarth ein Beispiel. Dass reiner Strohrum im Gegensatz zu einer Flasche Radler selbst einen gestanden Mann umhaut, ist jedem klar. Bei den THC-Gehalten verhalte es sich ähnlich. „Es gibt im Markt eine Spannbreite zwischen nahezu Null und 22 Prozent THC“, weiß Holzwarth. Entsprechend gefährlich sei der Verkauf nicht klar gekennzeichneter Cannabisprodukte - nicht nur für empfindliche Personen.

Felix Holzwarth fordert eine klare Deklaration der möglicherweise bald legalen Cannabis-Produkte. © privat
Apotheke als lizensiertes Geschäft geeignet
„Die Apotheke ist da schon ein geeigneter Ort“, findet Holzwarth. Er und sein Team seien wie alle Berufskollegen mit der gewissenhaften Prüfung von Inhaltsstoffen und Zertifikaten vertraut, wie zum Beispiel bei der Mischung von Arzneitees.
Judith Pollmann sieht das genauso: „Es gibt keinen besseren Weg.“ Sie betont noch einmal einen klaren Rechtsrahmen, unter dem dann auch sie sich vorstellen könne, eine Lizenz zu beantragen - auch, um insbesondere die „gefährdetsten Personengruppen zu schützen“.
In den ELISANA-Apotheken teilt man die Meinung, dass ein verantwortungsvoller, lizensierter Verkauf in Apotheken gesichert wäre, möchte das Geschäft aber lieber den Kollegen überlassen. „Wir halten das für eine gute Idee“, sagt Mitarbeiter Demir Oguzhan aus der Filiale an der Freiheitsstraße. Auch weil Mengen und Kaufberechtigung kontrolliert werden würden. „Wir selber möchten das aber nicht machen.“
Mag gute Storys mit Tiefgang und Feingefühl, hasst rote Autos und WLAN-Störungen, findet dass Katzenstreu öfter im Angebot sein könnte