Geschäftsinhaber bedroht PARTEI-Stand in Dorsten „Das ist absolut geschäftsschädigend“

Modehausinhaber bedroht PARTEI-Stand: „Absolut geschäftsschädigend“
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Nachdem die AfD einen Stand in der Altstadt am Holocaust-Gedenktag angekündigt hatte, meldete auch „Die PARTEI“ einen Infostand direkt gegenüber in der Essener Straße an. Partei-Vorsitzender Ingo Lilienthal berichtet, dass es beim Aufstellen des Stands Diskussionen gab, weil man einen Hauseingang nicht blockieren wollte („Rettungswege“) und deshalb mehr vor das Modehaus „Stil Vest“ rückte.

Das wiederum habe einer Mitarbeiterin des Modehauses nicht gefallen, die die PARTEI-Mitglieder aufgefordert habe, den Stand wieder zurückzubauen. „Wir würden den Kundinnen Angst machen.“ Nach dem Hin und Her habe das Ordnungsamt dann aber bestätigt, dass der Stand korrekt stand.

„Er hat mich angeschrien“

Doch dann eskalierte die Situation. „Die Mitarbeiterin drückte mir ein Handy in die Hand“, erinnert sich Lilienthal. Am anderen Ende der Leitung sei der Geschäftsinhaber. „Er hat mich angeschrien“, so Lilienthal, der allerdings auch sagt, dass er nicht viel verstanden habe, weil das Telefon übersteuerte. Der Gesprächspartner habe gedroht, dass er den Stand „zusammenhauen“ würde, falls die PARTEI ihn noch einmal vor dem Geschäft aufbauen würde.

Lilienthal schilderte das Erlebnis der Polizei, verzichtete aber auf eine Anzeige. „Ich habe keine Beweismittel.“ Er könne nicht mit Gewissheit sagen, ob sein Gesprächspartner wirklich der Geschäftsinhaber war. Und da es nicht sein eigenes Handy war, habe er auch keine Telefonnummer.

„Es handelt sich bei unserer Partei um eine kontrovers diskutierte Partei, deren Mitglieder an Beschimpfungen gewöhnt sind. Die PARTEI verurteilt solche Drohungen auf das Schärfste und betrachtet die Androhung von Gewalt als inakzeptables politisches Instrument.“

Ingo Lilienthal berichtet von einer Bedrohung in der Altstadt.
Ingo Lilienthal berichtet von einer Bedrohung in der Altstadt. © Archiv

„Werde das nicht akzeptieren“

Wir fragten Inhaber Stephan Ignatzy von „Stil Vest“, der offen über den Tag spricht und das Gespräch bestätigt. Er gibt zu, dass die Emotionen in diesem Moment hochgekocht seien. „Ein Wort ergab das andere.“ Und er räumt ein, dass er den Satz gesagt habe, dass er den Stand zusammenhauen würde. „Natürlich würde ich das nicht machen.“ Aber er sagt auch zum PARTEI-Stand: „Ich werde das vor dem Eingang nicht akzeptieren. Samstags ist der verkaufsstärkste Tag.“

Ignatzy war an dem fraglichen Samstag gar nicht in Dorsten, doch dass es ein Problem gab, merkte er auch so. „Ich kann meine Umsätze online sehen. In Echtzeit. Und die waren schlecht bis zu diesem Zeitpunkt.“ Es sei einer der schlechtesten Januare der vergangenen zehn Jahre gewesen. „Wir hatten einen schlechten Start ins Jahr“, sagt er - vielleicht sei das Wetter dafür zum Teil verantwortlich gewesen, vielleicht auch, „dass das Geld nicht mehr so locker sitzt“. Am Samstag sei hingegen „perfektes Wetter“ gewesen: „Die Stadt war voll.“

„Unwohl und bedroht gefühlt“

Der Stand habe zwischenzeitlich so vor dem Geschäft gestanden, „dass keiner hereingehen konnte“, sagt Ignatzy. Von seinen Mitarbeiterinnen habe er erfahren, dass die PARTEI-Mitglieder auf die Aufforderung, den Stand zurückzubauen, zunächst nicht reagiert hätten. Zudem hätten sie ihm gesagt, dass sie sich „unwohl und bedroht“ fühlten, sagt Ignatzy.

„Mich interessieren die ganzen Parteien nicht“, weist Ignatzy einen politischen Hintergrund von sich: „Es geht darum, dass wir unser Geschäft machen wollen. Ich will die Jobs sichern, dass wir unser Auskommen haben. Da geht es um unsere Existenz.“

Wenn ein Stand vor dem Geschäft stehe, der Schaufenster und Eingang verdecke, „ist es egal, ob es die AfD oder die PARTEI ist - das flößt den Kundinnen Angst ein“, sagt Ignatzy. Die Folge: Sie würden den Laden gar nicht erst betreten.

„Geschäftsschädigend“

Dies sei auch nicht nur ein Gefühl, sondern in Tests bewiesen worden. Selbst wenn nur ein Blumenkübel vor dem Eingang stehe, bedeute dies 15 Prozent weniger Frequenz im Geschäft, sagt Ignatzy. Ein Stand vor dem Geschäft - „das ist absolut geschäftsschädigend“.

Nachdem der Eingang wieder frei gewesen sei, sei das Geschäft sehr gut gelaufen, sagte Ignatzy über den Samstag: „Es hat geknallt in der Kasse.“ Aber er sagt auch: „Wir werden Umsätze verpasst haben durch die ein bis anderthalb Stunden.“

Mahnwache

Annette Achenbach, Sprecherin der Polizei, sagte auf Anfrage, dass eine Anzeige wegen Bedrohung vorliege. Von wem gegen wen, sagt sie nicht. Die Polizei habe erst im Nachgang von dem Fall erfahren.

Lilienthal kommentiert den Vorfall so: „Damit ist für uns eine Linie überschritten, gegen die wir uns in aller Deutlichkeit wehren müssen. Deshalb beschlossen wir, am Samstag (3. Februar) eine Mahnwache gegen das Bedrohen von Parteiständen zu organisieren.“ Dazu seien alle Interessierten von 10 bis 12 Uhr eingeladen.

„Deutliches Zeichen setzen“

Damit wolle man, so Lilienthal, „gemeinsam ein deutliches Zeichen setzen und unsere Ablehnung gegenüber jeglicher Form von Bedrohung und Gewalt gegen Parteistände zum Ausdruck bringen. Der öffentliche Raum sollte ein Ort des respektvollen Meinungsaustauschs sein, ohne Raum für Einschüchterung und Drohungen“.

Zunächst war geplant, die Mahnwache wieder am selben Ort stattfinden zu lassen. Laut Annette Achenbach sei der Ort aber geändert worden: „In der Nähe, schräg gegenüber.“ Dabei hätten die Antragsteller kooperiert. Zudem sei für den 3. Februar eine weitere Versammlung von „Wir in Dorsten gegen Rechts“ angemeldet worden von 11 bis 13 in der Nähe des Alten Rathauses.

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