Glücklich Wohnen - am Standort der ehemaligen Blauen Schule in Dorsten hat sich der Wunsch nach Generationen übergreifendem Wohnen von 32 Mietparteien erfüllt.

© Claudia Engel

Viele Generationen unter einem Dach: „Hier ziehe ich nicht mehr aus“

rnGemeinsames Wohnen Blaue Schule

In Dorsten ist das erste generationenübergreifende Wohnprojekt vor knapp zehn Jahren eröffnet worden. Die Mieter sagen: So geht glücklich Wohnen. Und sie erklären, warum das so ist.

Dorsten, Wulfen-Barkenberg

, 23.04.2021, 14:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Generationenübergreifendes Wohnen greift um sich. In Dorsten zogen 2012 die ersten 32 Mietparteien in den Wohnblock des „Gemeinsamen Wohnens Blaue Schule“ an der Barkenberger Allee 116 ein.

Roswitha Himmelmann gab den Anstoß zu dieser besonderen Wohnform, als sie nach langjährigem Aufenthalt in Andalusien eine neue passende Bleibe für ihren Mann, ihre Mutter und für sich suchte.

Generationen übergreifendes Wohnen am Standort der ehemaligen Blauen Schule: Roswitha Himmelmann und Ronny Walters gehören zum Vorstand des Vereins und leben dort glücklich mit ihren Nachbarn zusammen.

Generationenübergreifendes Wohnen am Standort der ehemaligen Blauen Schule: Roswitha Himmelmann und Ronny Walters gehören zum Vorstand des Vereins und leben dort glücklich und zufrieden mit ihren Nachbarn zusammen. © Claudia Engel

In Barkenberg kannte sich die heute 74-Jährige gut aus. „Hier habe ich seit 1971, bevor ich mehr als zehn Jahre in Südspanien wohnte, gelebt und meine vier Kinder großgezogen“, sagt sie. Barkenberg, das sei ein Traum für Familien mit Kindern und auch ältere Menschen. Denn: „Hier kommt man überall zu Fuß oder mit dem Rad hin.“

Logischerweise fiel die Wahl auf Barkenberg

Also richtete Roswitha Himmelmann logischerweise ihr Augenmerk auf den vertrauten Ortsteil und fand in einem ortsansässigen Architekten per Zufall einen Mitstreiter. Er stellte mit ihr zusammen die Weichen für das Generationenübergreifende Wohnen am Tälchen.

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„Hannes Schmidt-Domogalla und ich sind uns auf dem Weihnachtsmarkt in Dorsten begegnet und ins Gespräch gekommen. Dann haben wir, nachdem wir einen Investor in Borken gefunden haben, gemeinsam mit anderen das Projekt angestoßen“, erzählt Roswitha Himmelmann. Sie ist nicht nur Initiatorin des gemeinsamen Wohnen, sondern auch Vorsitzende des Vereins „Gemeinsames Wohnen Blaue Schule“. Der wurde 2008 von acht Mietparteien, meist Menschen aus der Umgebung, gegründet und einige Mitglieder firmieren bis heute als Mietervertretung in der Wohnanlage an der Barkenberger Allee 116.

5.000 Quadratmeter großes Gelände für Wohnen und Freizeit

Dort, wo einst die Blaue Schule, eine der beiden Barkenberger Grundschulen stand, wurde auf dem 5.000 Quadratmeter großen Gelände zwischen Papageien-Häusern der LEG und dem Tälchen, dem ehemaligen Schulhof der Blauen Schule, das attraktive Wohnhaus mit Laubengängen zu den einzelnen Wohnungen, die sich um einen Innenhof für gemeinsame Freizeitaktivitäten gruppieren, nach modernsten Standards gebaut: „Wir haben Dreifachverglasung, Fußbodenheizung, eine Wärmepumpe liefert die Heizenergie. Türen und Bäder sind barrierefrei, die Ausstattung ist gut“, zählt Roswitha Himmelmann auf.

Für die Wohnungen standen die Anwärter vor der Eröffnung Schlange, 32 Glückliche bezogen ihr neues Zuhause. Und haben es nicht bereut, mit anderen zusammenzurücken.

„Die Wohnungen sind zwischen 47 und 111 Quadratmetern groß“, sagt Roswitha Himmelmann. Es wohnen Paare dort. Alleinstehende Menschen. Aber auch zwei Familien mit drei beziehungsweise sechs Kindern. Eine bunte Mischung also, wie sie die Vereinsgründer angestrebt haben. Denn: „Wir sind kein Altenpflegeheim.“

Regelmäßige Anfragen von pflegebedürftigen Barkenbergern

Regelmäßig wird die Vereinsvorsitzende aber von betagten und pflegebedürftigen Barkenbergern gefragt, ob nicht eine der kleineren Wohnungen gerade frei sei. „Kleine Wohnungen gibt es in unserem Ortsteil leider nur wenige. Viele Leute geben ihre Häuser auf und wollen sich in Mietwohnungen kleiner setzen. Aber das ist nicht die Zielgruppe, die wir gerne bei uns aufnehmen möchten“, erläutert Himmelmann.

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Denn die Bewohnerschaft soll nach und nach verjüngt werden. Ein türkischer Mitbürger aus Hervest hat den Sprung nach Barkenberg geschafft. Er erfüllt die Bedingungen, die man im Haus gerne sieht: „Jemanden, der die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens mitträgt und die Gruppe ergänzt und stärkt.“

Ronny Walters zog mit Frau und Kindern nach Barkenberg

Ronny Walters ist ein Vertreter der jungen Garde. Der 42-Jährige bewohnt mit Frau und drei Kindern eine der Sozialwohnungen. Dreiviertel der 32 Wohnungen sind sozial gebunden, die restlichen Wohnungen frei finanziert. „Alle haben, bis auf die Böden, die gleiche Ausstattung“, betont Roswitha Himmelmann. Auch damit hat das Gemeinschaftswohnen Akzente gesetzt. Im Haus ist niemand was Besseres als der Nachbar. Egal, welche soziale Herkunft die Bewohner haben, an der Barkenberger Allee wird kein Wert auf Prestige gelegt.

In Eigentumswohnungsanlagen liegen die Bewohner oft über Kreuz

„Wir haben vor dem Bau unseres Projektes viele Anlagen mit Eigentumswohnungen besichtigt. In vielen Häusern lagen die Eigentümer über Kreuz, weil jeder für sich Privilegien auf Kosten der Nachbarn beansprucht hat. Das kann nicht gut gehen“, weiß Himmelmann. Deshalb ist sie froh, dass die Wohnungen an der Barkenberger Allee Mietwohnungen sind. „Wenn es Probleme gibt, dann müssen sich die Mieter an den Vermieter wenden.“ Das sei der Investor der Anlage, das Bauunternehmen Brun aus Borken.

Eine der Wohnungen, die frei finanziert sind. Sie sehen aus wie eigenständige Häuser auf dem Hausdach der Gemeinschaftswohnanlage.

Eine der Wohnungen, die frei finanziert sind. Sie sehen aus wie eigenständige Häuser auf dem Hausdach der Gemeinschaftswohnanlage. © Claudia Engel

Bewerbern um frei gewordene Wohnungen wird vorsichtig auf den Zahn gefühlt, ob sie ernsthaft am gemeinsamen Wohnen interessiert sind. Denn es gibt Gemeinschaftsaktivitäten (vor Corona), außerdem einen großen Gruppenraum im Parterre neben dem Eingangsbereich der Anlage sowie ein Gästezimmer für all die Mieter, die Verwandte nicht in ihrer Wohnungen vorübergehend beherbergen können. „Das wird gerne genutzt.“

Die meisten Mieter geben ihre Wohnungen nicht freiwillig her. „Leider sind die ersten bereits verstorben, einige wenige mussten nach zehn Jahren ins Altenheim übersiedeln. In den Wohnungen sind dann Jüngere oder Familien eingezogen.“ Und die sagen, wie die Mama des sechsjährigen Luis: „Hier ziehe ich nicht mehr aus, auch wenn die Kinder groß sind. Eher nehme ich eine kleinere Wohnung hier.“