Als Alexej und Lisa Matviienko mit ihrer kleinen Tochter Emma Anfang April nach einer zehntägigen Autofahrt in Deutschland landeten, hofften sie noch auf ein schnelles Ende des russischen Angriffskrieges in ihrer ukrainischen Heimat. Diese Hoffnung ist längst dahin. Umso glücklicher ist die kleine Familie über ihr Leben im sicheren Dorsten.
Es war eine glückliche Fügung, dass das unglückliche junge Paar in Düsseldorf strandete und dort auf den Sohn des Dorstener Ehepaars Igor und Tanja Krasontovitsch traf. Die gebürtigen Ukrainer leben schon seit mehreren Jahrzehnten in Dorsten und haben nach Kriegsbeginn mehrere ukrainische Flüchtlinge bei sich aufgenommen. Unter anderem Lisa und Alexej mit der aufgeweckten Emma.
Schnell bot ein Freund eine Wohnung für die jungen Leute an. Und fast ebenso schnell gab es ein Job-Angebot für Alexej. Tanja Krasantovitsch erzählte ihrem Arbeitgeber beiläufig von der technischen Begabung des Gastes. „Alexej hat bei uns im Haus alles perfekt repariert, was nicht mehr in Ordnung war.“ In der Firma ihres Chefs wurde ein Hausmeister gesucht - schnell war der Deal perfekt.
Seither verdient Alexej den Lebensunterhalt für seine Familie selbst. Sie ist nicht mehr auf Transferleistungen angewiesen. Mit seinen Kollegen hat er sich von Anfang an trotz fehlender Deutschkenntnisse gut verstanden. „Es sind alles gute Menschen“, sagt der 29-Jährige.
Überhaupt hätten sie in Deutschland nur hilfsbereite Menschen kennengelernt. Beim Gebraucht-Möbelkauf über Ebay seien ihnen schon mehrfach Möbelstücke geschenkt worden, nachdem sie sich als Ukrainer zu erkennen gegeben hätten. „Die Leute wollen helfen.“
Kein Kindergartenplatz
Während Alexej zur Arbeit gehen kann und dort im täglichen Kontakt mit Menschen immer mehr Deutsch lernt, ist seine junge Frau Lisa mit der kleinen Emma recht isoliert zu Hause. Es gibt für das kleine Mädchen bisher keinen Kindergartenplatz. Lisa macht online eine Ausbildung, um künftig Spiele und Apps testen zu können. Beide sprechen kein Deutsch. Im Deutschkurs ist für Lisa noch kein Platz frei. Und wer sollte auch auf Emma aufpassen, wenn ihre Mutter im Unterricht sitzt?
Lisa hat viel Zeit zum Grübeln, ihr ist das Heimweh deutlich anzumerken. Sie sehnt sich vor allem nach ihrer Mutter, die wie viele andere Ukrainer nach einem vorübergehenden Aufenthalt in Polen inzwischen wieder ins Heimatland zurückgekehrt ist.
Heimweh nach der Mutter
Tanja Krasantovitsch weiß, dass Lisa ihre Mutter täglich bittet, auch nach Deutschland zu kommen. „Sie macht sich große Sorgen um ihre Mama, aber die will die Ukraine nicht verlassen.“ Alexej und Lisa kommen aus Saporischschja, wo sich bei einem der von Russland initiierten Scheinreferenden neulich wenig überraschend 93 Prozent für einen Anschluss an Russland ausgesprochen haben.
Selbst die kleine Emma weiß schon, dass die Oma in dem besetzten Gebiet in großer Gefahr ist. Und Lisa verfolgt jede Nacht der gleiche Albtraum: „Ich träume, dass wir bombardiert und verschüttet werden.“

Die Wohnung des jungen Ehepaars wird derzeit vorübergehend von Alexejs Schwester bewohnt. Sobald der Krieg vorbei ist, wollen Alexej und Lisa wieder nach Hause. Das sei der Wunsch fast aller geflüchteten ukrainischen Freunde, mit denen sie hier regelmäßig Kontakt haben und sich treffen. Alle hoffen natürlich, dass ihr Zuhause nach dem Krieg noch bewohnbar ist.
Tanja Krasontovitsch und ihr Mann verstehen die Sorgen und Nöte der jungen Leute, auch sie haben nahe Verwandte in der Ukraine, um die sie sich große Sorgen machen.
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