Rot-weißes Flatterband und eine Schere sind die bekannte Standardausrüstung für die Freigabe einer neuen Straße. Nicht so in Wulfen, wenn der wichtigste Anlieger der Straße Levi’s heißt und Jeansmode produziert. So wurde am Mittwochmorgen stilecht ein Banner aus Jeansstoff über die neue Erschließungsstraße gespannt und niemand musste eine Schere zücken, denn das Stück säuberlich vernähten Stoffes hatte in der Mitte einen Reißverschluss.
Die Straße wird voraussichtlich eines Tages so heißen wie der Industriepark, den sie erschließt: Große Heide. Dort ist viel Großes entstanden, seit der Bergbau die Fläche 2001 aufgegeben hat. Der gigantische, futuristisch anmutende Neubau soll schon in einem Jahr das Levi’s-Verteilzentrum für Europa beherbergen. Und es sei auch das amerikanische Unternehmen gewesen, das die Frist für die Erschließungsstraße gesetzt habe, berichtete Projektmanager Borris Paul von der RAG Montan Immobilien und erntete Lacher, als er die pünktliche Fertigstellung als „fast schon befremdlich“ bezeichnete.
Neun Millionen für 450 Meter
Die zweispurige Straße mit einem Wendehammer am Ende und Parkflächen an beiden Seiten ist etwa 450 Meter lang. An der Dülmener Straße führt ein neuer 1,6 Kilometer langer Radweg zur Einmündung mit Ampel in den Industriepark. Neun Millionen Euro hat die Erschließung gekostet.
Sandra Nierfeld, Geschäftsführerin der RAG Montan Immobilien, bedankte sich ausdrücklich bei der Stadt Dorsten für die Geschwindigkeit bei der Umsetzung der Pläne. Die hervorragende Zusammenarbeit aller Beteiligten hoben auch WinDor-Chef Markus Funk und Bürgermeister Tobias Stockhoff hervor.

Gegenüber von Levi‘s wird das Familienunternehmen Bolz einen neuen Standort errichten. Die Firma platzt nach Auskunft von Michael, Christian und Kathrin Bolz am bisherigen Standort in Recklinghausen aus allen Nähten. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die nachhaltige Entsorgung von Lebensmitteln und Fetten aus der Gastronomie, aus Krankenhäusern, Altenheimen und Großbäckereien.
In einer geschlossenen Halle werden die eingesammelten Abfälle entpackt, zerkleinert und von Störstoffen wie Plastik oder Glas getrennt. Anschließend werden sie zu einem pumpfähigen Substrat weiterverarbeitet und schließlich zu einer Biogasanlage transportiert. Die Abfallbehälter gehen derweil gereinigt und desinfiziert in die Küchen- oder Verarbeitungsbetriebe zurück.

Die Entsorger kommen mit 130 Arbeitsplätzen aus Recklinghausen an den neuen Dorstener Standort. „Hier haben wir Platzreserven für den weiteren Ausbau unserer Firma“, sagt Juniorchef Christian Bolz, der 2025 in der Großen Heide an den Start gehen und dort weitere Arbeitsplätze schaffen will.
Bis zu 300 Arbeitsplätze hatten sich Stadt und RAG einst von der neuen Nutzung des ehemaligen Wulfener Zechengeländes versprochen, Levi‘s (bis zu 650) und Bolz (zunächst 130) sorgen allein schon dafür, dass laut Markus Funk an diesem Ort deutlich mehr Arbeitsplätze geschaffen werden als durchschnittlich bei vergleichbaren Projekten üblich.
Ein Unternehmen fehlt noch
Die künftige Nutzung einer drei Hektar großen Restfläche in der Nähe des Regenrückhaltebeckens steht noch nicht fest, aber auch hier seien die Verhandlungen weit gediehen, deutete Sandra Nierfeld an, ohne schon weitere Details zu verraten.
Reichlich Grund also für die Vertreter des Bergbaus, der Stadt und der ausführenden Baufirma, sich für diese „Meisterleistung“ gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Und auch die Wulfener Bürgerinnen und Bürger, die zur Straßeneinweihung eingeladen waren, zeigten sich zufrieden mit der Entwicklung des Zechenstandortes. Angesichts des riesigen Levi‘s-Gebäudes zeigten sie allerdings Respekt vor der künftigen Verkehrsbelastung: „Mal schauen, wie das wird hier in Wulfen mit den vielen Lkw.“
Wie die Eröffnung war, sehen Sie auf dorstenerzeitung.de
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