Ehemaliges Traditions-Gasthaus Berken in Dorsten wird derzeit abgerissen

© Guido Bludau

Ehemaliges Traditions-Gasthaus Berken in Dorsten wird derzeit abgerissen

rnHotel Berken

Derzeit wird das ehemalige Traditions-Gasthaus Berken an der Straße „An der Molkerei“ dem Erdboden gleichgemacht. Es gibt schon Pläne, was anschließend mit dem Grundstück passiert.

Dorsten

, 07.02.2019, 18:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Langsam knabbern sich die Baggerzähne in Richtung des alten Hotelgebäudes heran. Wieder und immer wieder reißen sie große Stücke Beton aus der Fassade des Anbaus heraus. Ein Anblick, den sich Egon Berken lieber erspart. „Schon als kürzlich der erste Baum auf dem Grundstück gefällt worden ist, habe ich allen gesagt, dass ich mir das nicht anschauen kann“, sagt der frühere Besitzer des Traditions-Gasthauses. Zu viele Erinnerungen, zu viele schöne Begegnungen und zu viel Herzblut hängt bei dem 78-jährigen Dorstener immer noch an seinem Lebenswerk.

Eine Institution in Dorsten

Das Wohngebäude nebenan ist bereits dem Erdboden gleichgemacht, der Anbau aus den 1980er-Jahren inzwischen auch. Und bald sind die Tage des rund 100 Jahre alten früheren Gasthauses an der Straße „An der Molkerei“ im Marienviertel gezählt. „Restaurant Erwig“ hieß es einst, auch mal „Germania“, Namen der ersten Pächter lauteten Schetter oder Wächter. In den 1920er-Jahren war das. 1933 kaufte mit den Eltern von Egon Berken diejenige Familie das Gasthaus auf, das eine erfolgreiche und von vielen Gästen geliebte und geschätzte Gastronomie-Institution in der Lippestadt werden sollte.

Ein Bild des Gebäudes aus dem Jahre 1915. Damals war Wilhelm Erwig der Pächter.

Ein Bild des Gebäudes aus dem Jahre 1915. Damals war Wilhelm Erwig der Pächter. © Archiv Biermann

Doch vor vier Jahren war plötzlich Schluss. Anfang 2015 gab der damals 75-jährige Egon Berken Gaststätte und Hotel schweren Herzens auf. Trotz langer Suche hatte er damals keinen Nachfolger gefunden. „Das tat mir in der Seele weh“, sagt er. 1963 hatte Berken den Betrieb von seinen Eltern übernommen, ihn mit seiner ersten Ehefrau ausgebaut. Irgendwann gab es 28 Hotelbetten, viele Stammgäste kamen zum Essen, Vereine trafen sich hier.

An Bauunternehmen verkauft

Nachdem keiner das Hotel und die Gaststätte übernehmen wollte, verkaufte Egon Berken das Grundstück im Frühjahr 2015 schließlich an das Bauunternehmen Temmink in Velen. Dessen Pläne, die Gebäude abzureißen und auf dem Grundstück eine moderne Wohnbebauung zu verwirklichen, verzögerten sich aber zunächst.

Für Flüchtlinge genutzt

Denn als die Stadt mit weiteren Zuweisungen von Flüchtlingen rechnen musste, pachtete sie das Hotel vom neuen Besitzer im April 2015 auf drei Jahre an, renovierte es und schuf dort Platz für 35 Flüchtlinge. Zum 1. April des vergangenen Jahres wurde die Flüchtlingsunterkunft wieder aufgegeben. Nun kann der neue Investor seine Pläne umsetzen. „Wir werden zwei Acht-Familien-Häuser mit Eigentumswohnungen in Massivbauweise errichten“, kündigt Wolfgang Hoffschlag (Geschäftsführer des Unternehmens Temmink) an.

In den 1980er-Jahren nahm Hotelier Egon Berken (vorne) den Anbau in Angriff.

In den 1980er-Jahren nahm Hotelier Egon Berken (vorne) den Anbau in Angriff. © Archiv Biermann

„Mit der Genehmigung des Bauantrags rechnen wir jeden Tag“, so Hoffschlag. „Wir hoffen, dass sie noch im Februar kommt“. Die Abbruchgenehmigung sei erteilt worden, weswegen sich das Unternehmen entschlossen habe, Abriss und das Fällen der Bäume gemeinsam anzugehen. „Wegen der kommenden Brutzeit musste das bis Ende Februar über die Bühne gegangen sein.“

Streichelzoo mit Papageien

Überleben werden aber die Erinnerungen an die vergangenen schönen Jahre und Tage des Hotels Berken. Erinnerungen an den Streichelzoo für die kleinen Gäste mit seinen sprechenden Papageien, an Leibgerichte wie „Rumpsteak Mirabeau“ mit anschließendem „Cafe Cointreau“, an einen hilfsbereiten und immer persönlich auf die Gäste eingehenden Gastronomen Egon Berken und an dessen längst verstorbene Mutter, genannt „Etta“, die auch im hohen Alter noch hinter dem Tresen stand und die Leute bewirtete.

Mitglieder des Heimatvereins Dorf Hervest haben sich die Uhr mit dem Glockenspiel gesichert.

Mitglieder des Heimatvereins Dorf Hervest haben sich die Uhr mit dem Glockenspiel gesichert. © Privat

Ein Andenken hat sich der Heimatverein Dorf Hervest gesichert: die außen am Hotel-Gebäude angebrachte Uhr aus den 1980er-Jahren mit dem Glockenspiel, seinerzeit von der Dorstener Firma „Diegner & Schade“ hergestellt. Heimatvereinsmitglieder haben das gute Stück inzwischen restauriert, die Melodie erklingt wieder. Derzeit wird im Umfeld des neuen Heimathauses nach einem geeigneten nachbarschafts-kompatiblen Platz für die Glockenuhr gesucht.