Schon zehn Lebensjahre im Knast gesessen Dorstener will Drogenkarriere endlich beenden

Nach zehn Jahren Haft: Angeklagter will Drogenkarriere endlich beenden
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Man könnte es eine Bilderbuch-Karriere nennen, wenn es nicht so traurig wäre: Kiffen mit 13, Speed und Ecstasy mit 15, Kokain mit 17, mit 19 dann Heroin. Schwierige Familienverhältnisse, kein Schulabschluss, keine Ausbildung, kein Job. Mit 38 und unter Methadon mal wieder als Angeklagter im Dorstener Amtsgericht, vorgeführt aus der Haft, die kurz danach endet und direkt in eine Untersuchungshaft wegen neuer Straftaten übergeht.

Zehn Jahre seines Lebens hat der „alte Bekannte“ von Richterin Lisa Hinkers bereits in Haftanstalten verbracht. Mit Blick auf bislang 13 Begegnungen im Gerichtssaal sagt die erfahrene Juristin: „Da fühlt man sich als Richterin im Amt gescheitert.“

Beschämt senkte der Angeklagte den Blick. Mit leiser Stimme trug er vor, dass er die Diebstähle „aus Verzweiflung“ begangen habe: „Ich lebte auf der Straße, mir war so unendlich kalt, ich hatte kein Geld.“ So brach er in eine Autofirma ein, ließ schließlich ein paar GPS-Tracker im Wert von 150 Euro mitgehen, um sie zu Geld zu machen.

Wenige Tage zuvor hatte er einen E-Scooter gestohlen, ihn aber wieder abgegeben, als drei Jugendliche den motorisierten Roller wiedererkannten. Ein Geschädigter ortete sein am Freizeitbad Atlantis gestohlenes Pedelec per GPS, Fahrrad und Dieb wurden in einem abfahrenden Zug am Bahnhof gestellt.

Keine gute Prognose

Dass er alle Vorwürfe unumwunden zugab, wurde ihm später vom Staatsanwalt und dem Schöffengericht zugutehalten - sorgte jedoch ebenso wenig für eine gute Sozialprognose wie seine bescheiden vorgetragene Ankündigung, jetzt endlich eine Langzeit-Therapie machen zu wollen.

Von einer neuen Liebe und der Heilung von einer Hepatitis C verspricht er sich Rückenwind für diesen schwierigen Weg. Die Zweifel des Gerichts konnte er nicht ausräumen, deshalb wurde die letztlich verhängte Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten auch nicht auf Bewährung ausgesetzt. „Einem Leben in Freiheit wären Sie derzeit wohl kaum gewachsen“, schrieb Richterin Hinkers ihm ins Stammbuch und erntete ein schwaches Nicken.

Therapie statt Strafe

Der Zusammenhang zwischen seinem jahrelangen Drogenkonsum und seinen Straftaten wurde ihm allerdings im Urteil bescheinigt, sodass er eine Chance hat, an dem Programm „Therapie statt Strafe“ teilzunehmen.

Das bedeutet, dass Betroffene unter bestimmten Bedingungen statt einer Haftstrafe eine Therapie wahrnehmen, um einen Ausstieg aus der Sucht und damit auch aus der Kriminalität zu ermöglichen. Dies wird möglich, wenn das Gericht zustimmt und die Kostenübernahme geklärt ist.

Offenbar hat der Angeklagte seine Fühler dafür bereits ausgestreckt - wohl wissend, dass ihm ein langer Therapieweg bevorstehen wird, bis er ein Leben ohne Drogen und Ersatzstoffe führen kann. Seine Richterin würde es wohl freuen, wenn ihm das gelänge.