Mehr Kokain, Crack und Amphetamine in Dorsten „Die Aggressivität in der Szene nimmt zu“

Mehr Koks und Crack, weniger Heroin: „Die Szene verändert sich“
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Es ist nicht mehr nur Heroin, das die Drogen-Szene in Dorsten bestimmt. Es sind Kokain, Crack, Freebase und Amphetamine, das die Klienten des Cafés Kick konsumieren.

Seit fast 30 Jahren gibt es das Café Kick in Dorsten. Von montags bis freitags können dort Menschen, die Drogen nehmen, einen Rückzugsort finden. Christiane Koning, Sozialarbeiterin und Leiterin des Cafés, sorgt dafür, dass die Menschen, die zu ihnen kommen, ein alkoholfreies Getränk und ein offenes Ohr erhalten. „Um von der Szene mal eine Pause zu machen“, erklärt sie. Seit über 15 Jahren gehört die Arbeit mit suchtkranken Menschen in Dorsten zu ihrem Alltag. Doch die Szene hat sich verändert.

„Es war erst ein schleichender Prozess, aber jetzt merkt man es deutlich“, sagt sie. Das Café Kick betreut Christiane Koning alleine. Sie ist immer wieder mit der schwieriger werdenden Arbeit mit Suchtkranken konfrontiert. „Bislang bin ich nicht körperlich angegangen worden, aber die Sorge ist da“, sagt sie.

Psychisch auffällig

Nicht selten sind die Begleiterscheinungen und Langzeitfolgen in der neuen Drogenszene eine Herausforderung. „Psychische Probleme treten inzwischen sehr viel häufiger auf“, erklärt die Expertin. „Die Aggressivität in der Szene nimmt zu.“

Das sei früher nicht so gewesen.

Die Balance zu finden, zwischen sich selbst und andere Klienten zu schützen, werde immer mehr zentraler Bestandteil ihrer Arbeit. Zudem steige die Anzahl an Hausverboten, die sie aussprechen muss. „Längere Hausverbote kommen aktuell deutlich häufiger vor als früher“, bestätigt auch Sozialarbeiterin Nicole Rösen den Eindruck.

Christiane Koning
Christiane Koning ist Diplom-Sozialpädagogin und Leiterin des Cafés Kick der Caritas am Westgraben. © privat (A)

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen nennt Crack und Freebase als die am schnellsten abhängig machenden Substanzen. Freebase ist eine Sonderform von Crack, die durch organische Lösungsmittel von Streckmitteln befreit wird.

Christiane Koning spricht bei Crack von „der bösen Droge“. „Es sind jetzt aufputschende Drogen im Gegensatz zu Heroin, das einfach nur beruhigt“, sagt sie. Mehr als die Hälfte ihrer Klienten konsumiere eine der aufputschenden Varianten.

„Damals sind die uns auf Heroin einfach hier eingeschlafen“, erzählt Martin Elmers, der in der psychosozialen Betreuung für Substituierte arbeitet. Die Sozialpädagogen stellen fest, dass es zudem deutlich mehr nicht-substituierte Menschen gibt.

Das heißt konkret, dass mehr Menschen weiter Drogen konsumieren, für die es keine ärztlich verordneten Drogenersatzstoffe gibt. „Das macht die Arbeit schwieriger“, so Koning.

Hohe Wohnungslosigkeit

Gründe dafür sind laut der Experten nicht nur die Art der Drogen, sondern auch die steigende Wohnungslosigkeit und die Folgen der Corona-Lockdowns. Viele ihrer Klienten leben auf der Straße. Nutzen das Café für eine Dusche, um ihre Wäsche zu waschen und ein paar Stunden im Warmen zu verbringen. „Es ist wie ihr Wohnzimmer, ein Schutzraum, ein zweites Zuhause“, beschreibt Christiane Koning die Bedeutung des Cafés für ihre Klienten.

„Früher hat man wenig Neuzugänge gehabt, das wird aber auch mehr“, sagt sie. Vor Corona suchten täglich rund 25 Menschen das Café auf. Jetzt seien es ungefähr 16 Personen. Sie seien immer noch dabei, die Folgen der Corona-Phase aufzuarbeiten.

Gerade wegen der steigenden Herausforderungen, die die dominierenden Drogen an Begleiterscheinungen an den Tag legen, ist es den Experten wichtig zu betonen, dass hinter jedem Drogenabhängigen ein Mensch steckt: „Man muss einfach sehen, dass es normale Menschen sind, die eine Krankheit haben“, erklärt Martin Elmers.

So sehr die Menschen auch für Aufsehen in der Stadt sorgen: Man könne den freien Willen der Dorstener nicht einschränken und sie zu etwas zwingen, das sie nicht wollen.

„Das Café Kick ist ein niedrigschwelliges Angebot in der Drogenhilfe“, erklärt Nicole Rösen. Jeder dürfe so kommen, wie er möchte. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Person gerade eben konsumiert hat, mit einem Drogenersatzstoff in Behandlung ist oder Hilfe in Anspruch nehmen will.

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