Luca Schlotmann und Tim Brüggemann im Dorstener Campus

Im Dorstener Campus wollen Luca Schlotmann (l.) und Prof. Dr. Tim Brüggemann einen "Mini-Campus" der Fachhochschule des Mittelstands etablieren. In einem Jahr soll im ehemaligen "Toom"-Gebäude alles fertig sein. © Stefan Diebäcker

Dorstens „Mini-Campus“ soll Vorbild sein für modernes, flexibles Lernen (mit Video)

rnDorstener Campus

Ein Zahnarzt und ein Bildungsforscher wollen Dorsten zum Standort einer Fachhochschule machen. Das „Flex-Studium“ ist ein völlig neuer Ansatz, sagen sie. Sogar der Start ist flexibel.

Dorsten

, 05.10.2022, 17:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Tim Brüggemann kennt das ehemalige „Toom“-Gebäude von privaten Einkäufen. In Raesfeld-Erle, seinem Heimatort, „ist ja nicht so viel“, sagt er. Seit zehn Monaten allerdings stehen die beiden Etagen, in denen einst Lebensmittel und Haushaltswaren angeboten wurden, leer. Dunkel ist es hier derzeit und ziemlich staubig. Prof. Dr. Tim Brüggemann breitet die Arme aus. „Ein toller Ort für flexibles Lernen“, glaubt er.

„In einem Jahr ist alles fertig“

Am Platz der Deutschen Einheit entsteht im nächsten Jahr der „Dorstener Campus“. Die lang ersehnte Baugenehmigung hatte der Bürgermeister am Mittwochmorgen nicht dabei, als es um ein Modellprojekt ging, das mitten in Dorsten entstehen soll. „In einem Jahr ist alles fertig“, meint Ideengeber Luca Schlotmann trotzdem. Konferenzräume, Hotelzimmer, Arztpraxen - und eben die kleine Anlaufstelle für die Fachhochschule des Mittelstands.

Deren Vizepräsident ist Tim Brüggemann - und ganz zufällig auch Patient bei Zahnarzt Schlotmann. Man kennt sich, man schätzt sich und man hat zusammen das Projekt „Flex-Studium“ entwickelt. Man könnte es auch „Fernstudium vor Ort“ nennen. Virtueller Campus trifft „Mini-Campus“ in der realen Welt. Alles ganz flexibel, natürlich. So wie es die Studenten brauchen.

Es gibt also auch „echte Menschen“ in dieser neuen Form des Fernstudiums. Solche, die die Studenten betreuen, die Vorträge halten, bei Bedarf Hilfe bei Hausarbeiten geben. Der Dorstener Campus scheint Brüggemann nicht nur vom Namen her der ideale Ort zu sein. „Wo man eines Tages toll arbeiten kann, kann man auch toll lernen“, ist er überzeugt.

Wo man eines Tages toll arbeiten kann, kann man auch toll lernen.“
Prof. Dr. Tim Brüggemann

Auf der Homepage der Online-Universität (www.fhm-onlineuniversity.de) wird Dorsten schon als künftiges Fernstudienzentrum erwähnt. 14 sind es bundesweit, der Dorstener Campus steht in einer Reihe mit beispielsweise Berlin, München, Köln und Hannover und ist ebenso wie Gronau und Bocholt ein Modellprojekt. Eine bewusste Wahl, denn der Mittelstand sei ja, so der FH-Professor, eher in der ländlichen Region zu Hause als in Großstädten.

Angebote für die örtliche Wirtschaft

Und eben jener Mittelstand ist die zweite Zielgruppe neben den Studierenden. Sich weiterbilden, qualifizieren, Karriere machen womöglich - dafür muss niemand mehr in eine Großstadt, hoffen Brüggemann und Schlotmann. Bürgermeister Tobias Stockhoff glaubt, dass die verlorene Arbeits- und Freizeit viele Firmenmitarbeiter davon abgehalten hat, sich beruflich weiterzuentwickeln. Oder sie eben gekündigt haben, weil es in der näheren Umgebung keine passenden Angebote gab. „Klar, dass uns dieses Projekt freut.“

All das könnte der „Mini-Campus“ in Dorsten eines Tages leisten, doch Bildungsforscher Brüggemann warnt: „Das muss sich alles mit der Zeit entwickeln.“ Die „Blaupause“ in Dorsten könnte indes wichtige Aufschlüsse liefern, wie Menschen in der Zukunft lernen wollen.

Jetzt lesen

Die neue Kooperation ist auch im Zusammenhang zu sehen mit einem anderen Projekt, das sich die städtische Wirtschaftsförderung mittelfristig auf die Fahnen geschrieben hat: den „Azubi-Campus“. Geschäftsführer Markus Funk hat die Idee kürzlich öffentlich gemacht. Dabei handelt es sich um eine attraktive Wohnmöglichkeit für Berufseinsteiger, ergänzt um Bildungs- und Qualifizierungsangebote. Das würde Firmen womöglich die Suche nach Auszubildenden erleichtern, weil sie den Radius erweitern könnten.

Auch der Dorstener Campus sollte sich zu einer wichtigen Anlaufstelle für die örtliche Wirtschaft entwickeln, findet Luca Schlotmann. Er denkt an ein „Rahmenprogramm mit hochwertigen Inhalten“, an Veranstaltungen für Unternehmer der Region, an Seminare für Mitarbeiter. „Es ist wichtig für unseren lokalen Standort, dass hiesige Unternehmen in Bildung investieren.“

Lesen Sie jetzt