
© Marie Rademacher (A)
Dorstener empört: „Kirchenobere haben Verbrechen toleriert und uns allein gelassen“
Katholische Kirche
Die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche rütteln an den Fundamenten der Basis. In Dorsten fordern Katholiken bedingungslose Aufklärung. Und den Rücktritt der Kirchenoberen.
Ursula Bensch ist eine aktive und engagierte Vertreterin der drei fusionierten Hervester Gemeinden St. Paulus, St. Josef und St. Marien. Als Vorsitzende des Pfarreirats der Kirchengemeinde St. Paulus nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Zu der Vielzahl der Missbrauchsfälle und der Vertuschung und Verdunkelung der Vorfälle durch Kirchenobere in der katholischen Kirche sagt sie nach der Veröffentlichung des Münchner Gutachtens: „Zunächst bin ich als Pfarreiratsmitglied erleichtert, dass die Verdunkelungen der jahrzehntelangen, skandalösen Missbrauchstaten, die den verantwortlichen Bischöfen bekannt waren und gedeckt wurden, nun endlich öffentlich gemacht werden.“
Am Freitag hat der Vorstand des Pfarreirats in Hervest getagt und es ist zu einem umfassenden Austausch der Mitglieder über die Vorfälle gekommen. Alle sind sich einig: „Wir hoffen jetzt auf einen unbedingt notwendigen Neuanfang, gerade auch in personeller Hinsicht“, so Ursula Bensch.
Die Basis fordert lückenlose Aufklärung und strafrechtliche Folgen
Vor allem wollen sich die Gläubigen an der Basis offenkundig nicht lapidar abspeisen lassen. Sie fordern, dass die Täter vor „ordentlichen Gerichten strafrechtlich verurteilt“ werden sollen. Dass die Menschen mit Wut, Entsetzen und Unverständnis auf die verantwortlichen katholischen Bischöfe bis hin zum emeritierten Papst Benedikt XVI. reagieren, „ist nicht nur der Versuch, sich abzureagieren, sondern der ausdrückliche Wunsch, dass die Verantwortlichen beim Namen genannt werden und dass sie die Konsequenzen durch ihren Rücktritt tragen“.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat in einer veröffentlichten Stellungnahme am Montag seine zentrale Aussage zu dem Missbrauchsgutachten korrigiert. Entgegen seiner bisherigen Darstellung habe er doch an der Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 teilgenommen, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der Katholischen Nachrichten Agentur (KNA). Der Fehler sei aber „nicht aus böser Absicht heraus geschehen“, sondern „Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“. Das „Versehen“ will Benedikt in einer weiteren Stellungnahme erklären.
215 Menschen traten aus der katholischer Kirche aus
Indes ist für die Basis des christlichen Glaubens in Dorsten die Verkündigung der Frohen Botschaft oberstes Anliegen. „In unserem ehrenamtlichen Engagement unserer Gemeinden vermitteln wir, dieses zu leben“, sagt Ursula Bensch.
2020 haben 215 Menschen ihren Austritt aus der katholischen Kirche im Amtsgericht Dorsten zu Protokoll gegeben. Mutmaßlich dürften 2021 nach einer Reihe von Skandalen weitere hinzu gekommen sein. Das Bistum Münster veröffentlicht im Juni die aktuellen Zahlen der Kirchenaustritte.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
