Dorstener Beratungsstelle wird 60 Jahre alt Ehekrisen und andere Katastrophen

Beratungsstelle wird 60 Jahre alt: Ehekrisen und andere Katastrophen
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Wenn Beate Borgmann aus ihrem Büro-Fenster im 6. Stock schaut, blickt sie in die grüne Weite Dorstens. „Der weite Blick ist meist auch bei Gesprächen mit Klienten hilfreich“, sagt sie, „denn in Krisen ist die Perspektive oft sehr verengt.“

Die Dorstenerin leitet die Beratungsstellen Dorsten und Marl der Ehe-, Familien - und Lebensberatung. In Dorsten wird in diesem Jahr das 60-jährige Bestehen gefeiert. Auch wenn die Beratungsstelle erst seit 2011 über den Dächern der Stadt am Hülskampsweg 3 zu Hause ist, die Perspektive der Teams war in sechs Jahrzehnten immer weit.

Mit einem Nachmittag Eheberatung pro Woche bei der Caritas fing die Arbeit einst an. Heute betreut das sechsköpfige Team in Marl und Dorsten unter dem schützenden Dach des Bistums Münster jährlich fast 300 Ratsuchende. Für 2023 weist die Statistik 514 Kontakte in 191 Fällen aus, an denen 227 minderjährige Kinder betroffen waren. Kostenfrei, offen für Menschen jeden Glaubens, jedweder Herkunft und sexueller Orientierung wird in 38 Städten des Bistums psychologisch beraten.

Paare brauchen Rat

Beate Borgmann: „Wir sind für Einzelpersonen da und für Paare. Paartherapie gibt es nämlich nicht auf Krankenschein.“ Paare machen fast die Hälfte der Ratsuchenden aus und Beate Borgmann und ihre Kolleginnen sind froh, dass viele schon kommen, wenn ihre Beziehung noch zu retten ist.

Borgmann: „Gemeinsam versuchen wir, die Krise als Chance zu sehen. Wir schauen nicht nur auf das, was nicht so gut funktioniert: Streit, Sprachlosigkeit, Konflikte, Überforderung. Oft ist der kleine hoffnungsvolle Funke zwischen den Problemen der Rettungsanker, die Ressource, auf der man aufbauen kann.“

Das Team der EFL Dorsten-Marl
Das EFL-Team: Bärbel Wember (hinten v.l.), Maria Lambers, Gabi Hahn-Wisk, Andrea Niestegge, (vorne v.l.) Ute Bücker und Beate Borgmann. © Rainer Moeszcke

Während junge Paare spätestens, wenn sie Eltern werden, an ihren hohen Ansprüchen zerbrechen, blicken ältere Paare manchmal erstaunt auf die Leere zwischen sich, wenn die Kinder erwachsen sind.

Probleme mit Bindung und Freiraum seien bei vielen Paare erst deutlich geworden, als Corona sie aus dem gewohnten Alltag gerissen habe. „Überhaupt hat Corona wie ein Brennglas auf viele Probleme gewirkt.“

Probleme ändern sich

Ihre Vorgängerinnen haben Beate Borgmann, die schon seit 25 Jahren „im Geschäft“ ist, erzählt, dass in den 1960er-Jahren ratsuchende Frauen manchmal darum baten, eine Beraterin möge bei einem Hausbesuch dem Ehemann mal erklären, wie er sich richtig verhalten solle.

Die Arbeit der EFL hat damals schon anders funktioniert, heute erst recht. Denn auch die Probleme haben sich verändert. Beate Borgmann: „Psychische Erkrankungen waren damals noch ein absolutes Tabu. Heute wird darüber zum Glück gesprochen, und Angehörigen brauchen manchmal Rat im Umgang mit erkrankten Partnern.“

Die EFL überbrücke für Menschen in behandlungsbedürftigen Lebenskrisen oftmals die lange Wartezeit auf einen Therapieplatz. „Ob Paare oder Einzelpersonen, wir haben nicht die einzig wahre Lösung für ein Problem. Aber wir können mit den Ratsuchenden gemeinsam schauen, welche Lösung für ihn oder sie oder beide die beste ist und Menschen emotional stabilisieren.“

Kontakt zur Beratungsstelle und Informationen über die vielfältigen Gruppenangebote, Seminare und Veranstaltungen der EFL im Bistum finden sich auf www.ehefamilieleben.de

Mitsingkonzert zum Jubiläum

Auch wenn es um schwerwiegende Probleme geht, der richtige Ton und die adäquate Resonanz spielen in der Beratung eine wichtige Rolle. Und so will die EFL auch Jubiläum feiern, mit einem Mitsingkonzert unter dem Motto „Ein Hoch auf Liebe und Leben“ am 2. Mai (Donnerstag) in der Familienbildungsstätte, Pfarrsaal St. Johannes, Beethovenstraße 1 in Dorsten.

Die Gruppe „WirSing“ garantiert jene Leichtigkeit und gute Stimmung, für die es in beinahe jeder Lebenssituation einen Moment geben sollte. Das öffentliche Konzert beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.