
Sternekoch Björn Freitag (rechts) möchte im Restaurant „Goldener Anker“ in Dorsten „gute Gastgeber“ ausbilden. © Udo Hennes (A)
Ausbildung bei Sternekoch Björn Freitag: „Möchte Charaktermenschen“
Gastronomie
Im Restaurant „Goldener Anker“ können sich junge Menschen zu Restaurantfachleuten ausbilden lassen. Die Gastronomie sei ein krisensicheres Berufsfeld, sagt der Dorstener Sternekoch Björn Freitag.
Im „Goldenen Anker“, dem Sternerestaurant am Dorstener Lippetor, herrscht Hochbetrieb. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter decken Tische ein oder stauben die Tische, Bänke und Stühle ab. Vor dem Gespräch mit der Dorstener Zeitung hatte Restaurantinhaber und Sternekoch Björn Freitag zehn Schülerinnen und Schüler sowie einige Lehrkräfte der Gesamtschule Kevelaer verabschiedet.
Die Jugendlichen aus der neunten Klasse hatten den Tag über einen Tageskochkurs absolviert und erste Einblicke in die Arbeitswelt der Gastronomie erhalten. Ein gutes Stichwort, denn für das Team des „Goldenen Ankers“ sucht Freitag zum 1. August 2022 Restaurantfachleute in Ausbildung. Die Stellen bewirbt er auf seiner Facebook-Seite.
In der Gastronomie fehlt das Personal
Es sei ein Problem der Gastro-Branche, neues Personal zu finden. „Viele Restaurants finden derzeit keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt Freitag. Schuld sei die Corona-Pandemie, die die Welt seit Anfang 2020 beschäftigt. „Ich habe beispielsweise eine Zahl aus den Niederlanden gehört, die besagt, dass rund 130.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Gastronomie aufgrund der Corona-Pandemie verlassen haben.“

Sternekoch Björn Freitag (links) im Gespräch mit Reporter Julian Preuß © Mara Bendisch
Für Deutschland gibt der Deutsche Hotel- und Gaststätten Verband (Dehoga) quartalsweise aktuelle Beschäftigungszahlen heraus. Demnach habe es im ersten Quartal 2022 987.500 sozialversicherte Beschäftigte im Gastgewerbe gegeben. Das entspreche einem Rückgang von etwa 60.500 Personen (-5,8 Prozent) im Vergleich zu Februar 2019.
Freitag erklärt, dass um die wenigen vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein regelrechter Kampf entbrannt sei. Der Sternekoch ist sich daher sicher, dass Jobs in der Gastronomie Zukunft haben. Und das trotz der nächsten Krise, in die Freitag die Branche aufgrund der steigenden Lebensmittel- und Energiepreise schlittern sieht. Denn getrunken und gegessen werde immer - wenn auch möglicherweise weniger, aber dafür gezielter.
Die Ausbildung zur Restaurantfachfrau oder zum Restaurantfachmann wäre der erste Schritt in diese Berufswelt. Mit ihr stünde nicht nur die Tür in vielen Restaurants offen, sondern auch in Hotelbetrieben. Freitag ermöglicht diesen Einstieg jungen Menschen im „Goldenen Anker“. „Zusammengefasst lernen sie, wie sie zu guten Gastgebern werden“, beschreibt er. Das beinhalte beispielsweise den richtigen Umgang mit den Gästen, dazu den Verkauf von Speisen und Getränken.
Staub saugen und Teller polieren gehört dazu
Freitag präzisiert: „Die Auszubildenden lernen später beispielsweise die richtige Weinbegleitung - also die passende Zusammenstellung von Wein und Speise. Dazu kommen Aufgaben im Service, in der Hygiene und in der Restaurantpflege. Staubsaugen sowie Teller, Gläser und Besteck polieren gehören dementsprechend ebenfalls zum Arbeitsalltag.
Freitag legt viel Wert darauf, dass die Auszubildenden bereits im ersten Lehrjahr viel machen dürfen. Denn sie sollen wichtige Mitglieder des Restaurantteams sein. Deshalb hat der Sternekoch einige Anforderungen an die Bewerberinnen und Bewerber. Dazu zähle ein gesundes Selbstbewusstsein. „Ich möchte keine Roboter, sondern Charaktermenschen“, so Freitag. Wichtig sei ihm, dass die Bewerberinnen und Bewerber Spaß bei der Arbeit in der Gastronomie haben. „Es geht mir nicht vorrangig um die Noten auf dem Zeugnis.“ Deshalb steht vor Ausbildungsbeginn ein mehrtägiges Probearbeiten an.

Die Restaurantfachleute in Ausbildung werden im Restaurant „Goldener Anker“ in Dorsten eingesetzt. © Meike Holz (A)
Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber sollten sich allerdings im Klaren darüber sein, dass Jobs in der Gastro-Branche anders funktionieren als beispielsweise im Büro. Freitag: „Die Restaurantfachleute fangen in der Regel zwischen 14 und 15 Uhr an zu arbeiten. Dementsprechend müssen die Bewerberinnen und Bewerber das Abendgeschäft mitmachen.“ Auch Arbeit an Wochenenden und Feiertagen gehört normalerweise dazu.
Besonderheit: Ruhetage am Wochenende
Doch in puncto Wochenendarbeit gibt es beim „Goldenen Anker“ eine Besonderheit. Das Restaurant ist samstags und sonntags vorerst geschlossen und nur unter der Woche geöffnet. Freitag erklärt den Hintergrund: „Ich sehe zukünftig große Schwierigkeiten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Wochenendarbeit zu motivieren. Schließlich leben viele Menschen in einer Beziehung, in der die Partnerinnen oder Partner eben nicht am Wochenende arbeiten und es so kaum gemeinsame freie Zeit gibt.“
Aus Sorge, dass dem Betrieb ebenfalls Personal wegbricht bzw. kein neues Personal nachkommt, habe man sich daher für Ruhetage an Wochenenden entschieden. Kurz- und mittelfristig scheint das jedoch noch kein Problem zu werden. Schließlich gebe es bereits erste Bewerberinnen und Bewerber für die Ausbildung zur Restaurantfachfrau oder zum Restaurantfachmann. Und auch einige Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Kevelaer hätten nach dem Kochkurs im „Goldenen Anker“ Interesse an einem Job in der Gastronomie geäußert.
Geboren in der Stadt der tausend Feuer. Ruhrpott-Kind. Mag königsblauen Fußball. Und Tennis. Schreibt seit 2017 über Musik, Sport, Wirtschaft und Lokales. Sucht nach spannenden Geschichten. Interessiert sich für die Menschen und für das, was sie bewegt – egal in welchem Ort.