Britta Humberg hat nicht mitgezählt, wie viele Paare sie schon in den Hafen der Ehe begleitet hat. Aber dass sie das seit ziemlich genau 30 Jahren macht, weiß die dienstälteste Dorstener Standesbeamtin natürlich genau. In Diensten der Dorstener Stadtverwaltung steht sie sogar schon seit 1980, als sie als Bürogehilfin im Rathaus anfing.
Sie heiratete, bekam zwei Söhne und irgendwann in Elternzeit einen Anruf einer Kollegin: „Hast du gesehen“, fragte diese, „im Standesamt ist eine Stelle frei. Sollen wir uns bewerben und versuchen, uns die Stelle zu teilen?“ Die beiden überzeugten ihren zunächst skeptischen Chef vom Job-Sharing und waren erst überwiegend für die Beurkundungen von Sterbefällen und Geburten zuständig. Nach einem zweiwöchigen Kurs in Bad Salzschlirf, der einzigen deutschen Akademie für Personenstandswesen, durfte Britta Humberg auch trauen. Und das tut sie seitdem mit Leidenschaft.
17 ehrenamtliche Kollegen
Inzwischen teilt sie sich die Arbeit mit vier weiteren Standesbeamtinnen, ihrer Abteilungsleiterin und Bürgermeister Tobias Stockhoff, der ebenfalls Trauungen vornehmen darf. „Dazu kommen 17 Ehrenstandesbeamte“, erzählt Britta Humberg, „die vor allem die Trauungen an den sechs besonderen Trauorten übernehmen.“ Was Trauorte außerhalb des Rathauses angeht, hat Dorsten schon in den 1990er-Jahren eine Vorreiterrolle übernommen: Schon damals standen das Rathaus und das Schloss Lembeck als besondere - heute würde man sagen - Locations zur Verfügung.
Trauung im Jogging-Anzug
Aber auch das Trauzimmer im Rathaus bildet einen würdigen Rahmen für eine Eheschließung. Es ist dezent dekoriert, darf aber auch von den Brautpaaren individuell geschmückt werden. „Jedes Paar“, betont Britta Humberg, „legt selbst den Rahmen für seine Trauung fest.“ Das gilt auch für die Kleidung. Da hat Britta Humberg in 30 Jahren schon vieles gesehen. Ausladende Hochzeitskleider, die kaum durch die Tür passten, ebenso wie Motorradkluft oder Karnevals-Uniformen. „Es saß auch schon mal ein Paar in Jogging-Anzügen vor mir oder in kurzen Hosen und Flip-Flops“, blickt die Standesbeamtin schmunzelnd zurück, „uns steht darüber kein Urteil zu.“

„Jedes Paar hat ein Recht auf eine ordentliche Trauung“ lautet die verantwortungsbewusste Devise im Dorstener Standesamt - auch wenn nur eine „preisgünstige“ Eheschließung zum Standardgebührensatz ohne Aufpreis für besondere Trauorte etc. gebucht sei. Auch wenn sie keine Zeit habe für stundenlange Vorgespräche, die Traurede soll so persönlich wie möglich ausfallen.
Deshalb fragt Britta Humberg ihre Paare im Vorgespräch gern, was sie hören möchten, aber auch, was gar nicht gesagt werden dürfe. „Daran halte ich mich.“
„Die Alte ist abgehauen“
Humberg liebt es, wenn bei der Trauung die „Bude rappelvoll“ ist, schreiende Kinder oder herumflitzende Fotografen bringen sie nicht aus dem Konzept. Dann schon eher ein besonders bei Männern verbreitetes längeres Zögern vor dem Ja-Wort: „Da krieg ich jedes Mal Herzklopfen.“
Bisher habe es sich aber noch niemand in allerletzter Minute anders überlegt. Kurzfristig schon. Humberg: „Einmal saß ich hier und wartete auf eine Hochzeitsgesellschaft, die nicht erschien. Als ich beim Bräutigam anrief, erreichte ich seine Mutter und die verkündete mir: ,Die Alte ist abgehauen.‘ Mir hatten sie nicht Bescheid gesagt.“
Selbstverständlich mache man sich als Standesbeamtin manchmal so seine Gedanken über die trauwilligen Paare. „Zum einen sind wir ja verpflichtet, auf die Erfüllung der gesetzlichen Ehevoraussetzungen zu achten, Scheinehen möglichst auf die Schliche zu kommen. Aber wenn ein 86-Jähriger eine 20-Jährige heiratet, geht uns der Altersunterschied nichts an.“ Aber man frage sich manchmal schon, wie lange das Eheglück wohl währt, wenn man das Verhalten der Paare am Standesamt beobachte.
Berührende Momente
Die große Liebe, die ihre Krönung in einer Eheschließung findet, weckt nicht nur bei den Paaren Emotionen. Auch der erfahrensten Standesbeamtin kommen manchmal die Tränen. „Wenn alle weinen, weil zum Beispiel ein besonders emotionales Lied gespielt wird oder die Brautleute sich sehr persönlich ihre Liebe erklären, bewegt mich das auch.“
Einer der berührendsten Momente in ihrer Standesbeamtinnen-Karriere sei eine Nottrauung in einer Krankenhaus-Kapelle gewesen. „Der junge Mann hatte nicht mehr lange zu leben, dem Brautpaar stand außer mir nur eine Ordensschwester zur Seite. Das werde ich niemals vergessen“, erzählt Britta Humberg.

Eine der aufregendsten Trauungen ihrer 30-jährigen Dienstzeit hatte Britta Humberg erst im Februar. Ihr oberster Chef und ihre ehemalige Vorgesetzte, Bürgermeister Tobias Stockhoff und seine Verlobte Monika Heisterklaus, hatten Britta Humberg als „ihre“ Standesbeamtin ausgesucht. „Ich habe mich geehrt gefühlt“, berichtet Britta Humberg, „aber war auch nervös.“ Erwartungsgemäß hat im Alten Rathaus alles reibungslos geklappt, die Brautleute waren glücklich, die Beamtin mit ihrer Leistung zufrieden.
Tobias Stockhoff lobt Britta Humberg: „Man spürt, dass sich Britta Humberg mit jedem Brautpaar aufrichtig freut. Immer wieder höre ich von Brautleuten, dass sie es schafft, ihnen etwas von ihrer eigenen Herzlichkeit mit auf den Weg zu geben. Ich bin sehr froh, dass Britta Humberg Teil eines wunderbaren Teams von haupt- und ehrenamtlich tätigen Standesbeamtinnen und Standesbeamten unserer Stadt Dorsten ist.“
Zwei Jahre noch wird Britta Humberg im Standesamt arbeiten, dann beginnt für die jetzt 59-Jährige die passive Phase ihrer Altersteilzeit. Dann hat sie mehr Zeit für die Enkelkinder, denen sie jetzt schon zwei Nachmittage pro Woche widmet. Die eigenen Kinder hat Britta Humberg übrigens nicht getraut: „Da habe ich mich in der Zuschauerrolle sehr wohl gefühlt.“
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