
© Stefan Diebäcker (A)
„Ich rede Klartext!“: Der Hoffnungsträger der SPD im Interview
Friedhelm Fragemann
Friedhelm Fragemann hatte sich die nächsten Jahre ganz anders vorgestellt, Doch nach dem Rücktritt von Jennifer Schug ist er Spitzenkandidat der Dorstener SPD im Wahlkampf - ein Interview.
Der Rücktritt von Jennifer Schug als Parteivorsitzende und Bürgermeister-Kandidatin hat die SPD in Dorsten nur kurz in Schockstarre versetzt. Wenige Tage später hat sich der Vorstand des Stadtverbandes auf den Fraktionsvorsitzenden Friedhelm Fragemann als Spitzenkandidaten für die Kommunalwahl am 13. September festgelegt. Die kurzfristig anberaumte Delegiertenwahl am Donnerstagabend gilt als Formsache.
Fragemann (69) ist das dienstälteste Ratsmitglied in Dorsten und wollte seine aktive Politik-Karriere nach 36 Jahren eigentlich beenden. Jetzt macht er fünf Jahre weiter, ziemlich sicher als Fraktionsvorsitzender, weil seine Partei ihn um Hilfe gebeten hat.
Herr Fragemann, wie ist es zum Comeback gekommen?
Nach dem Rücktritt von Jennifer Schug habe ich viele Telefonate geführt und bin von verschiedenen Seiten angesprochen worden, ob ich nicht weitermachen kann. Wenn die Partei ruft, kann man nicht einfach „Nein“ sagen. Also mache ich weiter und übernehme Verantwortung, ich fühle mich ja fit genug.
Sie sind im Mai 69 Jahre alt geworden ...
Das stimmt, aber es gab und gibt Kanzler oder Präsidenten, die waren oder sind deutlich älter als ich. Das Alter ist kein Problem, auch wenn ich andere Pläne hatte. Aber meine Frau hatte keine Einwände.
Heißt „Spitzenkandidat“ auch „Bürgermeister-Kandidat“?
Nein, ganz sicher nicht. Ich gehe nicht als Bürgermeister-Kandidat in den Wahlkampf. Die SPD wird ausnahmsweise auf einen eigenen Kandidaten verzichten in der jetzigen Situation. So ungewöhnlich ist das aber auch wieder nicht: In Bottrop stellt die CDU keinen Bürgermeister-Kandidaten.
Gibt es also eine Wahlempfehlung für Amtsinhaber Tobias Stockhoff (CDU)?
Darüber haben wir in den letzten Tagen nicht gesprochen. Es gibt auch Wichtigeres gerade: Wir müssen in Dorsten gute Sacharbeit machen, um mit einer möglichst starken, auch zahlenmäßig starken Mannschaft im Rat vertreten zu sein. Und wir müssen enger zusammenrücken. Daran hat es in der Vergangenheit tatsächlich manchmal gehapert.
Das klingt ein bisschen nach den üblichen Durchhalteparolen.
Nein, ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserem guten Kandidaten-Mix aus Erfahrung und neuen Ideen gute Chancen haben, unsere inhaltlichen Schwerpunkte zu vermitteln.
Die da wären?
Schule, Soziales und Stadtentwicklung zum Beispiel. Wir haben einige Ideen, eine Serie von Anträgen ist auf dem Weg. Programmatische Aussagen wird es in Kürze geben.
Die CDU wird sich freuen.
Warum?
Es heißt, man könne mit Ihnen gut reden.
Wenn das bedeutet, dass ich verlässlich bin und zu meinem Wort stehe, mag das stimmen. Aber ich rede Klartext und gehe sicherlich keinem Konflikt aus dem Weg.
Veränderungen gab es immer, doch nie waren sie so gravierend. Und nie so spannend. Die Digitalisierung ist für mich auch eine Chance. Meine journalistischen Grundsätze gelten weiterhin, mein Bauchgefühl bleibt wichtig, aber ich weiß nun, ob es mich nicht trügt. Das sagen mir Datenanalysten. Ich berichte also über das, was Menschen wirklich bewegt.
