Der Dorstener Khalid Hashimi bekennt sich zu Deutschland: „Danke für alles“

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Der Dorstener Khalid Hashimi bekennt sich zu Deutschland: „Danke für alles“

rnFlucht aus Afghanistan

Ein junger Afghane kam 2015 nach traumatisierender Flucht nach Dorsten. Hier hat er mit der Hilfe von vielen Hindernisse, Hürden und Rückschläge überwunden. Jetzt sagt er: „Danke für alles.“

Dorsten

, 03.02.2022, 15:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Muhammad Khalid Hashimi (27) hat in seinem jungen Leben vieles mitmachen müssen: Die Flucht vom elterlichen Hof in Nord-Afghanistan, nachdem die Taliban dort eingefallen waren. 8.000 Kilometer hat der damals 20-Jährige im Jahr 2015 überwiegend zu Fuß von Afghanistan nach Deutschland zurückgelegt, bevor er in Dorsten Frieden und Aufnahme fand.

Das hat er seinen Gastgebern und seiner neuen Heimat Deutschland auf die bestmögliche Weise gedankt: „Khalid hat gerade seine Gesellenprüfung als Landmaschinen- und Baumaschinenmechatroniker bestanden“, sagt Konrad Neumann. Außerdem hat Khalid, der in seiner Heimat außer der obligatorischen Koranschule keine Schule besucht hat, den Berufsschul- und Hauptschulabschluss nach Klasse 10 absolviert.

M. Khalid Hashimi (2.v.r) wurde bei Baumaschinen Hoffmann in Dorsten als Land- und Baumaschinenmechatroniker ausgebildet. Über seinen Ausbildungserfolg freuen sich Geschäftsführerin Barbara Hoffmann, Ausbilder Martin Brockherde und Integrationslotse Konrad Neumann (v.l.).

M. Khalid Hashimi (2.v.r) wurde bei Baumaschinen Hoffmann in Dorsten als Land- und Baumaschinenmechatroniker ausgebildet. Über seinen Ausbildungserfolg freuen sich Geschäftsführerin Barbara Hoffmann, Ausbilder Martin Brockherde und Integrationslotse Konrad Neumann (v.l.). © IHK

Eine bemerkenswerte Leistung, zumal Khalid sich anfangs nur auf Englisch verständigen konnte und Deutsch in Schrift und Sprache erlernen musste. Aber Khalid ist auch so etwas wie ein Sprachtalent. Er spricht gut Englisch und beherrscht die vier afghanischen Sprachen Pashto, Dari, Urdu und Hindi. So lernte er fleißig Deutsch und erwarb zahlreiche Sprachzertifikate, um sich im Berufsleben und in der Schule zu qualifizieren. Für die meisten Geflüchteten ist die Sprache die größte Hürde auf dem Weg in den Arbeitsmarkt.

Deutschkenntnisse sind für die Arbeit unerlässlich

Beinahe jedes Unternehmen sieht laut IHK ausreichende Deutschkenntnisse als Voraussetzung für den Erfolg einer betrieblichen Ausbildung mit Berufsschulbesuch an. Für die Berufsschule wird das Sprachniveau B2 empfohlen. Wer so eingestuft wird, soll sich auch über komplexe Themen in der Berufsschule und im Berufsalltag problemlos unterhalten können. Khalid hat das geschafft.

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Konrad Neumann ist stolz auf seinen Schützling. Der Rhader ist mehr als nur der zertifizierte Integrationslotse für den jungen Afghanen, den er über all die Jahre seit seiner Ankunft in Deutschland durch alle Höhen und Tiefen seines neuen Lebens begleitet hat. Bei den Eheleuten Neumann in Rhade hat Khalid Familienanschluss gefunden.

Von den Eltern und Geschwistern fehlt jede Spur

Den braucht er dringend. Denn seit seiner Flucht aus Afghanistan ist er auf sich allein gestellt. Von fünf Geschwistern und seinen Eltern fehlt jede Spur. Das Deutsche Rote Kreuz will dem jungen Afghanen helfen, sie wieder aufzuspüren. Einstweilen wird Khalid seinen in Dorsten erlernten Beruf als Landmaschinen- und Baumaschinenmechtroniker in seiner Ausbildungsfirma Hoffmann in Dorsten ausüben. Die Traditionsfirma Hoffmann und die Rebeq haben den jungen Afghanen eng begleitet. Nach einjähriger Qualifizierung bei der Rebeq hat Khalid Hashimi am 1. August 2018 seine Ausbildung bei der Firma Manfred Hoffmann begonnen. Und jetzt vollendet.

M. Khalid Hashimi (2.v.r) wurde bei Baumaschinen Hoffmann in Dorsten als Land- und Baumaschinenmechatroniker ausgebildet. Über seinen Ausbildungserfolg freuen sich Geschäftsführerin Barbara Hoffmann, Ausbilder Martin Brockherde und Integrationslotse Konrad Neumann (v.l.).

M. Khalid Hashimi (2.v.r) wurde bei Baumaschinen Hoffmann in Dorsten als Land- und Baumaschinenmechatroniker ausgebildet. Über seinen Ausbildungserfolg freuen sich Geschäftsführerin Barbara Hoffmann, Ausbilder Martin Brockherde und Integrationslotse Konrad Neumann (v.l.). © IHK

„Ein riesiger Dank gebührt der Betriebsleitung und den Mitarbeitern der Firma Manfred Hoffmann, die sich erfolgreich um die berufliche Integration von Herrn Hashimi in Deutschland verdient gemacht haben“, sagt Konrad Neumann.

Die Industrie- und Handelskammer zu Münster unterstützt die Unternehmen bei der Ausbildung geflüchteter Mitarbeiter. In einem Interview, das Barbara Hoffmann mit dem „Wirtschaftsspiegel“ der IHK geführt hat, sagt sie: „Khalid macht seine Arbeit gut.“ Barbara Hoffmann sei von Beginn an fest entschlossen gewesen, Muhammad Khalid Hashimi zum Land- und Baumaschinenmechatroniker auszubilden, heißt es in dem Bericht. Dass der junge Mann geeignet für den Beruf geeignet ist, „hat Hashimi der Geschäftsführerin vom Manfred Hoffmann Baumaschinenservice schon als Minijobber bewiesen“.

Zu Gute gekommen ist Khalid Hashimi in seinem Werdegang sicher auch, dass er in Afghanistan bereits drei Jahre lang als Baumaschinenmechaniker gearbeitet hat.

Aus eigener Kraft Hürden überwunden

Khalid Hashimi hat die größte Hürde auf dem Weg in den Arbeitsmarkt aus eigener Kraft überwunden. Bei einer anderen half ihm sein Integrationslotse Konrad Neumann. Hashimi brauchte eine Ausbildungsduldung, die ihn auch in der Zeit der Einstiegsqualifizierung vor der Abschiebung schützte. Die Behördengänge, die dafür nötig waren, hat Neumann, Lehrer im Ruhestand, übernommen.

Integrationslotse Konrad Neumann mit seinem Schützling, Muhammad Khalid Hashimi, im Jahr 2016, den er zusammen mit seiner Frau mit viel Herz und einer guten Anleitung begleitet hat.

Integrationslotse Konrad Neumann mit seinem Schützling, Muhammad Khalid Hashimi, im Jahr 2016, den er zusammen mit seiner Frau mit viel Herz und einer guten Anleitung begleitet hat. © Claudia Engel (A)

Zu seiner großen Freude kann Khalid Hashimi jetzt nahtlos bei der Ausbildungsfirma Hoffmann weiterarbeiten. Seinen Gesellenbrief erhält er bei der Lossprechung am 11. Februar in seinem zuständigen Berufskolleg in Coesfeld. Trotz der günstigen Voraussetzungen wird Khalid auf eigenen Wunsch erst einmal befristet tätig sein.

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Ihm brennt das Schicksal seiner Familie unter den Nägeln. Er leidet sehr unter der Ungewissheit, was ihnen widerfahren ist. Konrad Neumann: „Bekannt ist nur, dass die Taliban nach dem Bombardement ausländischer Streitkräfte den Hof beschlagnahmt haben.“ 2018 hat Khalid einen Suchantrag beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes gestellt. Die Organisation hilft bei Suchanfragen von Flüchtlingen und Migranten, die den Kontakt zu ihren Angehörigen verloren haben. Viele Suchende in Deutschland stammen aus Afghanistan, Eritrea, Somalia, Syrien oder aus dem Irak.

So hofft Khalid inständig, dass seine Angehörigen noch leben. Und dass es mit vereinten Kräften gelingen möge, ein freudiges Wiedersehen für alle Hashimis herbeizuführen.