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Corona und die Sucht: Bei einigen fielen im Lockdown die Schranken
Caritas-Suchtberatung
Suchtverhalten spielt in der Corona-Pandemie eine große Rolle. Einige Alkoholkranke sind rückfällig geworden und haben wieder zur Flasche gegriffen. Ihnen fehlte im Lockdown der Halt.
Ein Jahr der gemischten Gefühle liegt hinter den Suchtberatern des Caritasverbandes Dorsten. Das Team Dorsten mit Christa Trzaska, Karl-Heinz Berse und Barbara Heubach hat unter völlig veränderten Bedingungen die Arbeit mit den Rat suchenden Menschen fortgesetzt. Karl-Heinz Berse: „Die Gesprächsrunden mit Maske und unter Corona-Schutzbedingungen haben wir nach dem ersten harten Lockdown im Frühjahr 2020 zwar wieder in Präsenz aufnehmen können. Trotzdem sind einige Klienten in der häuslichen Isolation rückfällig geworden“, sagt er. Ihnen hätten die Halt gebenden Gruppengespräche gefehlt.
Häufig gehen Alkoholkrankheit und Depressionen miteinander einher. Die Suchtberater der Caritas haben trotz der Hygiene- und Sicherheitsvorschriften in der Pandemie einen Weg gefunden, etwas bei ihren Klienten zu bewegen: „Spaziergänge zu zweit an der frischen Luft haben sich als gutes Mittel erwiesen, diese schwierigen Phasen zu überstehen. Wir haben diese Möglichkeit jetzt sogar beibehalten. Eine Kollegin geht jetzt mit den Patienten mit diesen Beschwerden regelmäßig raus.“
Suchtberater waren immer ansprechbar
Trotz aller Mühen, miteinander in Kontakt zu bleiben, sind „uns bei der Gesamtzahl unserer Klienten einige Menschen verloren gegangen“, bedauert Karl-Heinz Berse. Beigetragen habe dazu auch, dass wohl nicht bekannt gewesen ist, dass die Suchtberater trotz Lockdowns immer ansprechbar geblieben sind. „Viele waren verunsichert“, erklärt Berse die Kontaktabbrüche. Zurzeit sei man dabei, die Fäden wieder aufzunehmen.
382 Menschen nahmen 2020 weiter die Beratungsangebote wahr. 2019 waren es laut Jahresbericht noch 468 gewesen. In den meisten Fällen spielt Alkoholabhängigkeit der Klienten eine Rolle: 145 Männer und 101 Frauen (70,5 Prozent) aller Ratsuchenden vertrauten sich den Suchtberatern an.
Interessanterweise ist der Frauenanteil bei den Hilfesuchenden in Dorsten sehr groß. Karl-Heinz Berse weiß von Vergleichszahlen, dass er in Dorsten (41,5 Prozent) höher ist als anderswo in Deutschland (30,5 Prozent) und führt das auf die Bekanntheit der Caritas-Suchtberatung und das gute Vertrauensverhältnis in Dorsten zurück.
Frauen, so Berse, unterscheiden sich auch bei der Behandlung ihrer Suchterkrankung von Männern: „Sie wählen nach der stationären Entgiftung in der Klinik häufig die ambulante Therapie.“ Die setzt allerdings ein besonders hohes Maß an Selbstdisziplin und Selbstmotivation voraus, kommt bei Frauen aber deshalb so gut an, weil sie sich dann weiterhin um ihre Familien kümmern können und nicht wochenlang wegen der stationären Therapie in einer Fachklinik ausfallen. In der November-Gruppe der Caritas sind deshalb die Frauen mit sieben Köpfen gegenüber den Männern (fünf Teilnehmer) überrepräsentiert. „Das Interesse an solchen ambulanten Angeboten ist sehr groß, unsere Warteliste dementsprechend lang“, sagt Karl-Heinz Berse. Solche ambulanten Therapien seien vor allem auch für Berufstätige attraktiv.
Erhalt der Gesundheit ist das A und O
Dass Alkoholkranke den Kontakt halten müssen, um dauerhaft ihrer Sucht zu entkommen, ist ohnehin keine Frage. Auch die Selbsthilfegruppen haben in der Corona-Zeit einen Einbruch erlebt, da sie sich nicht regelmäßig treffen konnten. Umso größer ist die Erleichterung, dass die Gruppengespräche jetzt wieder stattfinden können - allerdings unter Corona-Bedingungen mit dem Tragen von Masken: „Das ist bei so persönlichen Gesprächen nicht ganz einfach, da ja die Mimik eine erhebliche Rolle bei der Unterhaltung spricht. Aber wenn sich nur ein Gruppenteilnehmer unwohl fühlt, müssen die Masken aufgesetzt werden“ - so wahrt die Caritas unter allen Umständen die Hygienebedingungen. Der Erhalt der Gesundheit geht unter allen Umständen vor.
Seit 20 Jahren als Lokalredakteurin in Dorsten tätig. Immer ein offenes Ohr für die Menschen in dieser Stadt, die nicht meine Geburtsstadt ist. Das ist Essen. Ehefrau, dreifache Mutter, zweifache Oma. Konfliktfähig und meinungsfreudig. Wichtige Kriterien für meine Arbeit als Lokalreporterin. Das kommt nicht immer gut an. Muss es auch nicht. Die Leser und ihre Anliegen sind mir wichtig.
