Cannabis-Modellstadt Dorsten Verwarnung für Antragsteller Boris Benkhoff

Cannabis-Modellstadt: Verwarnung für Antragsteller Boris Benkhoff
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Bei ihren Cannabis-Legalisierungsplänen plant die Ampel-Regierung zwei Schritte. Erst sollen privater Anbau in geringen Mengen sowie Anbau und Abgabe durch Vereine erlaubt werden. Dann soll in Modellregionen Unternehmen Produktion, Vertrieb und Abgabe in Fachgeschäften an Erwachsene in einem „lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmen“ erlaubt werden.

Boris Benkhoff (Die FRAKTION feat. Die Linke) hatte gefordert, dass Dorsten eine Bewerbung zur Modellstadt ausarbeiten solle. „Wie kann ich Sie überzeugen?“, fragte er am Mittwochabend vor allem in Richtung der CDU-Ratsmitglieder. Wohlwissend, dass Fraktionsvorsitzender Bernd Schwane die Ablehnung des Antrags im Vorfeld angekündigt hatte.

„Unanständig reich werden“

Der Blick nach Amerika lohne, so Benkhoff. Dort, wo Cannabis legal sei, zeige sich: „Da können Sie unanständig reich werden.“ Bürgermeister Tobias Stockhoff: „Wenn wir in Dorsten Geld verdienen, wollen wir das anständig tun.“

Als Nebenwirkung von Cannabis-Konsum nannte Benkhoff vermehrten Appetit: „Wenn Sie einen Bekifften haben, der stoned durch die Innenstadt läuft - der wird auch irgendwo was essen.“ „Bei Björn Freitag - der freut sich“, so ein Zwischenruf aus dem Plenum. Benkhoff stellte sich auch einen „Coffeeshop in den Mercaden“ vor.

„Echt eine Kack-Idee“

Dorsten verschlafe eine Chance, so Benkhoff. „Die Veränderung kommt - da brauchen wir uns keine Illusionen machen.“ Dorsten solle „progressiv mitentscheiden“ und wissenschaftlich das Thema begleiten. „Vielleicht kommen wir ja nach fünf Jahren in Dorsten zu dem Schluss: Ey, das war echt eine Kack-Idee von den bekifften Arschlöchern von der FRAKTION feat. Die Linke. Oder wir sagen: Das war gar keine so schlechte Idee.“

„So einen Antrag habe ich noch nicht erlebt“, sagte Bernd Schwane (CDU) nach der „humoristischen Einlage“. „Abenteuerlich“ und „unglaublich“ sei die Argumentation, das Modellprojekt mit Wirtschaftsförderung zu begründen. Unter anderem Depressionen bei jungen Leuten nach Cannabis-Konsum nannte Schwane als Gegenargument: „Aber wenn was schief läuft, wollen Sie ja im Hospital eine Abteilung installieren - ein richtiger Kreislauf, den Sie sich da ausgedacht haben“, so Schwane sarkastisch. Benkhoff wolle nur Aufmerksamkeit.

Bitte auf Zurückstellung

Dirk Groß (SPD) sagte, die Schwarzmarkt-Eindämmung sei nicht von der Hand zu weisen. Er bat, den Antrag zurückzustellen: „Wir haben heute keinen konkreten Ansatzpunkt gefunden, pragmatisch in das Thema einzusteigen.“ Die Pläne müssten sich seitens der Bundesregierung erst „mit Leben füllen“.

„Man hätte mehr draus machen können“, so Lutz Ludwig (FDP) über den Antrag. Noch sei zu vieles unklar, bekräftigte Mauritz Hagemann (Grüne). Er nahm die Formulierung „Schützenfestdroge Alkohol“ von Dirk Groß auf. Er sei verwundert, dass die CDU sich als Hüterin von Gesundheit und Jugendschutz darstelle. Die Verteufelung von Cannabis empfänden die Grünen „reichlich inkonsequent“.

Mauritz Hagemann
Mauritz Hagemann nannte die „Verteufelung" von Cannabis „reichlich inkonsequent". © Thorsten M. Huxel

Hagemann: „Wir wollen Herrn Stockhoff nicht den Spaß nehmen, im Sommer mit dem Landrat von Schützenfest zu Schützenfest in optisch fragwürdigem Outfit zu radeln und da dem Alkohol unter dem Deckmäntelchen des Brauchtums zu frönen.“ Stockhoff entgegnete, dass man auch Wassereis anbiete für die, die keinen Alkohol trinken wollten oder sollten.

Heribert Leineweber (AfD) sagte, er habe in Essen bereits viele „Rauschkranke“ gesehen. Dort sei die Modellstadt „längst da“. Es sei „das Schlechteste, die Gesundheit von jungen Menschen zu gefährden“. Dass es für Leinewebers Satz, „einen solchen Antrag kann man nur ablehnen“, zustimmendes Klopfen aus den CDU-Reihen gab, sorgte für Raunen und Gelächter bei anderen Fraktionen.

Ordnungsruf des Bürgermeisters

Die gesundheitlichen Gefahren durch den Klimakollaps seien deutlich höher, als wenn erwachsene Leute sich für einen Joint entschieden, sagte Benkhoff in Richtung „Herrn Leineschlumpfer“. Das brachte ihm eine Verwarnung, genauer gesagt einen „Ordnungsruf“ des Bürgermeisters ein: „Wir nennen den richtigen Nachnamen. Wir haben hier keine Schlümpfe.“

Tobias Stockhoff sagte, die Verwaltung lehne den Antrag ab. Zum einen gebe es eine sehr dringende Warnung von Kinder- und Jugendärzten. Zum anderen gebe es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Dorsten sich als kreisangehörige Stadt nicht bewerben könne - es fehle ein eigenes Gesundheitsamt.

Sympathie dafür, das Thema im Kreis voranzutreiben, äußerte Benkhoff, der den Antrag zurückzog. „Wir hätten dagegen gestimmt“, so Friedhelm Fragemann (SPD), der Benkhoffs Idee, Leerständen in der Stadt mit Cannabis entgegenzuwirken, kommentierte mit: „Blanker Unsinn.“ Allerdings müsse man die Entwicklung bei der Gesetzgebung abwarten. „Wir werden uns weiter mit dem Thema befassen.“

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