Seit 15 Jahren gibt es schon die Selbsthilfegruppe für Trauernde, die vom Hospizfreundeskreis Dorsten und dem Verein AGUS (Angehörige um Suizid) professionell betreut wird. Betroffene und Trauerbegleiter treffen sich alle zwei Wochen.
Für diesen Mittwoch wurde ein besonderer Gast ins Tisa-Museum nach Hervest eingeladen: Der Bildhauer Jochen Höwel aus Köln schafft „Erinnerungskunst“. Seine Objekte sind ganz auf die Situation der Auftragsgeber zugeschnitten, die sich oft von den geschäftsmäßigen Riten der Beerdigungsinstitute nicht wirklich angesprochen fühlen. Was am Schluss entsteht, kann sehr groß oder ganz klein sein.
Es kann auf das Grab gelegt werden oder zu Hause auf der Fensterbank stehen. Immer resultieren die Arbeiten aus vielen sehr vertrauensvollen Gesprächen und die Form, die am Ende gemeinsam entwickelt wird, entspricht in dem Empfinden, das sie bei ihrem Betrachter auslöst, dem Wesen der Person, die schmerzlich vermisst wird. Dieser Prozess der Suche nach dem richtigen Ausdruck kann Wochen, Monate oder sogar Jahre bis zur Fertigstellung des Objekts dauern.

Bester Freund beging Suizid
Wie kommt jemand auf so eine Idee? Jochen Höwel erzählte seine eigene Geschichte: Früher hatte der Künstler mal einen Betrieb für Gas- und Wasserinstallation geleitet. Aber nach dem überraschenden Suizid seines besten Freundes, mit dem er sich kurz vorher noch für die nächste Woche verabredet hatte, war er völlig überfordert. In dem Unfallwagen wurde ein Testament gefunden. Darin war auch verfügt, dass der Freund auf See bestattet werden sollte. Für Jochen Höwel gab es also nicht einmal ein Grab, das er besuchen konnte.
Erst drei Jahre später betrat er noch einmal das Haus des Freundes, das seit dessen Tod leer stand und nun verkauft werden sollte. Alles war ausgeräumt. Aber in der Dachkammer, in der Jochen Höwel bei seinen Besuchen immer übernachtet hatte, lagen einige verrostete Metallstücke auf dem Boden. Er nahm sie mit - und verarbeitete sie später zu seiner ersten Skulptur.
Plastik erinnert an Blitz
Die Plastik ist nur etwa 40 Zentimeter hoch und ihre Form erinnert an einen Blitz. Die Bodenplatte und der unterste Teil sind ganz rau und bröselig. Aber an der obersten Spitze ist das Metall spiegelglatt poliert, sodass man sich selbst - oder den Himmel - darin sehen kann. Für einen Außenstehenden erschließt sich die Bedeutung der Form wohl kaum. Aber für Jochen Höwel standen die gefundenen Materialien in einer intensiven Beziehung zu seinem Freund.
Jochen Höwel gab seinen alten Beruf auf und wurde Bildhauer. Per Beamer projizierte er verschiedene Objekte und ganz unterschiedliche Möglichkeiten, um an Verstorbene zu erinnern. Alle Anwesenden waren von seinem Vortrag sehr berührt und bei vielen wurden neue Gedanken in Gang gesetzt, um die eigene Geschichte zu verarbeiten. Kontakt zur Selbsthilfegruppe unter ulla.kuhn@das-leo.de
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