
© Lydia Heuser
Bäume: Das Stadtbild wird sich in den kommenden Jahren verändern
Interview
Der Leiter des Grünflächenamts, Martin Hollstegge, und Klimamanager Sebastian Cornelius erklären im Interview, wie es den Straßenbäumen in Dorsten geht und wie Bürger helfen können.
Neben den Wäldern leiden auch die Bäume in der Stadt an Trockenheit und Hitze. Manch eine Baumkrone wirkt schon Ende Juli, als sei der Herbst ausgebrochen.
Herr Hollstegge und Herr Cornelius, wie geht es den Straßenbäumen in Dorsten? Die vergangenen Sommer haben ihnen doch sicherlich zugesetzt. Sind die Regentage eine Entlastung für die Natur?
Martin Hollstegge: Wir haben etwa 80.000 Bäume in den städtischen Grünanlagen und an Straßen, um die wir uns kümmern. Ich schätze, dass rund 20 Prozent der Bäume, die in den vergangenen Jahren gefällt wurden, aufgrund der Trockenheitseinflüsse gefällt werden mussten. Die Birke, eine charakteristische Baumart in den städtischen Grünzügen, hat ein sehr oberflächennahes Wurzelwerk und leidet am meisten unter der Trockenheit. Auch an Eichen haben wir Schäden festgestellt. Hier kommt es insbesondere zu Totholz-Ausbildungen in den Kronen. Die weiteren Baumarten, wie etwa Linde und Ahorn, wurden natürlich auch durch die Trockenheit beeinflusst, jedoch sind die Auswirkungen nicht so prägnant.
Sebastian Cornelius: Ein großes Problem, das sich grundlegend für alle Bäume ergibt, ist die große Trockenheit des Bodens, da sich dort in bis zu zweit Metern Tiefe bis Ende des vergangenen Jahres so gut wie kein Wasser befand. Obwohl der Niederschlag in diesem Jahr in der Region in und um Dorsten schon deutlich ausgeprägter war als 2019 stellt sich die Frage, inwieweit dieser die Situation entschärft. Insbesondere bei Starkregenereignissen kann der ausgetrocknete Boden das Wasser nicht aufnehmen, sondern es fließt oberflächlich ab. Ein geschädigter Baum nimmt weniger Wasser auf und benötigt viel Zeit, um zu regenerieren. Nur der regelmäßige Wechsel zwischen warmen sonnigen und regenreichen Phasen führt langfristig zu einer Gesundung des Baumbestandes.

Die Jungbäume bringen mehr Grün ins Stadtbild und säubern die Luft. © Lydia Heuser
Welche Baumarten werden in Zukunft das Stadtbild prägen?
Martin Hollstegge: Bei der Neubepflanzung berücksichtigen wir natürlich, dass die Arten hitzeverträglicher und trockenheitstoleranter sind. Die Baumstruktur wird sich in den kommenden Jahren definitiv verändern. An der Bismarckstraße haben wir zum Beispiel Hopfenbuchen angepflanzt, deren ursprüngliches Verbreitungsgebiet in Südeuropa liegt.
Wie unterstützen Sie einen Baum beim Anwachsen? Wann hat er die kritische Phase überstanden?
Martin Hollstegge: Straßenbäume werden mit einem Kronenansatz von ca. 1,80 Meter und einen Stammumfang von 16 bis 20 Zentimetern gepflanzt. Vor den trockenen Sommern war in den ersten drei Jahren eine intensive Bewässerung der Neuanpflanzung erforderlich, bevor die Bäume sich dann weitestgehend selber versorgen konnten. Heute ist eine intensive Bewässerung bis in das vierte und fünfte Standjahr hinein erforderlich. Wir haben die Bewässerungen intensiviert. Kam früher ein Bewässerungsfahrzeug in den Sommermonaten zum Einsatz, haben wir in den letzten Jahren ein zusätzliches Fahrzeug mit großem Wassertank einsetzen müssen. Im Rahmen der Neupflanzung von Bäumen werden Bewässerungsringe in den Boden eingebracht, um ein zielgenaues Heranbringen des Wassers an die Neupflanzung sicherzustellen. Seit Neuestem kommen auch Wassersäcke zum Einsatz, die unmittelbar an den Baumstandorten fixiert werden.

Die Bäume an der Gahlener Straße pflanzte der Schützenverein Altstadt im Rahmen einer Maßnahme von „Wir machen Mitte“. Die Wassersäcke spenden den Jungbäumen immer ausreichend Wasser. © Lydia Heuser
Wie können Bürger helfen?
Martin Hollstegge: Wässern, wässern, wässern. Abends mal zwei, drei Eimer Wasser an den Baum kippen, hilft. Außerdem wäre es gut, wenn darauf geachtet wird, dass Baumscheiben nicht überbaut oder beparkt werden. Wichtig ist, dass die Oberfläche der Baumscheibe offenporig bleibt, sodass Regenwasser versickern kann. Zusätzlich können Bürger Baumpatenschaften übernehmen und dann die Baumscheiben in Abstimmung mit der Grünflächenabteilung gestalten.
Sebastian Cornelius: Die Bürger übernehmen damit eine Mitverantwortung für den Baum vor ihrer Haustür. Das reicht ja oft schon. Unsere Mitarbeiter können vor allem in Hitzephasen nicht immer und überall zur Stelle sein.
Warum sind Bäume so wichtig für das Stadtklima?
Sebastian Cornelius: Bäume übernehmen eine wichtige ökologische Funktion. Sie binden Kohlendioxid und produzieren Sauerstoff. Darüber hinaus sorgen sie für einen stabilen Wasserhaushalt in der Umgebung und zeitgleich für ein angenehmeres Klima vor Ort, was man dann auch als Mikroklima bezeichnet. Darüber hinaus bieten Bäume einen wichtigen Lebensraum für zahlreiche andere Pflanzen und auch Tierarten.
Geboren und aufgewachsen im Bergischen Land, fürs Studium ins Rheinland gezogen und schließlich das Ruhrgebiet lieben gelernt. Meine ersten journalistischen Schritte ging ich beim Remscheider General-Anzeiger als junge Studentin. Meine Wahlheimat Ruhrgebiet habe ich als freie Mitarbeiterin der WAZ schätzen gelernt. Das Ruhrgebiet erkunde ich am liebsten mit dem Rennrad oder als Reporterin.
