Ausbildung in der Metzgerei: Was viele abschreckt, macht einem Dorstener Azubi keine Angst

© Laura Schulz-Gahmen

Ausbildung in der Metzgerei: Was viele abschreckt, macht einem Dorstener Azubi keine Angst

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Eine Ausbildung zum Metzger klingt für viele unsexy. Ein Dorstener Azubi versteht das, zumindest zum Teil. Ihm macht der Beruf viel Spaß. Uns hat er erklärt warum.

Dorsten

, 14.01.2020, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der Metzgerstand hat es heutzutage nicht leicht. Nicht nur die Kunden werden durch das Fleischangebot im Supermarkt immer weniger, auch die Azubis sind rar gesät. Waren es im Jahr 2000 deutschlandweit noch 9537, sind es in 2018 nur noch 2926, laut Angaben von statista.

Hendrik Tiemann von der Metzgerei Bellendorf in Lembeck, die Rindfleisch aus eigener Aufzucht anbietet, kennt das Problem, Azubis zu finden. Oft würden sich welche bewerben und auch vorbeikommen - und dann entscheiden sie sich doch wieder um. Zurzeit arbeitet ein Auszubildender in der Produktion als Fleischereifachverkäufer. Aktiv gesucht habe das Unternehmen allerdings nicht nach Azubis.

„Ich denke, viele möchten nach der Schule und dem anknüpfenden Studium noch ein Jahr Work an Travel anschließen und danach sinkt vielleicht die Bereitschaft für eine handwerkliche Ausbildung“, sagt der Juniorchef der Metzgerei. Außerdem würde heute viel Wert auf Freizeit gelegt, da störe ein früher Arbeitsbeginn und spätes Arbeiten natürlich.

Klingt erst interessant, aber dann nicht mehr

Bei Bellendorf beginnt die Arbeit teilweise schon um 4 Uhr morgens. Der Beruf erfordert außerdem ein hohes Maß an körperlicher Arbeit. Hendrik Tiemann sagt: „Das Berufsbild klingt für einige zunächst sehr interessant, aber dann beschäftigen sie sich damit und erkennen, dass es sich um eine körperlich herausfordernde Tätigkeit handelt und die tägliche Arbeitszeit früh beginnt.“

Josef Bellendorf hat für seine Metzgerei ohne große Mühen zwei Auszubildende gefunden: „Wir haben jetzt nicht aktiv gesucht. Wir haben nur beim Arbeitsamt die offenen Stellen angegeben und das war es.“

Er hat aktuell eine auszubildende Fleischereifachverkäuferin und einen auszubildenden Metzger in seinem Unternehmen. Auch um die Zukunft seines Betriebes macht er sich keine großen Sorgen. „Mein ältester Sohn macht zurzeit die Ausbildung zum Metzger und auch mein dritter Sohn möchte diesen Beruf erlernen“, freut er sich.

BBQ-Kult und eigene Rinderzucht

Zum Metzgersterben sagt er: „Da geht es den Metzgereien nicht viel anders als allen anderen Berufen auch.“ Er ist der Meinung, dass man sich an das Einkaufsverhalten der Verbraucher anpassen muss - und das tut er. Er verfolgt den Kult um das aus den USA stammende Barbecue ganz genau.

Josef Bellendorf züchtet selbst Rinder: eine Kreuzung aus Charolais und Limousin.

Josef Bellendorf züchtet selbst Rinder: eine Kreuzung aus Charolais und Limousin. © Diebäcker

Sogar Rinder züchtet er selbst: „Wir haben Charolais-Rinder mit Limousins gekreuzt.“ Doch damit nicht genug.

Josef Bellendorf ist Fleischsommelier und züchtet sogar seine eigenen Rinder.

Josef Bellendorf ist Fleischsommelier und züchtet sogar seine eigenen Rinder. © Privat

Er hat Anfang 2019 seinen Fleischsommelier gemacht und zurzeit absolviert auch eine seiner Mitarbeiterinnen diese Weiterbildung. Aber was ist das überhaupt und kann das jeder machen?

Fleisch-Sommeliers sind Genussbotschafter

Ein Fleischsommelier weiß um neue „Cuts“, also neue Schnitttechniken, hat Wissen über die Sensoriken der verschiedenen Fleischsorten, ist immer auf dem neuesten Stand was Grill- und Zubereitungstechniken angeht und er weiß, wie sich die unterschiedlichen Möglichkeiten der Reifung auf den Geschmack auswirken.

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Um ein „Genussbotschafter“ zu werden, muss man eine Ausbildung zum Metzger absolviert haben, muss mindestens drei Jahre als Geselle gearbeitet haben und man muss einen Meisterabschluss zum Fleischer in der Tasche haben. Außerdem gehört eine schriftliche Prüfung dazu, um Fleischsommelier zu werden.

Auch Andreas Schroer hat eine Fleischerei und hat zwei Auszubildende, ebenfalls einen Metzger und eine Fleischereifachverkäuferin. „Lehrlinge generell sind schwierig zu finden, aber wir bilden regelmäßig Söhne von Berufskollegen aus“, sagt Andreas Schroer.

Nur noch 17 Innungs-Mitglieder

Die Fleischerei Schroer bildet seit rund 50 Jahren aus. Damals habe es immer zwei Metzger-Azubis und zwei Fleischereifachverkäufer-Azubis gegeben. Heute ist es nur noch die Hälfte. „Wir hatten jetzt aber auch rund 15 Jahre keine Auszubildende zur Fleischereifachverkäuferin mehr. Das ist jetzt seit Langem mal wieder die Erste“, sagt Andreas Schroer.

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Der Fleischer ist Obermeister der Fleischer-Innung Gelsenkirchen-Buer-Dorsten und sagt zum Metzgersterben: „In den 70er-Jahren waren wir 270 Mitglieder. Jetzt sind es nur noch 17 Mitglieder.“

Wurst machen macht am meisten Spaß

Sein Metzger-Azubi ist Leif Sulima (18) aus Schermbeck. Sein Vater ist ebenfalls Metzger und so verwundert es nicht, dass er in seine Fußstapfen tritt. Er wird später die Metzgerei des Vaters übernehmen.

Leif Sulima macht die Arbeit in der Metzgerei Spaß: „Der Beruf ist total abwechslungsreich und Wurst machen macht am meisten Spaß“, sagt der 18-Jährige. In seiner Klasse sind insgesamt nur sechs Auszubildende aus Recklinghausen, Gelsenkirchen, Bottrop, Gladbeck und Dorsten. Für Leif Sulima ist das nicht verwunderlich: „Der Beruf stirbt trotz der Abwechslung im Berufsalltag langsam aus.“

Für viele sei die Ausbildungsvergütung zu gering, für andere seien die sehr frühen und zum Teil auch sehr späten Arbeitszeiten ein No-Go. Außerdem ist die Arbeit auch körperlich anstrengend, was auch nicht für jeden etwas sei. Er kann sich auch vorstellen, dass für viele der Aspekt der Schlachtung abschreckend ist.

Zukunft der Fleischerei ungewiss

Wie die Zukunft der Fleischerei Schroer aussieht, das ist noch ungewiss, denn einen Sohn, der den Betrieb später einmal übernehmen wird, hat Schoer nicht. Aber er hofft, dass sich noch ein Nachfolger finden lässt: „Noch hab ich ja ein paar Jahre Zeit.“