Natascha Schäfer, Leiterin der Familienpraxis Dorsten, sieht Eltern in der Verantwortung, Kinder kindgerecht über das Thema Krieg aufzuklären.

© dpa/privat

Aufklärung über Krieg: Therapeutin Natascha Schäfer sieht Eltern in der Verantwortung

rnUkraine-Krieg

Das Thema Krieg ist gerade auch in Dorsten allgegenwärtig. Doch was macht das mit den Familien in Dorsten? Wie spricht man mit Kindern darüber? Therapeutin und Schulleiter erzählen.

Dorsten

, 08.03.2022, 12:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Krieg ist in Europa angekommen. Was macht das mit den Familien in Dorsten? Wie können Eltern ihren Kindern erklären, was sie selber kaum begreifen können? Und welche Rolle spielen die Schulen dabei? Dorstener Schulleiter und Familientherapeutin Natascha Schäfer erzählen.

„Kinder bekommen viel mehr mit, als wir denken - sei es durch die Medien oder durch Gespräche anderer Kinder auf dem Schulhof oder in der Kita. Sie spüren auch, wenn wir uns Gedanken machen“, sagt Schäfer, die die Dorstener Familienpraxis leitet. Sie sieht daher Eltern ganz klar in der Verantwortung, mit Kindern über das Thema Krieg zu sprechen.

Die 38-Jährige rät dazu, Kinder genau zu beobachten und öfter nachzufragen, ob sie etwas beschäftigt. „Selbst wenn nirgendwo Nachrichten laufen, können sie von anderen Kindern etwas erfahren haben. Auch TikTok und Youtube sind da wirklich nicht ungefährlich - da laufen ja teilweise sogar Live-Videos aus dem Kriegsgebiet“, so Schäfer.

Globus, Kindernachrichten und Suchmaschinen zu Hilfe nehmen

Sie hält es für sehr wichtig, dass Eltern ihren Kindern kindgerecht erklären, was in der Ukraine los ist und so vielleicht auch mit falschen Informationen aufzuräumen, die Kinder irgendwo aufgeschnappt hätten. „Man kann auch mal auf einem Globus zeigen, wo Russland und die Ukraine sind“, rät die Therapeutin. Hilfreich seien - je nach Alter der Kinder - auch Erklärungen zum Thema in Kindernachrichten wie beispielsweise „logo!“ oder Angebote in Kindersuchmaschinen. „Auf der Seite von der Sendung mit der Maus gibt es auch viele kindgerechte Antworten“, so Schäfer.

Zu oft sollte man ihrer Meinung nach das Thema Krieg jedoch nicht aufgreifen: „Dann lieber auf Fragen antworten und ansonsten den Kindern auch ganz viel Normalität bieten, denn viele von ihnen haben schon sehr durch die Pandemie gelitten und brauchen dringend bessere Zeiten.“

„Viele Eltern sind permanent im Notfall-Modus“

In ihrer Praxis sieht sie, dass für viele ihrer erwachsenen Patienten gerade das Vorleben von Normalität sehr schwer ist. „Viele Eltern können einfach nicht mehr - erst Corona, jetzt der Krieg. Viele haben Angst, schlafen schlecht, ertragen die Situation nicht mehr, sind permanent im Notfall-Modus“, erzählt Natascha Schäfer. So schlimm wie aktuell, habe sie das noch nicht erlebt. Es gebe immer mehr Patienten, die sich so sehr zurückziehen würden, dass sie für das Praxisteam nicht mehr erreichbar seien.

Herbert Rentmeister, Schulleiter der Agatha-Schule, ist dafür, dass in der Grundschule nur anlassbezogen in kleinen Gruppen über das Thema Krieg gesprochen wird.

Herbert Rentmeister, Schulleiter der Agatha-Schule, ist dafür, dass in der Grundschule nur anlassbezogen in kleinen Gruppen über das Thema Krieg gesprochen wird. © Anke Klapsing-Reich (A)

Auch in der Dorstener Agatha-Grundschule ist das Thema Krieg angekommen. „Es ist definitiv ein Thema unter einigen Schülern. Wir als Schule sind aber, finde ich, nicht in der Position das bei Grundschulkindern aktiv anzusprechen“, sagt Schulleiter Herbert Rentmeister. Das Thema Krieg sei sehr sensibel und Eltern müssten selbst entscheiden, ob sie darüber mit ihren Kindern sprechen möchten oder nicht. „In manchen Familien wird das vielleicht bewusst ausgeklammert, da wollen wir uns nicht einmischen“, so Rentmeister.

Wenn jedoch Schulkinder Fragen stellen oder Ängste äußern würden, werde natürlich auch in der Schule über den Krieg gesprochen. „Aber immer außerhalb des großen Klassenverbandes im kleinen System“, erklärt der Schulleiter. An weiterführenden Schulen sei die Situation eine ganz andere - dort könne man beispielsweise das Völkerrecht zum Unterrichtsthema machen.

Auch Dorothea Osemann, Schulleiterin der Wittenbrinkschule, wartet lieber, bis Fragen kommen. „Wir schubsen das Thema nicht künstlich an, sondern schauen, ob die Kinder von selbst damit kommen“, sagt sie. Dadurch, dass die Dritt- und Viertklässler öfter auch mal Kindernachrichten gucken würden, sei es bei ihnen ein größeres Thema als beispielsweise bei den Erst- und Zweitklässlern.

Auch Dorothea Osemann, Schulleiterin der Wittenbrinkschule, wartet lieber, bis Fragen kommen.

Auch Dorothea Osemann, Schulleiterin der Wittenbrinkschule, wartet lieber, bis Fragen kommen. © Guido Bludau (A)