In einem Essener Krankenhaus sind mindestens sechs Mitarbeitende von Angehörigen eines Patienten angegriffen und verletzt worden, eine 23-Jährige schwer. 73 Prozent der deutschen Krankenhäuser gaben im Frühjahr bei einer Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft an, dass die Zahl der Übergriffe in den vergangenen fünf Jahren gestiegen ist. Und es braucht keine Großstadt und keine kriminellen Clans, um Krankenhauspersonal in Angst und Schrecken zu versetzen. Das passiert auch in Dorsten und Haltern.
Tendenz steigend
„Wir beobachten mit Sorge eine Tendenz zur Zunahme von physischen, psychischen und verbalen Übergriffigkeiten gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Krankenhäuser in den letzten zwei bis drei Jahren - insbesondere in den Notaufnahmen, aber nicht nur dort“, berichtet Wolfgang Heinberg, Leiter der Stabsstelle Unternehmenskommunikation bei der „Katholische Einrichtungen Ruhrgebiet Nord GmbH“ (KERN), zu der das Dorstener St.-Elisabeth-Krankenhaus und das Halterner St. Sixtus-Hospital gehören.

Er sagt: „Wir haben das Gefühl, dass Hemmschwellen deutlich gesunken sind und Übergriffigkeiten gegen unsere Kolleginnen und Kollegen nicht nur von Patientinnen und Patienten ausgehen, sondern auch Angehörige der Patienten sich zum Teil massiv sozial normwidrig verhalten – es fehlt an Geduld, an Sachlichkeit, an Respekt in der Sprache und im Auftreten oder an mangelndem Verständnis für Abläufe und nötige Formalitäten in einer Notaufnahme oder auf einer Station.“
In Essen wurde am 20. September ein Reanimationsteam angegriffen, dem es nicht gelungen war, einen als Notfall eingelieferten, schwerkranken Senior zu retten. Der Mann starb, Verwandte drehten durch, griffen die Retter tätlich an. Die gesamte Klinik steht unter Schock. Die in ganz NRW steigende Zahl von sogenannten Rohheitsdelikten in Krankenhäusern, das sind Drohungen, Nötigungen und Körperverletzungen, haben vielerorts dafür gesorgt, dass Notaufnahmen von Sicherheitsdiensten bewacht werden.

Polizei wird gerufen
„Wir sind bis zu einem gewissen Punkt bereit, manche Entgleisung aufseiten der Patienten oder Angehörigen mit einer subjektiv empfundenen Extrem- oder Ausnahmesituation zu entschuldigen“, sagt Heinberg, „doch bei herabwürdigenden Einlassungen, auch, aber nicht nur gegenüber Kolleginnen, oder bei der Androhung oder der Anwendung von physischer Gewalt, und sei es nur das Anfassen oder Schubsen von Mitarbeitenden, ist jede Geduld und jedes Verständnis für gezeigtes Verhalten sofort am Ende.“ Dann macht das Krankenhauspersonal von seinem Hausrecht Gebrauch und ruft die Polizei. Fortbildungen und Übungen zur Deeskalation und Gespräche zur Aufarbeitung erlebter Gewalt gehören inzwischen auch bei KERN zum Standardprogramm.