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ZDF-Sendung beäugt NewPark-Pläne kritisch: „Flächenfraß geht weiter“
Wirtschaftsentwicklung
Die ZDF-Reihe Zoom hat jetzt die Frage nach Sinn und Unsinn des NewPark in Datteln aufgeworfen. In der Dokumentation wird der Bogen von der Flutkatastrophe zu diesem Großprojekt gespannt.
Deutschlandweit werden unbebaute Flächen immer knapper. 52 Hektar werden täglich in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt: 70 Fußballfelder am Tag. Es sollen bis 2030 nur noch maximal rund 30 Fußballfelder sein. Doch momentan scheint dieses Ziel außer Reichweite.
Warum werden immer neue Flächen zubetoniert? Diese Frage führt die ZDF-Autorinnen Carolin Hentschel und Katja Duregger für ihre 28-minütige Reportage in der Reihe „ZDF Zoom“ (in der ZDF Mediathek verfügbar) nach Datteln. In das Gebiet, auf dem ein Industriepark entstehen soll: NewPark.
Zuletzt hieß es aus der Betreibergesellschaft in einer Pressemitteilung freudig, dass es hier voran geht: „Die Entwicklung des landesbedeutsamen Gewerbe- und Industrie-Areals tritt in die nächste Phase: Der Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 100 der Stadt Datteln für den ersten Bauabschnitt ist so weit fortgeschritten, dass die Offenlage beschlossen werden kann“, so die Meldung vom 14. Oktober 2021.
„Damit wird das Projekt auf die Schiene gesetzt“
Am 25. Oktober wird der Entwurf im Planungsausschuss und zwei Tage später im Rat der Stadt Datteln vorgestellt. „Damit wird das Projekt auf die Schiene gesetzt, der Offenlagebeschluss ist der nächste Schritt auf dem Weg zum Planungsrecht“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der NewPark Planungs- und Entwicklungsgesellschaft. Das ist Dattelns Bürgermeister André Dora.
Der Beschluss am 27. Oktober ist eigentlich Formsache. Dann folgt die Auslegung des Entwurfs zum Bebauungsplan Nr. 100 – ein normaler Vorgang, um die Öffentlichkeit am Planungsverfahren zu beteiligen, den man nun aber gesondert unterstreicht. André Dora sagt: „Wir legen großen Wert auf ein transparentes Verfahren, bei dem Bürgerinnen und Bürger sowie Träger öffentlicher Belange die Unterlagen prüfen und in der Folge Anregungen und Stellungnahmen vorbringen können.“
„In Zeiten, wo wir jede unversiegelte Fläche brauchen“
Das wird einer ganz sicher tun, der in der ZDF-Reportage zu Wort kommt: Dirk Jansen, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschlands (BUND). „Hier wird Natur zerstört, hier wird Fläche versiegelt, und das in Zeiten des Klimawandels, in Zeiten von Hochwasser- und Flutkastastophen, wo wir jede Fläche, die unversiegelt ist, brauchen, damit der Boden seiner Schwammfunktion nachkommen kann“, sagt er im Gespräch mit einer Autorin.
Sie haben sich dazu an die Straßenbaustelle der B474n begeben: sichtbares Zeichen dafür, dass der NewPark wirklich entstehen soll. Denn diese Bundesstraße wird das Gebiet mit seinen insgesamt 290 Hektar, von denen 156 Hektar vermarktet werden sollen, an die Autobahnen im Süden (A45 / A2) anschließen.
Für Dirk Jansen wie für seinen Vorstandskollegen Thomas Krämerkämper aus Henrichenburg ist das eine unnötige Zerstörung unberührter Natur. „500 Hektar Freiraum werden hier zerstört“, so Jansen nach den Aufnahmen mit dem ZDF. „Ein unsinniges Projekt, für das noch eine autobahnähnliche Straße durch Wald und Wiesen gefräst wird.“
„Wider besseren Wissens“
Es gebe gerade in NRW viele industrielle Brachflächen, die genutzt werden könnten. Gerade die Landesregierung mit Armin Laschet habe diese Planungen massiv vorangetrieben, „im Verbund mit den regionalen und kommunalen Planungsträgern, die an diesen anachronistischen Zielen wider besseren Wissens festhalten“, so Dirk Jansen im ZDF-Film.

Thomas Krämerkämper (l.) und Dirk Jansen aus dem BUND-NRW-Vorstand machen deutlich, was sie vom Bau der B474n und der Entwicklung des NewPark halten. © BUND
Die Landesregierung habe einen 5-Hektar-Grundsatz aus dem Gesetz gestrichen, nach dem der tägliche Flächenverbrauch auf diese Obergrenze gedeckelt war, heißt es bei Zoom. Begründung: Er habe keine konkreten Umsetzungsmaßnahmen enthalten. Sie setze stattdessen auf eine „praxisnahe Herangehensweise beim Flächenschutz“. Dagegen klagt der BUND.
Stadt Lünen steigt aus NewPark aus
Die Stadt Lünen, die an den NewPark-Planungen in der Entwicklungsgesellschaft bisher mit fünf Prozent beteiligt war, hat Mitte September ihren Ausstieg beschlossen. Einstimmig. Man verkauft ihre Anteile (5 Prozent, das sind 5000 Euro plus 16.500 Euro als Kapitalrücklage für die GmbH) für 1 Euro an die Stadt Dortmund. Die hält dann nicht mehr 15 Prozent, sondern 20 Prozent Anteil.
Hintergrund dieser Entscheidung: Man will sich auf die eigenen Flächen vor Ort besinnen. In Lünen gibt es industrielle Brachen durch den Rückzug der Firma Caterpillar in Wethmar und den Rückbau eines Steinkohle-Kraftwerks der Steag. Es ist sicher kein Zufall, dass es sich hier um industrielle Brachen handelt – versiegelte Flächen, die man neuer Nutzung zuführen will.
Mit NewPark folgt man aber anderen Zielen. Es heißt stets, man werde hier einen Standort auch für besonders große Ansiedlungen unter dem Stichwort Industrie 4.0 und Green Tech schaffen, für die anderswo kein Platz in NRW sei: große Produktionsbetriebe (ab 10 Hektar), Light Industries und Zulieferer (3 bis 10 Hektar) sowie Forschung, Entwicklung und Dienstleistungen – so heißt es in den Planungen.
Tausende Arbeitsplätze sind geplant
Bis zu 3000 Arbeitsplätze wolle man in einem ersten Abschnitt auf 60 Hektar schaffen – vorwiegend aus den Bereichen Umweltwirtschaft (GreenTech) und digitalisierter Produktion. Damit war man nun auch wieder auf der Messe ExpoReal in München vertreten, bei der Standortvermarkter ihre Flächen Großinvestoren aus der Wirtschaft anpreisen. Es entstehen lose Kontakte, Netzwerke werden vertieft – und womöglich Abschlüsse vorbereitet.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
