Wohnsünden Grauenvolles Licht und hässliche Leuchten verschandeln unsere Wohnungen

Wohnsünden: Grauenvolles Licht und hässliche Leuchten verschandeln unsere Wohnungen
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Johann Wolfgang von Goethe umranken viele Mythen. Auf seinem Sterbebett, an dem Zeugen auf die letzten Worte des Dichterfürsten lauerte, soll er die berühmten zwei Worte „Mehr Licht“ gesagt haben. Ob es ein zutiefst philosophisches Schlusswort war oder der Todkranke einfach nur darum bat, die Vorhänge aufzuziehen, ist nicht überliefert.

Das mit dem „Mehr Licht“ haben aber weltweit viele Menschen gründlich in den falschen Hals bekommen und die Erde mit Lichtquellen bestraft, die sowohl von der Lichtflut als auch der Lichtqualität her durchaus als versuchte Körperverletzung zu ahnden wären. Man denke nur an die Leuchtstoffröhren, die viele Jahre lang nicht nur Kellerräume, sondern auch Büros, Küchen und sogar Wohnzimmer in ein kalt-grelles Inferno verwandelt haben.

Eine Küche mit diversen Lichtquellen.
Unterschiedliche Beleuchtung für unterschiedliche Wohn- und Arbeitsbereiche. So geht gute Beleuchtung © picture alliance / dpa

Noch heute gewahrt man bei einem abendlichen Bummel durch Innenstädte in so mancher Wohnung die einst weit verbreitete grausame Unsitte, Wohnzimmerfenster hinter Gardine und Schabracke mit Leuchtstoffröhren gespenstisch in Szene zu setzen.

Auch wenn diese Untugend zum Glück durch ein Verbot des Verkaufs seit gut einem Jahr auf dem weiteren Rückzug zu sein scheint, sind die LED-Leuchtkörper, die die alten quecksilber-belasteten Neonröhren ersetzen, nur bedingt ein Schritt nach vorn. Sie sind zwar sparsamer und weniger belastet, aber schön oder angenehm ist ihr Licht immer noch nicht.

Das gilt auch für all die mehr oder minder schmucken Leuchten mit Hochvolt- und Niedervolt-Halogenlampen, die inzwischen auch verboten wurden und durch die inzwischen omnipräsente LED-Technik ersetzt wurde. Angebracht in modernistisch-kühl wirkenden Leuchten aus dem Baumarkt geben sie Wohnräumen etwa so viel Atmosphäre wie ein Flutlichtmast im Stadion.

Man hat halt Licht, zumeist aber viel zu viel Licht in der Raumbeleuchtung, dafür viel zu wenig Licht an den Stellen, wo gutes und ausreichendes Licht notwendig wäre: beim Arbeiten in der Küche, bei der Arbeit am Home-Office-Schreibtisch oder beim Lesen eines Buches. Ja, es soll noch Menschen geben, die das tun.

Und so kann man mit mehr Licht schnell bei zu viel oder dem falschen Licht landen. Etwa mit Esstischleuchten, die blenden, statt das Essen in Szene zu setzen, mit einer falschen oder völlig einseitigen Lichtverteilung im Raum, die von viel zu vielen Verantwortlichen im Bauwesen immer noch mit der zentralen Leuchte in der Raummitte abschließend beantwortet wird.

Eine vernünftige Lichtfarbe, ein Spiel mit Licht und Schatten, ein dynamischer Einsatz von Licht für unterschiedliche Nutzungen der Wohnräume könnte so viel mehr positive Stimmung in unser Leben bringen. Mehr Licht allein hilft im Leben nicht. Und im Sterben wohl leider auch nicht.

In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.

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