Wer baut, der hat viele Geschichten zu erzählen. Das war bei uns nicht anders als bei jedem Bauherren. 20 oder 30 Jahre später sind solche Geschichten Anekdoten, über die man schmunzelt oder lacht. In der Situation aber können sie zum reinen Horror werden. Wie bei uns.
Gedacht war alles ganz einfach und war eigentlich auch wohl vorbereitet: Schon früh hatten wir in einer Wohnzeitschrift ein Architektenhaus gesehen, das uns sehr gefiel. Ausgeschnitten und beiseite gelegt, kramten wir die Seiten wieder hervor, als wir ein Grundstück gefunden hatten. Nicht in einem Neubaugebiet, sondern ein Lückengrundstück in einem längst bebauten Wohnrevier.
Wir kontaktierten den Architekten, der antwortete, dass er uns ein ähnliches Haus gern realisieren würde, auch zu ähnlichen Kosten sei das immer noch möglich. Kosten, die völlig in unser Budget passten. Wir hätten allerdings spätestens stutzig werden sollen, als der Mann schon seine erste Abschlagszahlung als Barscheck haben wollte.
Wurden wir aber nicht, zu sehr waren wir geblendet von dem tollen Entwurf, den er in enger Absprache mit uns gezeichnet hatte. Genau so wollten wir das Haus, in Stahlskelett-Bauweise und Holzverschalung, mit Dachreiter-Fenstern und einem Zink-Stehfalz-Dach. Alles sehr symmetrisch und wahnsinnig hell, modern, aber behaglich. Ein Zuhause eben wie erträumt.
Dumm nur, dass der Architekt toll zeichnen und planen, aber überhaupt nicht kalkulieren und rechnen konnte. Und sein eigenes Büro damit in die Insolvenz gebracht hatte, längst angestellt war, aber mit vertrauensseligen Menschen wie uns Nebenbeigeschäfte machte. Um dann mit den Barschecks die ärgsten Löcher in seiner Kasse vorbei an der Steuer zu füllen oder Handwerker zu bedienen, bei denen er Rechnungen offen hatte.
Ja, wir waren dumm damals und kamen dem Mann viel zu spät auf die Schliche. Betrug konnte man ihm nicht nachweisen, zu schwammig waren die Absprachen und die Vertragslage. Um die letzten Gewerke mussten wir uns allein kümmern, denn der tolle Architekt war irgendwann gar nicht mehr erreichbar, ließ sich verleugnen.
Bittere Lehren
Die Baukosten liefen davon, wir waren verzweifelt und kamen nur mit viel Glück und der Hilfe vieler netter Menschen im Freundes- und Bekanntenkreis mit einem dicken blauen Auge davon. Und einem Haus, das toll aussah und sich herrlich bewohnen ließ, aber nie richtig fertig wurde, weil für alle Feinheiten das Budget nicht mehr reichte.
Heute, ziemlich genau 30 Jahre nach Baubeginn, können wir darüber (noch immer leicht schmerzvoll) grinsen. Aber es wird uns allzeit eine dicke Lehre sein. Und sollte jeder Bauherren-Familie als Warnung gelten: In Geschäftsdingen dürfen Gefühle überhaupt keine Rolle spielen. Nur wasserdichte Verträge und Schufa-Auskünfte können im Ernstfall helfen, kleinere oder größere Dramen zu verhindern.
Gerade in Zeiten, in denen man wieder mit jedem Cent kalkulieren muss, weil die Bauzinsen mächtig angezogen sind, sind Kategorien wie „sympathisch“ oder „nett“ leider nicht hilfreich. Denn wenn es um Geld geht, kennen manche Menschen keine Rücksichten, keine Verwandten und keinen Anstand. Da ist nur kalte Sachlichkeit gefragt. So weh es im Einzelfall auch tun mag.
In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.