Wohnen im Alter Raus aus den Vorstadthäusern, ehe es für eine Veränderung zu spät ist

Wohnen im Alter: Raus aus den Vorstadthäusern, ehe es für eine Veränderung zu spät ist
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Grob gesprochen gibt es zwei Sorten von Traumwohn-Typen. Die Einen träumen vom Häuschen mit Garten in der Vorstadt, ruhig gelegen, wo man mit Kind(ern) und Hund(en) heimisch wird und sein Leben verbringt, bis man mit den Beinen voran aus dem Haus getragen wird. Die Anderen sind die Stadtmenschen, deren größtes Glück es ist, irgendwann in einer großen schönen Altbauwohnung zu landen, in der man das pralle urbane Leben vor der Tür hat.

Natürlich ist das total verkürzt dargestellt, natürlich gibt es viele Menschen dazwischen und noch viel mehr Menschen, die weder den einen noch den anderen Traum verwirklichen können, weil es ihnen an Geld oder Gelegenheit fehlt. Aber in dieser Kolumne geht es ja um Wohnträume und nicht unbedingt um Wohnrealitäten.

Eine Einfamilienhaus-Siedlung irgendwo in Deutschland.
Einfamilienhäuser werden im Alter vielfach nur noch von einer Person bewohnt. Eine Platzverschwendung, meint unser Autor. © picture alliance/dpa

Und da scheidet sich die bundesrepublikanische Mehrheit eben in diejenigen, die den Traum von der eigenen Scholle leben und alles daran setzen, diesen Traum möglichst früh und möglichst lange zu leben und in die, die nie so richtig sesshaft werden wollen. Ich nenne sie die Wohn-Nomaden, die von Wohnung zu Wohnung ziehen, ihre Wohnsituation immer wieder den gerade aktuellen Lebensbedürfnissen und Lebensphasen anpassen möchten.

Zum Glück ist das so. Denn wenn alle Menschen den gleichen Traum lebten, würde der eh schon knappe Wohnraum zwischen Nordsee und Alpen schon gar nicht ausreichen, um alle Bedürfnisse zu erfüllen. So soll der Eigenheim-Träumer gern seinen Wunsch erfüllen, soll der urbane Wohnträumer immer seine ideale Geschosswohnung finden.

Das Problem dabei ist: Es gelingt nicht in unserem Deutschland. Weder gibt es genug schöne und bezahlbare Altbauwohnungen noch genügend Einfamilienhäuser, um alle Bedürfnisse zu befriedigen. Altbauwohnungen können nun einmal nicht neu geschaffen werden und Einfamilienhaus-Siedlungen fressen viel zu viel Freifläche, die man in Zeiten zunehmender Naturkatastrophen viel dringender als Freifläche erhalten müsste.

Die Lösung könnte in einem Umdenken liegen. Umparken im Kopf, wie es einst in der kloppschen Autoreklame so treffend hieß. Würden nicht zahllose älter werdende und irgendwann allein lebende Menschen bis zum letzten Atemzug ihre 140-Quadratmeter-Häuser oder ihre 90-Quadratmeter-Wohung bewohnen, könnten all die Familien oder familienähnlichen Wohnformen hier ein Zuhause finden, ohne ständig neu bauen und Fläche versiegeln zu müssen.

Ich höre jetzt schon den Aufschrei in der Leserschaft: Mein Zuhause, meine Entscheidung, wie lange ich in diesem Haus wohne. Tatsache ist aber, dass immer mehr Menschen in einer immer weiter alternden Gesellschaft gleichzeitig über immer mehr Einsamkeit klagen, dass es nur mit viel fremder Hilfe möglich ist, ein großes Haus und einen Garten zu unterhalten.

Wäre es da nicht einfach viel klüger und für alle Seiten dienlicher, wenn man sich im Alter auf neue Wohnformen einließe? Als Idealbeispiel gelten für mich meine Schwiegereltern. Die haben mit Anfang 70, noch im Vollbesitz ihrer Kräfte, ganz bewusst die Entscheidung getroffen, ihr großes Reihenhaus in einer Dortmunder Vorstadt zu verkaufen und in ein Wohnprojekt nahe der Innenstadt zu ziehen.

Hier fanden sie schnell Kontakt zu den Mitbewohnern unterschiedlichster Altersklassen, hier hatten sie plötzlich kurze Wege zu Lebensmittelläden, Kneipen und Ärzten, hier hatten sie keine unendlichen Treppen mehr über vier Etagen zu bewältigen, sondern fanden ein auf das voranschreitende Alter eingerichtete Barrierefreiheit vor. Und waren noch mehr als jung genug, um sich in der neuen Umgebung akklimatisieren zu können.

Ein Beispiel, das Schule machen sollte.

In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.