Bodo Klimpel (links; CDU, Bürgermeister von Haltern) oder Michael Hübner (SPD-Landtagsabgeordneter aus Gladbeck): Wer wird der neue Landrat des Kreises Recklinghausen? © Grafik Martin Klose

Kommunalwahl 2020

Wen wähle ich? So ticken die Landratskandidaten Hübner und Klimpel

Die Menschen im Kreis Recklinghausen haben am 27. September die Wahl zwischen zwei Kandidaten, die Landrat werden wollen. Bodo Klimpel, der Sieger der Vorwahl, und Michael Hübner. So ticken sie.

von Michael Wallkötter, Markus Geling, T. Weckenbrock

Kreis Recklinghausen

, 26.09.2020 / Lesedauer: 5 min

Nach der Stichwahl am 27. September gibt es im Kreis Recklinghausen auf jeden Fall einen neuen Landrat. Der aktuelle Landrat Cay Süberkrüb ist nicht mehr angetreten, zur Wahl stehen noch Bodo Klimpel, der von CDU und FDP unterstützt wird, und Michael Hübner von der SPD. Wir haben uns die beiden Kandidaten für Sie genauer angeschaut.

Der Gewinner des 1. Wahlgangs:

Bodo Klimpel ist offensichtlich ein Mensch, der das Risiko nicht scheut. Die Wiederwahl als Bürgermeister Halterns wäre dem CDU-Politiker wohl nicht zu nehmen gewesen. Doch der 56-Jährige stürzt sich lieber in ein Abenteuer. Klimpel, gemeinsamer Kandidat von CDU und FDP, sagt: „Einen Plan B gibt es nicht.“

Halterns scheidender Bürgermeister Bodo Klimpel: Nun möchte er Landrat werden. © Benjamin Glöckner

Der Halterner hat sich in den zurückliegenden Jahren als Kritiker der Kreisverwaltung und der Kreispolitik häufig Gehör verschafft. Meistens ging es um das Finanzgebaren des Kreises und dessen Umgang mit den Städten, die jährlich hohe Millionenbeträge („Kreisumlage“) an die Kreisverwaltung überweisen müssen.

Er hat damit die Messlatte für sein mögliches Wirken im Kreishaus hoch gelegt. „Der Kreis hat die Aufgaben im Straßenverkehrsamt, im Gesundheitswesen und in der beruflichen Bildung natürlich zu erledigen. Der Kreis muss aber auch oberster Dienstleister seiner Städte sein“, sagt er. „Denn die Städte sind die Keimzelle unseres Gemeinwesens und die Orte, wo die Menschen leben.“ Für einen Landrat müsse deshalb gelten: „Es darf keine Entscheidungen des Kreises geben, die die finanzielle Leistungsfähigkeit der Städte gefährden.“

Klimpel findet, dass es dem Vest grundsätzlich an Selbstbewusstsein mangelt, obwohl es viel zu bieten habe. Er nennt als Beispiele die Chemiewirtschaft mit vielen Arbeitsplätzen, die Bildungslandschaft mit acht staatlichen Berufskollegs oder die herrliche Landschaft.

Auch im Ruhrgebiet gebühre dem Kreis ein höheres Gewicht. Aus dieser Überzeugung heraus hat sich Klimpel für das Ruhr-Parlament des Regionalverbandes Ruhr (RVR) aufstellen lassen, das am 13. September zum ersten Mal direkt vom Bürger gewählt worden ist. Klimpel stand auf Platz 4 der CDU-Liste, die insgesamt 27 Abgeordnete ins neue Parlament schickt. Er ist also dabei.

Bodo Klimpel ist Verwaltungsfachmann mit 40-jähriger Berufserfahrung. Über die Stadtverwaltungen von Neuss und Düsseldorf kam er 2001 nach Haltern am See, wo er erst Kämmerer war und danach dreimal zum Bürgermeister gewählt wurde. Im Halterner Rathaus ist er Chef von 370 Mitarbeitern, in der Kreisverwaltung hätte er es mit 2000 Beschäftigten zu tun. „Ich fühle mich gut vorbereitet, solch eine große Organisationseinheit zu leiten“, sagt er.

Mit Walken und Schwimmen hält sich der Schalke-Anhänger fit. Mit seiner Familie lebt der Naturliebhaber im Ortsteil Sythen. So oder so sind für den 56-Jährigen nun die letzten Wochen seiner Amtszeit als Bürgermeister angebrochen. Es sei eine bewegende Zeit gewesen, stellt er fest - und denkt dabei vor allem an den 24. März 2015, als 16 Schüler und zwei Lehrerinnen eines Halterner Gymnasiums beim Germanwings-Absturz in den Alpen ums Leben kamen.

Dieses Ereignis habe alles relativiert, sagt er, „auch vieles, über das wir in der Politik so diskutieren“. Klimpel ist Vater von zwei Kindern (25, 20). „Wenn ich nach Hause komme und mit meiner Familie am Abendbrottisch sitze, empfinde ich das als großes Glück.“

Der Kandidat der Partei, die das Amt meist inne hatte:

Das Ruhrfestspielhaus hat Michael Hübner nicht ohne Grund als Treffpunkt für das Gespräch mit unserer Redaktion vorgeschlagen. Ihm gefällt die Gründungsgeschichte: Bergleute der Zeche König-Ludwig helfen den vor der Schließung stehenden Hamburger Theatern im kalten Winter 1946/47 mit Kohle aus. Als Dank gastieren später Schauspieler aus dem hohen Norden in Recklinghausen. „Wir waren immer solidarisch“, sagt der SPD-Politiker. „Und deshalb hat das Ruhrgebiet jetzt auch Solidarität verdient. Wir dürfen sie einfordern. Beim Thema Altschulden brauchen wir sie auch.“

Michael Hübner möchte aus dem Landtag ins Kreishaus wechseln. © Stefan Diebäcker

Hübner würde sich als Landrat für einen Altschuldenschnitt stark machen: „Denn der ist für einen echten finanziellen Neuanfang nötig.“ Die zehn Städte im Kreis hätten in den vergangenen Jahrzehnten 2,6 Milliarden Schulden aufgenommen, um den Strukturwandel und die sozialen Lasten zu stemmen – „nicht, weil hier besonders schlecht gehaushaltet worden wäre“.

Hübner bezeichnet sich als Kind des Ruhrgebiets. Der 47-Jährige lebt mit seiner Frau Jessica und den Kindern Paul und Malu in Gladbeck. Dort ist der gebürtige Kirchhellener aufgewachsen, bei seinen Großeltern. Später studierte er in Duisburg Politik, Öffentliches Recht und Geschichte, war als Berater im Gesundheitswesen tätig und leitete zwischen 2009 und 2015 einen Betrieb in Castrop-Rauxel. Seit 2010 sitzt er im Landtag, seit 2015 ist er Vize-Fraktionschef der SPD. „Ich bin in Düsseldorf und Berlin gut vernetzt“, sagt er. Das sei wichtig, wenn es um Themen wie die Altschuldenübernahme durch Land und Bund gehe.

„Mein Ziel ist es, dem Kreis mit seinen mehr als 600.000 Einwohnern zu der Bedeutung zu verhelfen, die er verdient hat“, sagt Hübner. Gleichzeitig bräuchten die Städte im Kreis Unterstützung. Um die wolle er im Bund, im Land und im Ruhrgebiet kämpfen. Schließlich sei es die schlechte finanzielle Ausstattung der Städte im Revier gewesen, die ihn vor zehn Jahren in die Landespolitik gehen ließ. „Die hat mich geärgert. Ich fand das ungerecht.“

Hübner fährt Ski, spielt Badminton und ist mit Inlinern gerne auf der Zechenbahntrasse „Allee des Wandels“ unterwegs. Diesen Wandel will Hübner selbst vorantreiben. Er will den Kreis zu einer Wasserstoff-Region umbauen. Grüner Wasserstoff soll für Arbeitsplätze sorgen und dazu beitragen, dass die Industrieunternehmen ihren CO2-Ausstoß vermindern. „Ich sehe keine andere Region, die in diesem Bereich so gute Voraussetzungen hat wie wir“, sagt er.

Ein anderer Schwerpunkt: Mobilität. Nach seinen Vorstellungen soll der ÖPNV so ausgebaut werden, dass er für Autofahrer eine echte Alternative sein kann. Schließlich würde Hübner als Landrat dafür werben, dass zusätzliches Geld ins Gesundheitswesen und in die sozialen Dienste fließt.

Realisieren will Hübner seine Ideen unter anderem mithilfe eines Konjunkturprogramms nach der Corona-Krise, einer gerechteren Verteilung der Gelder zwischen Bund, Land und Städten - und besagten Schuldenschnitts. Den fände er solidarisch und gerecht.

Vielen Dank für Ihr Interesse an einem Artikel unseres Premium-Angebots. Bitte registrieren Sie sich kurz kostenfrei, um ihn vollständig lesen zu können.

Jetzt kostenfrei registrieren

Einfach Zugang freischalten und weiterlesen

Werden auch Sie RN+ Mitglied!

Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.

Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung

Bitte bestätigen Sie Ihre Registrierung durch Klick auf den Link in der E-Mail, um weiterlesen zu können.
Prüfen Sie ggf. auch Ihren Spam-Ordner.

E-Mail erneut senden

Einfach Zugang freischalten und weiterlesen

Werden auch Sie RN+ Mitglied!

Entdecken Sie jetzt das Abo, das zu Ihnen passt. Jederzeit kündbar. Inklusive Newsletter.

Sie sind bereits RN+ Abonnent?
Jetzt einloggen