Keinen Kita-Platz bekommen: Klage liegt bei Gericht
Familie verklagt Stadt Castrop-Rauxel
Zum ersten Mal ist die Stadt Castrop-Rauxel mit einer Kita-Platz-Klage konfrontiert: Familie Widerek aus Ickern hat keinen Kindergartenplatz für ihren dreijährigen Sohn Leon bekommen. Mithilfe eines Anwalts will sie jetzt ihren Rechtsanspruch auf Betreuung vor Gericht durchkämpfen.

Lisa und Alexander Widerek kämpfen jetzt mit einem Anwalt um einen Kita-Platz für Sohn Leon (3). © Widerek
Wie viele andere Eltern brauchte Familie Widerek in diesem Jahr einen Kindergarten-Platz für ihren Sohn Leon. Der ist drei Jahre alt und muss demnach im Sommer von seiner Tagesmutter Abschied nehmen, da er dann nicht mehr dort betreut werden darf. Mutter Lisa: „Bei der Tagesmutter ist er auch unterfordert, da bekommt er einfach zu viel Aufmerksamkeit.“ Lisa Widerek will ihn gerne in einer größeren Gruppe untergebracht haben.
Nachdem sie ihr Kind mithilfe des Kita-Navigators der Stadt Castrop-Rauxel bei diversen Einrichtungen angemeldet hatte, bekam sie jedoch eine Absage seitens der Stadt. Es gibt einfach zu viele Kinder für zu wenige Plätze.
Den Spross zu Hause zu betreuen, ist keine Alternative für die berufstätige Mutter, die sich Hilfe bei der Rechtsanwaltskanzlei Manuel Dreischhoff holte. Schließlich gilt der Rechtsanspruch auf Betreuung. Der Anwalt legte Widerspruch gegen die Ablehnung der Stadt ein und bekam als Antwort wieder eine Ablehnung - diesmal gegen den Widerspruch. Begründung: Es gebe schlicht und einfach keine Kapazitäten.
Damit war der Weg frei für die Klage, die Anwalt Dreischhoff Anfang der Woche beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingereicht hat. Bei der Stadt lag sie gestern nach Angaben von Sprecherin Maresa Hilleringmann noch nicht vor. „Die Stadt wird die Abschrift in ein paar Tagen vom Gericht bekommen“, erklärt Rechtsanwalt Tobias Selig aus der Kanzlei Dreischhoff. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Stadt, dass eine Familie diesen Weg geht. Bisher konnte das Jugendamt es noch immer abwenden und Plätze organisieren. Die Eltern des jungen Leon sind nicht die einzigen, die sich Rechtsbeistand geholt haben. Hilleringmann erklärt, dass ca. zehn Familien einen Anwalt eingeschaltet haben, um noch an einen Betreuungsplatz für ihre Sprösslinge zu kommen.
Wie geht es jetzt weiter? „Wir versuchen, nicht in Panik zu verfallen und vertrauen darauf, zu unserem Recht zu kommen“, sagt Lisa Widerek. Tobias Selig erklärt das weitere Prozedere: Die Stadt könne jetzt erstmal Stellung zu der Klage nehmen und auch eine Klageabweisung beantragen. Das werde aber wahrscheinlich nicht viel bringen. Schließlich werde es zu einer mündlichen Verhandlung kommen.
Sollte die Stadt den Eltern tatsächlich keinen Kita-Platz für Leon anbieten - was sie immer noch jederzeit tun kann, könnte es Schadenersatz geben. Der ist nach Angaben von Tobias Selig auf den Lohnausfall der Eltern gerichtet. Lisa Widerek arbeitet als Nageldesignerin und Vorwerk-Referentin, ihr Mann ist selbstständiger Gas-Wasser-Installateur. „Mit dem Geld kann ich aber in diesem Fall nicht viel anfangen“, sagt die entnervte Mutter. Die Tagesmutter würde ihren Sohn zwar privat weiter betreuen, aber letztendlich sei das nicht ihr Ziel.
Die Stadt äußerte sich nicht zu dem konkreten Fall. Sprecherin Maresa Hilleringmann betont jedoch, dass die Planungen für die temporäre Kita am Rathaus weiter laufen. In der „Kita am Stadtmittelpunkt in modularer Bauweise“, wie es offiziell heißt, sind 14 U-3-Plätze und 62 Ü-3-Plätze vorgesehen. Das Landesjugendamt hat die Betriebserlaubnis gegeben, als nächstes müssen öffentliche Ausschreibungen gemacht werden, damit der Bau zügig beginnen kann.
„Bis zu Beginn des Kindergartenjahres am 1. August wird das nicht klappen“, so Hilleringmann. Die Plätze, die dort geschaffen werden, seien aber noch nicht vergeben und Notfälle, wie die der Familie Widerek seien dann prioritär. Es besteht also Hoffnung für Familie Widerek und auch für alle anderen, die noch keinen Platz haben.