Gestohlenes Wohnmobil gekauft
Waldemar Tiede hat 41.000 Euro für Diebesgut ausgegeben
Waldemar Tiede (67) aus Castrop-Rauxel ist bereits seit zwei Jahren Besitzer eines Luxus-Wohnmobils. Fahren darf er damit aber nicht. Stattdessen hat Tiede jede Menge Ärger.
Waldemar Tiede ärgert sich jeden Tag darüber, dass er sein teuer gekauftes Wohnmobil nicht fahren darf.
Mit 41.000 Euro in der Tasche war Waldemar Tiede am 29. Juli 2016 nach Frankreich geflogen. Ziel: Die Stadt Clermont-Ferrand. Genauer: der nahegelegene Flughafen. Dort wollte sich der 67-Jährige ein gebrauchtes Wohnmobil von Mercedes-Benz, Modell Rapido, kaufen. Es war der Anfang einer langen Leidenszeit, die bis heute anhält.
„Ich bin völlig fertig. Das geht auf die Pumpe, ich träume fast jede Nacht davon“, berichtet Tiede niedergeschlagen. Der Grund: Der 67-Jährige ist bei dem Kaufgeschäft einer Gruppe Krimineller auf den Leim gegangen. Denn das Wohnmobil, das er vor zwei Jahren erwarb, war zuvor gestohlen worden. Das realisierte Tiede aber letztlich erst, als er das Fahrzeug in Deutschland beim Straßenverkehrsamt in Marl anmelden wollte.
„Ich dachte, ich bin im falschen Film.“
Tiede erinnert sich: „Die Dame der Zulassungsstelle hat sich alles angeschaut und mir dann gesagt, dass das Fahrzeug in Frankreich als gestohlen gemeldet ist.“ Kurze Zeit später seien drei Polizisten gekommen, um seine Personalien aufzunehmen. „Ich dachte, ich bin im falschen Film.“
Entdeckt hatte der 67-Jährige das Fahrzeug auf der Internetplattform mobile.de. „Es war ein privater Verkäufer, der sehr gut deutsch sprach und mir erzählte, er bräuchte das Wohnmobil nicht mehr, da er sich in Frankreich ein Haus gekauft hätte. Ich könne es dort abholen.“ Misstrauisch sei er damals nicht gewesen. „Das Angebot war einfach zu gut“, so Tiede.
Bei Schnäppchen immer aufpassen
Ein Punkt, der hätte hellhörig machen müssen. Ramona Hörst, Pressesprecherin der Polizei im Kreis Recklinghausen, erklärt: „Bei sogenannten Schnäppchen sollten die Antennen hochgehen. Denn so etwas hat oftmals einen Haken. Eine gesunde Portion Skepsis ist immer gut.“ Und bei einem Autokauf im Ausland sei es zudem ratsam, so Hörst, die Rahmenbedingungen und die örtlichen Gegebenheiten im Vorfeld zu überprüfen.
All das machte Waldemar Tiede jedoch nicht. „Heute würde ich das nicht mehr so machen“, sagt er, „die Typen hätten mich ja auch einfach ausrauben können.“ Tat die Gruppe, die laut Landeskriminalamt (LKA) aus britisch-irischen und südosteuropäischen Personen besteht, aber nicht. Stattdessen manipulierten die Kriminellen die Fahrzeugpapiere, die sie zuvor gestohlen hatten. So stimmten die mit der Fahrgestellnummer des ebenfalls gestohlenen Wohnmobils überein. „Da passte alles zusammen“, so Tiede. Und exakt mit dieser Masche soll die Gruppe, die in NRW und Frankreich ihr Unwesen trieb, insgesamt 15 Millionen Schaden angerichtet haben.
Die „Verkäufer“ waren auf einmal weg
Lediglich das Verkaufsgeschäft als solches hätte ihn, berichtet Tiede, seinerzeit kurz irritiert. „Ich wurde am Flughafen von der angeblichen Tochter des Verkäufers abgeholt“, erinnert er sich, „dann sind wir zu dem Wohnmobil gefahren.“ Das habe aus angeblichen Platzgründen nicht beim Verkäufer zu Hause gestanden. „Das ist ja nicht weiter verwunderlich. Nicht jeder hat dafür den Platz vor der Tür“, sagt der 67-Jährige. Dann allerdings ereigneten sich Dinge, die Tiede ins Grübeln kommen ließen. „Ich habe das Geld überreicht und dann haben sich der Mann und die Frau zurückgezogen, um es zu zählen und etwas zu besprechen. In der Zeit habe ich mir das Wohnmobil angeschaut. Die Papiere hatte ich auch schon geprüft und in der Hand.“ Das Problem: Die „Verkäufer“ kamen nie wieder zurück. Auch auf Tiedes Anrufe hätten sie nicht mehr reagiert. „Das war sehr komisch. Die Leitung war tot. Aber was sollte ich machen? Außerdem hatte ich ja alle Unterlagen“, so Tiede.
Fahrzeug liegt seitdem still
Er sei dann zurück nach Deutschland gefahren, um das Fahrzeug am 1. August 2016 ordnungsgemäß anzumelden. „Als das dann nicht ging, ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Da erst habe ich realisiert, was passiert ist“, berichtet der 67-Jährige. Da die Papiere des Fahrzeugs eine Fälschung waren und das Fahrzeug zudem bis heute auf einer Fahndungsliste steht, darf Tiede das Fahrzeug nicht bewegen. Erst stand es bei einem Bekannten in Recklinghausen, jetzt bei Tiedes Arbeitgeber, einem Taxiunternehmen in Ickern. „Es ist einfach frustrierend. Das Fahrzeug setzt Grünspan an, gammelt vor sich hin und ich muss dabei tatenlos zuschauen“, sagt er verärgert.
Kampf um das Wohnmobil geht weiter
Dass sich die Geschichte derart in die Länge zieht, habe damit zu tun, dass sich die Behörden in Frankreich und Deutschland nicht einig geworden seien, wer dafür zuständig sei, das Fahrzeug von der Fahndungsliste zu streichen. Seit Anfang des Jahres lägen die Akten beim Bundeskriminalamt (BKA). Ausgang offen. „Ich kann nur warten“, seufzt Tiede.
Rechtmäßiger Besitzer sei er, nur eben ohne gültige Papiere. Die Versicherung des bestohlenen „Vorbesitzers“ habe den Geschädigten ausgezahlt. „Die Versicherung kann ihrerseits allerdings jetzt auch noch Ansprüche auf das Fahrzeug geltend machen“, erklärt Tiede.
Er kämpfe mit Hilfe von Anwälten dafür, das Wohnmobil irgendwann doch noch endlich ordnungsgemäß anmelden zu können. „Damit der Albtraum ein Ende hat.“