
Waldemar Tiedes Grill-Lore lädt Bauchspeck und Steaks
Umgebauter Förderwagen im Garten
Es ist ein Unikat, das Waldemar Tiede in seinem Garten im Castroper Stadtteil Ickern stehen hat und man sieht erst auf den zweiten Blick, worauf der 67-Jährige da Bauchspeck und Würstchen grillt: Auf einer alten Lore, die einst in der Zeche Gneisenau ihren Dienst tat. Es ist kaum zu glauben, für welchen Preis Waldemar Tiede die Lore einst erstanden hat.
Im Garten eines früheren Zechenhauses in Ickern steht sie. Mit einem selbstgebauten Dach, das als Abzug und Regenschutz dient. Auf zwei Schienen, die Waldemar Tiede ebenfalls von der alten Zeche Gneisenau bekommen hat. Mit einer verschließbaren Klappe und einem großen Grillrost, der in variierbarem Abstand über der Kohle positioniert werden kann. Mit einem gewissen Stolz zeigt Waldemar Tiede seine Lore, einen Förderwagen, der einst Steinkohle von unter Tage ans Tageslicht beförderte.
Waldemar Tiede befüllt seine Lore mit Holzkohle und wenn die schön angefeuert ist, legt er Bauchspeck, Nackensteaks und Würstchen auf den Rost. "Ich bin Camper und da muss gegrillt werden", sagt er. Vor gut 25 Jahren fasste er den Entschluss, sich eine Lore zu besorgen und für Waldemar Tiede war sofort klar: "Da bau ich mir einen Grill draus. Wenn man sonst alte Loren irgendwo rumstehen sieht, dienen die immer als Blumenkübel. Ich wollte was anderes machen."
Vater war unter Tage
Mit dem Bergbau zu tun hat Waldemar Tiede sein Leben lang - zumindest indirekt. Sein Vater fuhr unter Tage. "Der hat immer Nachschicht gekloppt. Sie nannten ihn 'Tucker', weil er mit seiner Maschine immer in die Wand getuckert hat." Gustav, so hieß Waldemar Tiedes Vater mit richtigem Namen, erzählte daheim nie was von seiner Arbeit unter Tage. Dass die Arbeit gefährlich sein konnte, war dem damals jungen Waldemar bewusst. "Klar, hat man sich auch Sorgen gemacht. Einmal hatte mein Vater einen Unfall, eine Rückenverletzung nach einem Steinschlag, da lag er mehrere Wochen im Krankenhaus."
Dass Waldemar Tiede selbst nicht unter Tage wollte, stand für ihn früh fest. "Ich muss ein Fenster aufmachen können, wenn ich arbeite." Viele Jahre seines Lebens steuerte er Reisebusse - das war abwechslungsreich und man konnte das Fenster herunterkurbeln. Wenn keine großen Routen anstanden, fuhren Tiede und seine Kollegen Berufsverkehr, Zechenlinien. "Da habe ich die Bergleute von und zur Arbeit gebracht." Auf der Zeche Gneisenau wurde bis zum 4. August 1985 Steinkohle gefördert. Die auf der Zeche vorhandene Kokerei produzierte noch bis zu ihrer Stilllegung im Jahre 1989.
Eine Flasche Klaren
In dieser Zeit kam Waldemar Tiede auch die Idee mit der Lore, die er zu einem Grill umbauen wollte. "Da habe ich einfach die Bergleute gefragt und die meinten, ich solle einfach mal vorbeikommen." Das tat Waldemar Tiede, mit einem Anhänger sowie einer Flasche Schnaps und einem Kasten Bier. "Das war der Preis für die Lore, eine Flasche Klaren und ein Kasten Pils." Mit einem Gabelstapler wurde die Lore auf den Autoanhänger gehievt. Zuhause in der Elbinger Straße mussten Nachbarn und Freunde mit anpacken.
"Mit sechs Mann auf zwei Holzbohlen haben wir die Lore in den Garten geschleppt, dass war ein ganz schöner Kraftakt", erinnert sich Tiede. Einige Zeit später erfolgte der Umbau. Waldemar Tiedes Frau Andrea lackierte die Lore, er goss das Fundament, verlegte die beiden Schienenstücke, die er ebenfalls auf der Zeche bekommen hatte und setzte die Lore darauf - wieder mit der Hilfe von fünf starken Männern.
Gefährliche Anfertigung: Die Hose brannte
Bei Rheinzink, wo Waldemar Tiede nach seiner Zeit als Busfahrer arbeitete, fertigte er das Dach mit dem Abzug. Brenzlig wurde es, als er in den Mantel der Lore die verschließbare Klappe flexte. "Da fliegen natürlich die Funken und plötzlich wurde mir ganz warm. Als ich an mir runtersah, wusste ich auch warum: Meine Hose hat gebrannt", erinnert sich Tiede und lacht.
Aber der Einsatz hat sich gelohnt. Die Grill-Lore ist zu einer festen Institution im Leben der Tiedes geworden. "Wir grillen das ganze Jahr durch und haben etliche große Feste hier im Garten gefeiert." Und doch hat Waldemar Tiede noch einen Plan für seine Lore. "Ich will da noch einen Motor reinbauen, damit ich so einen Spieß für Grillhähnchen befestigen kann, der sich dreht."
1976 in Krefeld als Sohn einer Lehrerin und eines Richters geboren. Seit über 20 Jahren wohnhaft in Münster. Beruflich in Dortmund zuhause. Verheiratet, zwei Kinder. Politisch und sportlich eher rot als schwarz-gelb. Motto: Lokaljournalismus muss auch unbequem sein.
