
© Tobias Weckenbrock
Warum sich Casconcept für die Gründung einer GmbH fürs Stadtmarketing ausspricht
Wirtschaftsförderung
Sie gelten als Vorreiter. Das sprach Bürgermeister Rajko Kravanja am Montagabend bei Casconcept aus. Pioniere für eine neue Wirtschaftsförderung, wie sie Castrop-Rauxel wohl bekommen wird.
Bei der Jahreshauptversammlung der Standortgemeinschaft Casconcept war das Gutachten zur Gründung einer neuen Wirtschaftsförderungs-GmbH in Castrop-Rauxel eines der zentralen Themen. „Können wir vielleicht bald in einer Gesellschaft für Stadtmarketing mitmachen?“, fragte der Vorsitzende Matthias Zimmer in seinen Worten in die Runde der rund 50 anwesenden Mitglieder aus der Altstadt am Montag im Wichernhaus.
„Stadtmarketing ändert sich. Werbegemeinschaften haben sich verändert“, so Zimmer. In den Nebenzentren unserer Stadt, so seine Ansicht, seien kaum noch wirtschaftliche Vereinigungen aktiv, dafür hätten Stadtteilvereine das Zepter an vielen Stellen übernommen. „Wir sind die einzige Standortgemeinschaft, die geblieben ist“, so Zimmer, der dabei die zwar nicht ganz so rege, aber doch aktive Inwerb an der Langen Straße in Habinghorst etwas übersah.
Kundenrückgang in den Innenstädten
„Die Lösung könnte sein, eine Stadtmarketinggesellschaft zu gründen. Stadtmarketing und Stadtentwicklung gehören zusammen“, so Zimmer weiter. Das Westring-Center und die Läden an der Siemensstraße zögen Menschen aus den Innenstädten fort. „Das hat zur Folge, dass in Innenstädten ein Kundenrückgang zu verzeichnen ist.“ Um die Innenstadt attraktiv zu erhalten, sei eine ganzheitliche Betrachtung der Stadt notwendig, die Wirtschaft, Kultur, Soziales, Freiräume und Infrastruktur mitdenke. „Das muss ein strategisch ausgerichtetes Stadtmarketing sein, das auch die Bürger anspricht.“
Professor Claudius Schmitz, Handels- und Marketingexperte der Westfälischen Hochschule, war zu Gast an diesem Abend bei Casconcept. Er sagte: „Ich würde einen Stadtmarketing-Kreis bilden mit sehr unterschiedlichen Personen: ein paar junge Leute, ein paar Studenten, ein paar Leute aus verschiedenen Disziplinen wie Informatik, von der Wirtschaftsförderung, eine Gruppe von vielleicht sieben oder ein paar mehr Leuten, die sich jetzt Gedanken machen über neue Ideen, wie man sie umsetzen kann...“ Zudem, so Schmitz, „würde zunächst einmal eine Stadtmarketing-Gesellschaft gründen. Das ist eine geniale Idee.“
Ralph Potthoff-Kowol, 2. Vorsitzender von Casconcept, ergänzte das mit dem Stichwort „proaktiver“ Arbeit: „Das sind Themen, die für unsere Stadt und die Region von absoluter Wichtigkeit sind“, so der Jurist aus dem Erin-Park.
Erkenntnis-Prozess über viele Jahre
Bürgermeister Rajko Kravanja, selbst im Vorstand der Castroper Standortgemeinschaft, erläuterte die Vorgehensweise der Stadtverwaltung. „Wir haben bei der letzten Casconcept-Jahreshauptversammlung dazu einen Aufschlag gemacht. Auch für mich war es ein Erkenntnis-Prozess über viele Jahre, dass man das Thema neu denken muss: Was ist Wirtschaftsförderung heute, was war sie einst? Pflicht und Kür, so unterteile ich das. Die Pflicht ist: Man muss Flächen bereitstellen, vermarkten, Kunden dafür akquirieren - und das Unternehmen siedelt sich an. Man kann das mit der Altbestandsvermarktung, sprich leer stehenden Immobilien, ergänzen.“
Das sei die klassische Wirtschaftsförderung, so habe man sie stets verstanden und auch erfolgreich betrieben, wie Vergleiche mit anderen Kommunen in Indizes herausgestellt hätten. „Das ist auch weiterhin die Pflicht“, so Kravanja. „Hinzugekommen ist aber der Bereich Stadtmarketing. Wie attraktiv ist eine Stadt? Das hat mit Imagebildung und Stadtmanagement zu tun.“ Die Zusammenarbeit von Casconcept, einem Verein mit rund 100 meist gewerbetreibenden Mitgliedern, mit professioneller Unterstützung der Forum GmbH, sei vorbildlich. Ein gutes, gelungenes Beispiel sei die Entwicklung der Ickerner Straße: „Da tut sich was, da ist wieder Leben drin“, so Kravanja.
Unternehmen prüfen Kundenfrequenz in der Innenstadt
Kravanja sagte, dass Handelsunternehmen vor einer Ansiedlung prüften, „wie viel Durchlauf wir denn in der Innenstadt haben. Das können wir doch beeinflussen, indem wir attraktive Veranstaltungen schaffen.“
Potthof-Kowol ging auf die Ergebnisse des Gutachtens, die Kravanja vorstellte, ein - vor allem auf die Vergleiche mit anderen etwa gleich großen Städten wie Gladbeck, Rheine und Bocholt. „Das war vom Ergebnis durchschlagend. Im Vergleich mit anderen Städten ist das Ergebnis: Wir sind in allen Belangen hinten dran. Für mich ist das keine freiwillige Geschichte, sondern eine Kernkompetenz einer Stadt.“ Was seit Jahren fehle, sei eine proaktive Wirtschaftsförderung und ein proaktives Stadtmarketing.
Ein Profil für Castrop-Rauxel finden
„Diese Missstände muss man aufgreifen“, so Potthof-Kowol. „Wir haben in Castrop-Rauxel eine überragende Wohnqualität, wir haben hier viele Pendler, die nicht aus der Not heraus hier leben. Man müsste mit einer guten Truppe mal herausarbeiten: Wofür steht Castrop-Rauxel? Ein Profil finden.“ Auf Dauer werde das mit den Strukturen, dass hier und da ein paar Dinge aufgehängt seien, also teils bei Verwaltung, EUV und in Vereinen, immer schwieriger. „Die Themenbereiche sollte man zusammenführen. Wir wollen uns als Vorstand zielorientiert in den Dialog einbringen.“
Matthias Zimmer schloss so: „Wir würden diesen Weg gerne gehen, weil wir glauben, dass wir neue Strukturen brauchen, um in die Zukunft zu kommen.“
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
