
© Tobias Weckenbrock
Warum die Stadtverwaltung das Baugebiet nördlich der Heerstraße unbedingt entwickeln will
Wohnen an der Emscher
Über die 250 Jahre alte Eiche im Neubaugebiet zwischen Heerstraße und der Emscher wird diskutiert. Die Ersatzpläne von Grünen und BUND zur Rettung des Baumes sind womöglich zu oberflächlich.
Über die Brachfläche zwischen den Häusern am Rande der Heerstraße in Habinghorst und der Emscher, die den Ortsteil von Henrichenburg trennt, wird debattiert. So stark, wie das kaum zu erwarten war. Denn eigentlich schien 18 Jahre, nachdem zum ersten Mal über eine Bebauung dieser Fläche gesprochen wurde, in den vergangenen Monaten alles auf eine Umsetzung des aktuellen Plans hinzudeuten. Dann geriet dieser eine unter den rund 300 weiteren Bäumen in den Fokus: die mächtige Stieleiche etwa in der Mitte der Fläche, die auf rund 250 Jahre geschätzt wird. Sie stünde genau da, wo eine Straße verliefe - und müsste gefällt werden.
Nachdem die Grünen und der BUND zwei Alternativpläne als Skizzen vorgelegt haben, meldet sich nun die Stadtverwaltung zu Wort. „Wenn ich die Entwürfe der Hobby-Stadtplaner sehe“, so der Technische Beigeordnete Heiko Dobrindt am Dienstag im Gespräch mit unserer Redaktion, „dann ist das alles ein bisschen zu einfach. Ein solches Baugebiet ist hochkomplex.“ Es gehe nicht nur um die wirtschaftlichen Faktoren, sondern um echte Fachfragen: Was sieht das Entwässerungskonzept vor? Es brauche hier zum Beispiel ein Regenrückhaltebecken und ein Pumpsystem zur Emscher, man müsse das Gelände zum Teil anheben, damit der Ablauf funktioniert. Wie sieht es mit Kampfmitteln im Untergrund aus? Man müsse den Untergrund absichern, man habe durch die Hochspannungsleitung, die über dem Gelände verläuft, besondere Restriktionen zu beachten.
„Es sind viele Dinge, die nicht so einfach zu lösen sind - ein hochkomplexes Geflecht von Rahmenbedingungen, die abgesteckt werden müssen“, erklärte Dobrindt am Dienstag. Und: „Dass es hier besonders schwierig ist, sieht man an der langen Vorlaufzeit der Planung.“ Einige Projektentwickler hätten sich auch nach drei bis vier Jahren Arbeit an dem Projekt abgewendet. Nun habe man einen und stehe vor der Frage: Wollen wir seine Pläne ermöglichen und den alten Baum fällen? Das müsse die Politik abwägen.
Ausgleich durch Ersatzbäume soll gewährleistet sein
Eine Ersatzbepflanzung für die Stieleiche und die anderen Bäume sei eingeplant. Die Untere Landschaftsbehörde habe zudem keine Bedenken geäußert, die alte Eiche sei nicht geschützt. Sie steht nicht in der Liste der Naturdenkmäler.
Heiko Dobrindt am Dienstag: „Die einfachen Baugebiete in der Stadt sind längst entwickelt. Bei denen, die bleiben, taucht immer irgendwo eine Kröte auf, die zu schlucken ist.“ Die Stadt habe sich bei der Neuauflage des Flächennutzungsplans 2012 stark eingeschränkt, was die Ausweisung neuer Bauflächen angehe. Diese wenigen Flächen im städtischen Innenraum, und dazu gehört diese, müsse man nun eigentlich nutzen, wenn man das Ziel verfolgen wolle, Castrop-Rauxel weiterzuentwickeln. Die Stadt brauche zurzeit nach aktuellen Berechnungen rund 160 Wohneinheiten, auch um potenziellen Neubürgern etwas anbieten zu können. Bei schrumpfender Einwohnerzahl ist das umso wichtiger im innerstädtischen Wettbewerb um die Ansiedlung von Menschen, die „in Castrop-Rauxel wohnen, aber im Ruhrgebiet leben“, so Bürgermeister Rajko Kravanja in einem seiner Credos für die Europastadt.
Die hohe Hürde der Landesplanung
Würde man nach anderen potenziellen Baugebieten suchen, damit die Einwohnerzahl nicht zu stark sinkt, müsste man die hohe Hürde der Landesplanung nehmen: Der Flächennutzungsplan müsste dafür geändert werden. Daran arbeitet die Stadtverwaltung zusammen mit der Politik im Prinzip parallel, denn man versucht, gegen den geltenden Regionalplan zu wirken. Das allerdings kostet Zeit und bedarf großer Anstrengungen.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
