Warum die holprigste Straße der Stadt Castrop-Rauxel nicht saniert wird

© Tobias Weckenbrock

Warum die holprigste Straße der Stadt Castrop-Rauxel nicht saniert wird

rnWewelingstraße

Sie sieht aus wie ein Schlachtfeld, die Straße zum Yachthafen und zum Sportplatz. Die Autos fahren im Slalom um die tiefsten Löcher herum. Willkommen auf der Wewelingstraße.

Pöppinghausen

, 22.09.2018, 14:26 Uhr / Lesedauer: 3 min


Es ist die wohl mieseste Straße in Castrop-Rauxel – zumindest der eine Teil der Wewelingstraße. Wer über den Ringelrodtweg Richtung Sportplatz des SuS Pöppinghausen und AMC-Yachthafen fährt, wird vom Umspannwerk bis zum Radweg auf der einstigen König-Ludwig-Trasse ordentlich durchgeschüttelt. Man kann kaum mehr von Straße sprechen. Es ist die Geschichte von einer Debatte um einen Erstausbau, bei dem die Kosten auf die Anwohner umgelegt würden; um die Frage, ob es sich überhaupt um eine Straße oder vielleicht doch nur einen Wirtschaftsweg handelt. Der zuständige EUV Stadtbetrieb versuchte in der Vergangenheit in Gesprächen mit Anwohnern, zu erklären, warum hier nichts gemacht wird.


Teilstück mit wenigen Anwohnern

Es ist nur ein Teilstück der Wewelingstraße, mit wenigen Anwohnern hinterm RWE-Umspannwerk auf der einen und einem Acker auf der anderen Straßenseite. Der Teil etwa ab dem Parkplatz des Sportplatzes ist seit 2016 kein Diskussionsthema mehr. Dort ist der Straßenbelag heute aalglatt. Mit Geldern der Emschergenossenschaft wurden Kanäle zur Entwässerung, auch für die Anwohner, gelegt, und der Belag erneuert. Für den anderen Teil sind keine externen Geldgeber in Sicht. Und die Stadt hat unterm Spar-Diktat des Stärkungspaktes kaum Geld.

Flicken hilft nicht mehr

Die Eheleute Vogel wollen das nicht mehr hinnehmen. Seit Jahrzehnten ärgert sich die Anwohnerfamilie, weil sie sie täglich befährt. Immer wieder sei sie geflickt worden. Immer mit Kaltasphalt, der in die Löcher zwischen den Asphaltspitzen des alten Belags gekippt wird. Eine Laster-Ladung der Mitarbeiter reicht bei weitem nicht. Und nach ein paar Wochen sind die Löcher wieder da, weil der Kaltasphalt nicht hält. Die Vogels schrieben einen Leserbrief an die Zeitung, gingen zur Sprechstunde des Bürgermeisters und zu der des Bundestagsabgeordneten Frank Schwabe (SPD). Ergebnis: Das Thema steht bei ihnen weiter oben auf der Agenda. Aber reicht das aus?

Markus Genster, beim EUV zuständig für Sportplätze, Straßenunterhaltung und Kanalbau

Markus Genster, beim EUV zuständig für Sportplätze, Straßenunterhaltung und Kanalbau © Tobias Weckenbrock

Spricht man den EUV an, wie unsere Redaktion das nun ausführlich tat, wird deutlich, dass es kompliziert ist. Denn es gibt viele Fragen, die zu klären sind. Zunächst war unklar, ob es sich hier überhaupt um eine Straße handelt oder lediglich um einen Wirtschaftsweg. Für Gemeindestraßen ist die Stadt als sogenannter Baulastträger zuständig. Man schaute dafür in historische Karten. Ergebnis: Es handelt sich um eine Straße. „Sie hat sich historisch entwickelt und wir sind nun gefragt, für dieses Teilstück zu prüfen: Wie kommen wir zur Umsetzung?“, sagt Vorstand Michael Werner.

Die nächste Frage, die zu klären sei: Wem gehören eigentlich die Flur- bzw. Grundstücke, auf denen die Straße liegt? Die meisten Straßen, so Werner, lägen auf städtischem Grund. Hier sei das Problem, dass einige Eckchen Privatgrund in die Straße reichen. „Aus welchen Gründen auch immer“, so Werner. Wenn die Eigentümer nicht aus Castrop-Rauxel, nicht aus Deutschland, nicht aus Europa kämen, dann würde es kompliziert. Denn nur mit einem Einverständnis kann die Stadt bauen. „Wir wollen den Grund in städtisches Eigentum überführen“, so Werner – es seien nur ein paar Ecken.

Müssen Anwohner zahlen?

Dann steht laut Werner die Frage an: Handelt es sich um einen Erstausbau? Dann müssten die Anwohner 90 Prozent der Kosten tragen. Auf dem langen geraden Wegstück sind es nur eine Handvoll Parteien. Das Strom-Umspannwerk von RWE falle ebenso raus wie Landwirte. Für Anwohner würde das also teuer. Wäre es kein Erstausbau, sondern eine Wiederherstellung, dann richtete sich der Beitrag der Anwohner nach den Prozentsätzen aus einer seit 2010 geltenden städtischen Satzung – 60 Prozent Anteil, wie Michael Werner sagt.

Und dabei liefen laut Werner zurzeit die Baupreise weg. Tiefbauprojekte würden derzeit etwa 20 Prozent teurer. Jedes Jahr legen die Firmen in ihren Angeboten drauf, weil Angebot und Nachfrage den Preis regeln, die Auftragsbücher voll sind. Man müsse zudem den Untergrund der Straße überprüfen – eine Kostenschätzung traue sich Werner darum aus dem Stegreif nicht zu. Und eine weitere Frage sei die nach der Beleuchtung.

Klärung kann zwei oder drei Jahre dauern

All diese Klärungen könnten zwei, drei Jahre dauern, so Werner – bis am Ende die Politik prüft und das Projekt in die Finanzplanung der Stadt übernommen wird. Oder auch nicht.

Dennoch komme der EUV an einer Frage nicht vorbei: der nach der Verkehrssicherungspflicht. Ist die Straße nicht mehr sicher, müsste sie gesperrt werden. Im ersten Schritt für Lastverkehr, den es immer wieder zum Yachthafen des AMC gibt. In einem zweiten Schritt vielleicht auch für Autos. Markus Genster, der Fachmann im EUV für Straßenbau, sagt: „Wir beurteilen die Straßen stets nach Unfallgefahr, daraus ergeben sich Prioritäten. Und die sind jeden Tag neu.“

Karl-Heinz Vogel ist mit seiner Familie seit über 30 Jahren Anwohner der Wewelingstraße. Der Straßenabschnitt, an dem er direkt wohnt, ist 2016/17 saniert worden. Der andere Abschnitt, das gerade Stück zum Ringelrodtweg, dagegen ist eine Holperpiste sondergleichen.

Karl-Heinz Vogel ist mit seiner Familie seit über 30 Jahren Anwohner der Wewelingstraße. Der Straßenabschnitt, an dem er direkt wohnt, ist 2016/17 saniert worden. Der andere Abschnitt, das gerade Stück zum Ringelrodtweg, dagegen ist eine Holperpiste sondergleichen. © Tobias Weckenbrock

„Wir sind bestrebt, Lösungen zu finden“, sagt Michael Werner. Die Straße 2016 komplett bis zur 90-Grad-Kurve zum Ringelrodtweg zu machen, war nicht möglich. Ist der Rest der Straße heute unwichtig, weil er in einer Randlage liegt? „Keine Straße ist unwichtig“, entgegnet Werner, „jede hat eine Funktion.“ Aber: „Es ist eben Außenbereich. So schön man dort wohnt – man muss vielleicht auch mit entsprechenden Wegen leben.“

Man könne über die Straße eigentlich gar nicht mehr fahren, findet Wilfried Leder, der sich an unsere Redaktion wendete. Karl-Heinz Vogel nennt das, was da zurzeit läuft, Asphaltroulette und findet: „Es ist kein Wirtschaftsweg, sondern eine Gemeindestraße mit öffentlichen Aufgaben. Wir hatten hier früher die Volksschule, das Asylheim, die Leute müssen zum Yachthafen und zum Sportplatz. Da kann man nicht sagen: Wir machen gar nix!“

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