Wahlarena zur Landtagswahl 2022: die Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion.

© Tobias Weckenbrock

Wahlarena: So waren die Direktkandidaten für die Landtagswahl im WK RE IV

rnLandtagswahl 2022

Sechs Politiker, viele Fragen und zum Teil entlarvende Antworten: Bei einer Podiumsdiskussion kamen die Direktkandidaten für Castrop-Rauxel, Datteln und Waltrop zu Wort. Wer hat gewonnen?

Castrop-Rauxel, Datteln, Waltrop

, 05.05.2022, 20:51 Uhr / Lesedauer: 3 min

Lisa Kapteinat (SPD), Patrick-Benjamin Bök (CDU), Maximilian Großer (Grüne), Fotis Matentzoglou (Linke), Robert Golda (FDP) und Hans-Jürgen Hofstätter (AfD): Fünf Männer, die einer Frau ihren Sitz im Landtag in Düsseldorf abspenstig machen wollen. Wie schlugen sie sich auf dem Podium? Die Wahlarena von „Ruhr Nachrichten“, „Dattelner Morgenpost“ und „Waltroper Zeitung“ zehn Tage vor dem Wahltag hörte genau hin.

Einen Gewinner zu küren: schwierig. Gewinner war bei vielen Themen überraschend der Konsens. Alle Kandidaten sprachen sich für eine Abschaffung der Kita-Elternbeiträge aus. Alle Kandidaten wollen mehr Lehrer, fordern eine Übernahme von Aufgaben durch Verwaltungs- oder IT-Personal, die nichts mit Lehre, sondern mit Technik oder Organisation zu tun haben. Alle wollen eine Polizei, die wieder mehr Freund und Helfer ist und präsenter auf den Straßen ist.

Wer das bezahlen soll? Wie man es regeln will? Wie man den Mangel an Fachkräften besiegt? Viele Antworten auf diese Fragen blieben offen, auch wenn Lisa Kapteinat (SPD) an einer Stelle der Debatte sagte, dass man trotz Corona heute finanziell viel bessere Möglichkeiten im Land habe als zu Zeiten der rot-grünen Regierung, also vor der letzten Landtagswahl, nach der Schwarz-Gelb übernahm. Ziemlich einig waren sich die Kandidaten so auch in der Frage nach den Altschulden: Fotis Matentzoglou forderte einen Schuldenschnitt ebenso wie der AfD-Kollege Hofstätter, Kapteinat und Großer sprachen von einem Altschuldenfonds. Patrick-Benjamin Bök und Robert Golda wehrten das nicht ab, richteten den Fokus aber auf die Einnahmeseite. Da müsse mehr generiert werden.

Wahlarena zur Landtagswahl 2022: die Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion.

Wahlarena zur Landtagswahl 2022: die Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion. © Tobias Weckenbrock

Woher das Geld nehmen? Eine Möglichkeit sehen viele Parteien in einer wirtschaftlichen Stärkung unserer Region unter anderem durch das Projekt NewPark in den Waltroper und Dattelner Rieselfeldern, angeschlossen an das überregionale Straßennetz durch die B474n. Während CDU-Kandidat Bök beide Entwicklungsprojekte vehement forderte und eine dringend notwendige Verkehrs-Entlastung für die B235 erwarte, argumentierte Maximilian Großer klar dagegen: „Der NewPark ist ein großflächiges Industriegebiet auf Naturflächen. Zu dessen Erschließung wird die B474n gebaut, die mehrere 100 Hektar Waldflächen und vier Naturschutzgebiete durchschneidet. Man rodet Wälder, nimmt landwirtschaftliche Flächen – in der Hoffnung, dass sich vielleicht in der Zukunft ein Unternehmen findet, dass in Datteln ins Grüne möchte.“

Wahlarena zur Landtagswahl 2022: die Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion.

Wahlarena zur Landtagswahl 2022: die Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion. © Tobias Weckenbrock

Die SPD offenbarte in diesem Thema einmal mehr ihre Zerrissenheit: „Echt ein schwieriges Thema“, so Lisa Kapteinat. „Wir haben uns in Castrop-Rauxel gegen die Trassenführung der B474n auf unserem Stadtgebiet entscheiden. Die Entlastung der B235 ist nach neueren Gutachten nicht so hoch, wie sie mal gesehen wurde. Wie sinnvoll ist so eine Straße heute noch ist, sei auch dahin gestellt. Gleichwohl komme ich nach Abwägung zum Ergebnis: Ja, die Straße soll gebaut werden.“ Gleiches gelte für den NewPark: „Wenn wir als Emscher-Lippe-Region unsere wirtschaftliche Situation stärken und jungen Leuten Perspektive schaffen wollen, dann müssen wir Flächen entwickeln.“

Wahlarena zur Landtagswahl 2022: die Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion.

Wahlarena zur Landtagswahl 2022: die Direktkandidaten bei einer Podiumsdiskussion. © Tobias Weckenbrock

Bök brachte die Runde zu verwunderten Blicken, als er noch einwarf, man müsse ja auch aufgrund des Klimawandels umdenken: Die Hochwasserereignisse hätten gezeigt, dass man vor allem innerstädtisch entsiegeln müsse. Darum sei die Besiedelung einer Fläche im Außenbereich eine sinnvolle Alternative. „Wir sehen doch gerade jetzt: Wir wollen nicht alles, was wir brauchen, in China produzieren lassen.“

„Lehrer von Aufgaben entlasten“

Landespolitik hat vor allem Gestaltungsmöglichkeiten in den Schulen. Von 10.000 neu geschaffenen Lehrerstellen, die Schwarz-Gelb für sich beansprucht, seien 8000 noch unbesetzt, konterten die Kandidaten der Opposition. Bök meinte: „Wir müssen Lehrer von Verwaltungsaufgaben entlasten, wie Klassenfahrten buchen oder andere Dinge. Es wurden in der Pandemie Papiere eingescannt und runtergeladen – das ist nicht Digitalisierung. Es gibt ganz andere didaktische Möglichkeiten.“ Vieles, meinte Golda, was man angestoßen habe, wirke sich noch gar nicht aus: „Mehr und besser ausgebildetes Personal sind kein Prozess von eins, zwei Jahren, das ist eine nachgezogene Welle nach sechs, sieben, acht Jahren. Wir werden aber den Erfolg ernten.“

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Bök meinte, die nächsten fünf Jahre müssten reichen, um Verbesserungen herbeizuführen und die Lehrer fortzubilden. Kapteinat forderte hingegen A13-Stellen für alle Lehrer, also eine Beförderung für Beamte im einfachen Grundschul-Lehramt. Grünen-Kollege Großer wies auf den Mangel an IT-Fachkräften hin, aber in fünf Jahren könne man Lehrer sicher fit fürs Digitale machen. Eine stärker praxisorientierte Ausrichtung wie bei der Erzieher-Ausbildung sei möglich, das habe schon gut funktioniert, denn es entlaste auch die Einrichtungen bei Personalmangel.

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Bei der Frage nach der inneren Sicherheit legten alle Wert auf eine bessere Ausstattung der Polizei. Fotis Matentzoglou forderte ein Ende des „Racial Profilings“, er werde häufiger kontrolliert aufgrund seines fremdländischen Aussehens. „Wir brauchen Anti-Diskriminierungs- und Anti-Rassismus-Kampagnen innerhalb der Polizei“, sagte er. Hofstätter forderte „eine Image-Kampagne“ und mehr Leute mit Migrationshintergrund in der Polizei, um die Akzeptanz und die Kommunikation zu verbessern. Robert Golda meinte: „Die Menschen müssen Respekt voreinander haben: die Polizei vor dem Bürger, Bürger vor der Polizei. Aber man sieht, dass immer mehr Leute diesen Respekt nicht haben. Das muss stärker in der Bildung verankert werden.“

Sechs Kandidaten stellen sich in der Diskussionsrunde Ihren Fragen: (v.l.) Fotis Matentzoglou (Die Linke), Lisa Kapteinat (SPD), Robert Golda (FDP), Patrick-Benjamin Bök (CDU), Maximilian Großer (Grüne) und Hans-Jürgen Hofstätter (AfD).

Sechs Kandidaten stellen sich in der Diskussionsrunde Ihren Fragen: (v.l.) Fotis Matentzoglou (Die Linke), Lisa Kapteinat (SPD), Robert Golda (FDP), Patrick-Benjamin Bök (CDU), Maximilian Großer (Grüne) und Hans-Jürgen Hofstätter (AfD). © Optik: Dittgen

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