Ursula Kathriner sorgt sich um Seelen in Not Castrop-Rauxelerin steht Fremden in Krisen bei

Ursula Kathriner sorgt sich um Seelen: Sie steht Fremden in Krisen bei
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Einsamkeit, Scheidung, Suizidgedanken – wer bei der Telefonseelsorge anruft, steckt oft in einer schweren Krise und sucht nach Unterstützung. Die Gründe sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Manche Anrufer melden sich regelmäßig. „Sie brauchen das für ihre Tagesstruktur. Manchmal auch zwei, dreimal am Tag. Weil sie einfach niemanden haben, mit dem sie sonst reden können. Sie geben oft nur ein Zeichen: Ich bin da. Ich bin wach geworden. Ich lebe noch. Dann ist es gut.“ Die Castrop-Rauxelerin ist für sie da. Sie unterhält sich mit ihnen, spricht mit ihrer freundlichen, ruhigen Stimme.

Zwei Jahre hat die Ausbildung gedauert, in der sie zur Telefonseelsorgerin geschult wurde. „Es gibt viele Gespräche, nach denen ich denke, es ist gut, dass wir da sind“, sagt die 68-Jährige, die nun für die Auszeichnung mit der Ehrennadel der Stadt Castrop-Rauxel vorgeschlagen wurde.

Nachtschichten als Seelsorgerin

„Wir sind 24 Stunden am Tag da, 365 Tage im Jahr“, sagt Kathriner. „In Recklinghausen sind wir um die 100 Mitarbeiter, die sich die Schichten aufteilen.“

Wer die kostenlose Nummer 0800/1110111 anruft, könnte während ihrer Schichten mit der Castrop-Rauxelerin verbunden werden. „Tagsüber sind das drei bis dreieinhalb Stunden pro Schicht. Nachts geht es länger, von abends um zehn bis morgens um sieben.“

Wie sie die vielen Stunden in der Nacht rumkriegt? Das ist kein Problem: „Wir bekommen einen Anruf nach dem anderen. Es gibt nur manchmal einen Leerlauf, ungefähr von zwei bis vier Uhr.“ Es sei schon eine Herausforderung, die Nacht durchzustehen, räumt die Ehrenamtlerin ein. „Es ist aber immer so, dass man viele Gespräche hat, wo man denkt: Es ist gut, dass ich da bin.“

Gespräche nach Todesfällen

Ein plötzlicher Todesfall im häuslichen Umfeld tritt ein. Die 110 oder die 112 werden gewählt. Die Sanitäter kommen. Und der Notarzt. Es wird eine Wiederbelebung versucht. Der Patient wird untersucht, um die Todesursache festzustellen. Bei ungeklärter Todesursache beschlagnahmt die Kripo die Leiche. Besonders in einem solchen Fall ist die Arbeit von Notfallseelsorgern von unschätzbarem Wert. Auch in diesem Ehrenamt engagiert sich Ursula Kathriner.„Das bedeutet, wir werden von der Leitstelle der Feuerwehr gerufen, wenn ein plötzlicher Tod eintritt. Zum Beispiel: Es verstirbt ein Ehepartner. Der andere Partner ist allein und braucht dringend Unterstützung, indem sie einfach mit jemandem reden können. Wir erklären, was passiert und aus welchem Grund. Manchmal dauert es, bis Angehörige wie Kinder oder Nachbarn da sind. In der Zeit sollen sie nicht allein sein.“ Auch in diesem Ehrenamt gebe es ein Schichtsystem. Mit 60 oder 70 Leuten seien die Notfallseelsorger im Kreis Recklinghausen plus Bottrop aktiv.

Hospizdienst und Schiedsfrau

Damit nicht genug. Ursula Kathriner engagiert sich obendrein im ambulanten Hospizdienst. „Wir sind Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, die über die Caritas in Castrop-Rauxel organisiert sind. Wir gehen in Altenheime, ins Krankenhaus beziehungsweise in Familien und begleiten Menschen, die in der letzten Phase ihres Lebens sind.“ Gerade im Altenheim sei es häufig so, dass Menschen „relativ alleine sind“, weil sie wenige oder keine Angehörigen mehr hätten, oder diese nicht so oft kommen könnten. „In den Familien ist es so gedacht, dass wir die Familienangehörigen – manchmal ist es nur eine Person – auch mal entlasten. Damit sie einfach mal eine Stunde oder zwei in der Woche Zeit haben.“

Des Weiteren ist Kathriner seit drei Jahren als Schiedsfrau für Henrichenburg und Ickern zuständig. Sie wurde vorgeschlagen, vom Rat der Stadt gewählt und gerichtlich vereidigt. Was nicht jeder auf dem Zettel habe: „Wir sind keine Richter oder Rechtsanwälte, sondern juristische Laien. Das ist auch so gewollt. Wir entscheiden nicht, was richtig oder falsch ist oder wer Recht hat. Sondern wir sollen vermitteln.“ Zum Einsatz kommt sie zumeist bei Nachbarschaftsstreitigkeiten. Störende Bäume oder falsch gesetzte Zäune stehen dabei gerne mal im Mittelpunkt, aber auch Hundegebell oder Meinungsverschiedenheiten über Kameraüberwachungen.

Zum Thema

Wer bekommt die Ehrennadel der Stadt?

  • Die Ehrennadel der Stadt ist die höchste Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement. Seit fast 20 Jahren wird die Auszeichnung beim Neujahrsempfang des Bürgermeisters verliehen.

  • Bürger haben für Februar 2025 rund 20 Vorschläge eingereicht. Wir stellen Ursula Kathriner und alle anderen Kandidaten vor und starten im Januar eine Abstimmung, wer die Ehrennadel bekommen soll.

  • Der Empfang und die Ehrennadel-Verleihung 2025 stehen unter dem Leitthema Demokratie.

  • Viele Projekte, Initiativen und Angebote wären ohne die ehrenamtliche Arbeit von engagierten Castrop-Rauxelern nicht möglich.

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