Umstrittene König-Ludwig-Trasse Können Naturschützer den Weiterbau des Radwegs verhindern?

König-Ludwig-Trasse: Können Naturschützer den Radweg verhindern?
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Dass Naturschützer den Bau eines Radweges verhindern wollen, klingt erst einmal paradox. Denn das Fahrrad ist schließlich erste Wahl, wenn es um umweltfreundliche Mobilität geht. Aber den Plänen zum Radweg-Ausbau auf der ehemaligen König-Ludwig-Zechenbahntrasse in Datteln und Oer-Erkenschwick stehen die Mitglieder des Naturschutzbeirats des Kreises Recklinghausen mit kompromissloser Ablehnung gegenüber.

Das wird manchem Radfreund sauer aufstoßen. Denn zwei Bauabschnitte der König-Ludwig-Trasse sind bereits realisiert: Der idyllische Radweg schlängelt sich auf neun Kilometern vom Rhein-Herne-Kanal in Castrop-Rauxel nach Norden über Recklinghausen in Richtung der Bauerschaft Becklem.

An der Bredenbrauck-Straße im Bereich Horneburg werden die Zweiradfahrer schließlich ausgebremst. Denn dort beginnt der dritte, noch nicht ausgebaute Abschnitt, der in Zukunft auf 6,5 weiteren Kilometern über Datteln nach Oer-Erkenschwick führen soll.

In den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts transportierten Zechenbahnen auf dieser Trasse Koks und Kohle von Oer-Erkenschwick bis zum Rhein-Herne-Kanal. Seitdem hatte die Natur Jahrzehnte Zeit, sich das Terrain zurückzuerobern. Und genau das ist der Punkt, der Naturfreunde in Alarmbereitschaft versetzt.

Biotopverbindung zwischen Haard und Emscher

Der Naturschutzbeirat ist ein Gremium, das die Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Recklinghausen berät. Mitglieder sind Repräsentanten der Natur- und Umweltschutzverbände, aber auch Landwirtschaft, Waldbauern, Jagd, Fischerei, Gartenbau und der Sport entsenden ihre Vertreter.

Ungeachtet der Interessenvielfalt herrscht in puncto König-Ludwig-Trasse Einstimmigkeit. Seine Ablehnung hat der Beirat in einem Positionspapier deutlich gemacht, das dem Regionalverband Ruhr (RVR) als Projektträger sowie der Politik in den betroffenen Städten übermittelt worden ist.

Im Bereich Recklinghausen ist der König-Ludwig-Radweg bereits fertiggestellt (rote Linie). Der dritte Bauabschnitt, der über Datteln nach Oer-Erkenschwick führt (grüne Linie) ist umstritten.
Im Bereich Recklinghausen ist der König-Ludwig-Radweg bereits fertiggestellt (rote Linie). Der dritte Bauabschnitt, der über Datteln nach Oer-Erkenschwick führt (grüne Linie), ist umstritten. © MHB

Das zentrale Argument der Kritiker gegen den Weiterbau des König-Ludwig-Radwegs: Die alte Zechenbahntrasse sei die wichtigste, seit 50 Jahren weitgehend unberührte, nicht zugängliche Biotopverbindung zwischen dem Waldgebiet Haard im Norden und der Emscherregion im Süden, wie Beiratsvorsitzender Thomas Schiffgens bei einem Ortstermin erläutert.

Viele Vogel- und Fledermausarten hätten dort eine Heimat gefunden. Feuchtgebiete böten Lebensraum für Amphibien. Die Trasse ist mehr oder weniger komplett zugewachsen. Um sie für den Radverkehr zu nutzen, müsste der gesamte alte Baumbestand gerodet werden. Das, betont Schiffgens, wäre es dann mit der Artenvielfalt.

Beirat rechnet mit sehr viel höheren Kosten

Der RVR hat das Budget für den dritten Bauabschnitt mit 8,4 Millionen Euro veranschlagt. Der Naturschutzbeirat rechnet mit sehr viel höheren Kosten. Denn noch nicht eingepreist seien die Sanierung beziehungsweise der Neubau von 13 Brücken, Unterführungen und Durchlässen sowie die dauerhaften Kosten für die Verkehrssicherung.

Die König-Ludwig-Trasse verläuft über dieser Brücke. Das Bauwerk im Bereich Horneburg ist so marode, dass es eine Gefahr darstellt und abgerissen werden muss. Das Schild warnt vor „herabfallenden Gegenständen“.
Die König-Ludwig-Trasse verläuft über dieser Brücke. Das Bauwerk im Bereich Horneburg ist so marode, dass es eine Gefahr darstellt und abgerissen werden muss. Das Schild warnt vor „herabfallenden Gegenständen“. © Michael Wallkötter

Für Pendler, die auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule per Rad zwischen Oer-Erkenschwick und Castrop-Rauxel verkehren möchten, sei die Strecke ohnehin keine wirkliche Alternative, weil die Trasse einen großen, zeitfressenden Bogen schlage (siehe Grafik). Und der Erholungsverkehr müsse in Kauf nehmen, dass die Strecke zum Teil in Troglage geführt und jeglicher Blick auf die Landschaft versperrt werde.

Alternative führt durch Horneburg

Der Naturschutzbeirat sieht in seinem Beschluss keinen Konflikt zwischen Radverkehr und Naturschutz, zumal die Mitglieder auch einen Alternativ-Vorschlag präsentieren. Die von ihnen favorisierte Strecke führt über gut ausgebaute Wege und Straßen durch den Dorfkern von Horneburg und würde die touristischen Attraktionen (zum Beispiel Schloss und Storchennest) zur Geltung bringen.

„Die Alternativstrecke ließe sich innerhalb von zwölf Monaten ertüchtigen“, ist Beiratsmitglied Thomas Krämerkämper (BUND) überzeugt. Und das zu einem Bruchteil der Kosten, die für die König-Ludwig-Trasse veranschlagt seien.

Laut RVR ist nicht vor 2026 mit der Umsetzung des dritten Bauabschnitts des Radwegs zu rechnen. Zurzeit läuft noch die gesetzlich vorgeschriebene Artenschutzprüfung. Ein Ziel ist es, den Radweg bis zur Internationalen Gartenausstellung (IGA) im Ruhrgebiet im Jahr 2027 für den Verkehr freigeben zu können. Der Naturschutzbeirat kämpft dafür, dass es dazu nicht kommen wird.

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