Das Start-up-Unternehmen „Back-to-Nature“ bekam im Sommer Besuch vom WDR. © Dieter D�wel

Back to Nature

Trinkhalme aus Stroh auch in der Wintersaison - Start-up hat aber einige Schwierigkeiten

Das Getreidefeld an der Bladenhorster Straße ist umgepflügt. Nichts erinnert an das rege Treiben während des Sommers, als dort Trinkhalme aus Stroh produziert wurden. Wie geht es weiter?

Bladenhorst

, 18.09.2019 / Lesedauer: 4 min

In den Sommerferien gründeten drei Castroper Schüler und Studenten das Start-up-Unternehmen „Back-to-Nature“. Sie begannen auf einem Feld in Bladenhorst, Trinkhalme aus Stroh zu produzieren und anschließend zu verkaufen. Was ist aus dem Projekt in der Zwischenzeit geworden? Wir haben nachgefragt.

Inzwischen können die drei Schüler und Studenten Luise (23) und Julius von Agris (19) sowie Hannes Müller (17) eine positive Bilanz ihres Projekts ziehen. Luise von Agris betont: „Wir haben eine überwältigende öffentliche Aufmerksamkeit erhalten und der Verkauf unserer Strohhalme läuft.“

Hannes Müller berichtet über die Wochen nach der Ernte: „Was wir nicht direkt auf dem Feld in die richtige Länge geschnitten haben, ist zunächst eingelagert worden und wartet jetzt auf die Weiterverarbeitung. Um schließlich ein fertiges Produkt anbieten zu können, reicht es nicht aus, die Halme auf die richtige Länge zu schneiden.“

Ohne Zusatz von Chemikalien

Die drei Castrop-Rauxeler haben in den vergangenen Monaten ein Reinigungs- und Desinfektionsverfahren entwickelt, das vollständig ohne Zusatz von schädlichen Chemikalien auskommt. Die fertigen Trinkhalme kommen somit sauber und desinfiziert in die Papiertüte und können dann weitergegeben und verkauft werden.

Bisher werden die die Halme nur in Castrop-Rauxel und Umgebung angeboten, zuletzt auf dem Naschmarkt am Reiterbrunnen. „Fast alle Stände haben unsere Strohhalme für ihre Getränke ausgegeben. Wir haben sie vorher kostenlos angeboten. Das war eine tolle Werbung, weil viele Besucher ihre Drinks aus unseren Halmen getrunken haben und anschließend unseren „Back-to-Nature“ Stand besuchten, den uns Casconcept, die Standortgemeinschaft der Altstadt, kostenlos zur Verfügung gestellt hatte“, berichtet Julius von Agris.

Auch der Weltladen in Castrop hat Interesse gezeigt und will die Trinkhalme gerne bald in sein Programm aufnehmen. Leider ist gerade ein „großer Fisch“ abgesprungen. Es ging um die Ausstattung von bis zu 80 Hotels, aber letztlich waren den potenziellen Käufern die Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Trinkhalmen noch zu hoch. Die drei jungen Geschäftsleute planen deshalb, Teile der Produktion an eine Förderwerkstatt auszulagern, in der die Integration von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt gefördert wird.

Julius von Agris erklärt die Vorzüge dieser Idee: „Die Herstellung der Trinkhalme ginge dann schneller und wäre somit kostengünstiger.“ Natürlich wird weiterhin alles in Handarbeit und in Castrop-Rauxel hergestellt. „Ein echtes Heimatstadtprodukt“, betont Luise von Agris stolz.

Sie verweist auf die breite Unterstützung von heimischer Politik und Wirtschaft. So sagte zum Beispiel Martina Tielker von der „LeseLust“ spontan zu, die Strohhalme zum Einkaufspreis in ihrer Altstadtbuchhandlung zu verkaufen und auf ihren eigenen Gewinn zu verzichten. Bürgermeister Rajko Kravanja versprach via Facebook, sich bei der LeseLust mit Trinkhalmen aus Stroh zu versorgen - und er hielt tatsächlich Wort. Frank Schwabe (MdB) gehörte zu den ersten Käufern, die noch während der Ernte auf das Feld kamen, ebenso wie ‚Fridays for Future‘-Aktivistin Anna Liedtke und Juso-Vorsitzender Daniel Djan.

Sechsjähriger half bei der Ernte

Aber auch ganz junge Kunden gab es in der ersten Strohhalm-Saison in Bladenhorst schon. Der sechsjährige Max aus Ickern durfte bei der Ernte helfen und seine selbst geschnittenen Halme direkt mit nach Hause nehmen und dort ausprobieren. „Es ist schon toll zu erleben, welchen Zuspruch wir erhalten haben und wie wir uns auf freiwillige Helfer verlassen konnten“, schwärmt Luise von Agris.

Während der Erntezeit im Sommer kam auch eines Abends der WDR mit einem Übertragungswagen auf das Feld gefahren. Luise von Agris: „Erst wurden wir für das Radio interviewt und dann live im Fernsehen für die Lokalzeit aus Dortmund bei der Arbeit gefilmt. Der Online-Beitrag wurde dann insgesamt über 50.000 mal angeklickt. Geplant ist noch ein Radio-Feature mit dem Jugendsender 1live.“

Startkapital besteht aus Taschengeld

Trotz der erfreulichen Entwicklung des Projekts verweist Hannes Müller auch auf die Schwierigkeiten, mit denen die drei aktuell fertig werden müssen. „Unsere Verkaufszahlen steigen erst einmal ziemlich langsam, weil das Startkapital aus unserem Taschengeld besteht oder bei diversen Ferienjobs verdient wurde. Da können wir uns keine Marketingagentur leisten oder gar eine Werbekampagne finanzieren. Wir bauen unseren Onlineshop alleine auf, das dauert etwas länger, weil wir alles selbst organisieren.

Und die Schule hat natürlich ziemlich wenig Verständnis dafür, wenn man als Ausrede für vergessene Hausaufgaben einen wichtigen Geschäftstermin angibt“, erklärt Hannes Müller augenzwinkernd, ist sich aber sicher, dass er beides miteinander vereinbaren kann.

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