
Die Castrop-Rauxeler Tierärztin Dr. Natalie Thurek hat sich viele Gedanken zur Schließung der AniCura-Tierklinik in Recklinghausen gemacht. © privat
Notdienst-Aus in Tier-Klinik: Castrop-Rauxeler Tierärzte suchen eine Lösung
Besorgte Tierhalter
Die Tierklinik AniCura in Recklinghausen stellt ihren Wochenend-Notdienst ein. Tierhalter in Castrop-Rauxel sind besorgt. Tierärztin Dr. Natalie Thurek und ihre Kollegen wollen gemeinsam eine Lösung finden.
Niemand wünscht es sich, aber es passiert immer wieder: Ausgerechnet am Wochenende oder an Feiertagen brauchen Tierhalter medizinische Hilfe für ihre Lieblinge. Ihr Hund hat eine Magendrehung oder die Katze wurde angefahren. Die nächstgelegene Anlaufstelle für Castrop-Rauxeler war in solchen Fällen bislang die Tierklinik AniCura in Recklinghausen.
Doch ab dem 1. Oktober stellt die Klinik ihren Notdienst an den Wochenenden ein. Beibehalten wird der nächtliche Notdienst von montags bis freitags ab 19 Uhr. Laut Klinikmanagerin Antje Terdenge ist dieser Schritt aufgrund von Personalmangel alternativlos.
Tierhalter in Castrop-Rauxel sind deshalb sehr besorgt. Wer hilft zukünftig Hunden, Katzen oder Hamstern außerhalb der regulären Sprechstunden, wenn die Tiere schwer verletzt oder erkrankt sind?
Die Tierärztliche Praxis für Kleintiere Kreutzjans, Thurek, Wilhelmi an der Erinstraße 27 bietet seit 2007 jeden Samstag, Sonntag und Feiertag eine Notdienstsprechstunde an. „Allerdings können wir nicht alle Kunden der umliegenden Tierärzte versorgen, das übersteigt unsere Kapazitäten. Und wir bieten keinen Nachtdienst an“, sagt Dr. Natalie Thurek auf Anfrage unserer Redaktion.
Die Veterinärin vermutet, dass der Kreis beziehungsweise die Tierärztekammer Westfalen-Lippe den Praxen bald eine Teilnahme an einem organisierten Notdienst vorschreiben wird. In anderen Bundesländern sei das längst so geregelt.
„Ich persönlich fände es gut, wenn sich Städte wie zum Beispiel Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Dortmund, Herne und Bochum zusammenschließen würden. Somit wäre jede einzelne Praxis nicht so häufig dran und die Belastung würde auf mehr Schultern verteilt“, so Thurek.
Praxen spüren Fachkräftemangel
Denn leider würden auch die Tierarzt-Praxen immer mehr den Fachkräftemangel spüren: „Es gibt kaum Tierärzte auf dem Markt. Und die aktuelle Generation ist leider häufig nicht bereit, Notdienste zu leisten.“ Es sei geplant, dass sich alle Castrop-Rauxeler Tierärzte zeitnah zusammensetzen, um nach Lösungsansätzen zu suchen.
Aktuell verweist Thurek an die Tierklinik Kaiserberg in Duisburg sowie Neandertal in Haan. „Auch die Tierarztpraxis Dr. Apelt in Essen ist 24 Stunden besetzt.“ Am Wochenende und nachts seien die Straßen nicht so voll, so dass man in einer halben Stunde dort sein könne. „So lange hält selbst ein Hund mit Magendrehung in der Regel durch.“

Die AniCura-Tierklinik in Recklinghausen stellt zum 1. Oktober ihren Wochenend-Notdienst ein. Laut Geschäftsführerin Anne Charlotte Henn (l.) und Klinikmanagerin Antje Terdenge ist diese Maßnahme aufgrund von Personalmangel alternativlos. © Jörg Gutzeit
Noch gebe es also Tierkliniken, die in akzeptabler Zeitspanne erreichbar seien. „Auf dem Land, zum Beispiel in Brandenburg, ist die Situation sicher dramatischer. Dort befindet sich häufig im Umkreis von 200 Kilometern keine Tierklinik“, sagt die Tierärztin.
Sie appelliert: Generell sollte ein Notdienst auch den wirklichen Notfällen vorbehalten sein. „Leider stimmt die Interpretation eines Notfalls aus Sicht von Tierarzt und Tierbesitzer nicht immer überein.“ Das sei sicherlich mit ein Grund, warum immer mehr Tierkliniken ihren Klinikstatus abgeben und den Notdienst/Nachtdienst einstellen. „Auch wenn das niemand so offen sagt.“
Tierbesitzer sollten sich hinterfragen
Jeder Tierbesitzer sollte sich selbst hinterfragen, ob es sich wirklich um einen Notfall handelt. „Sofort behandelt werden sollten z.B. Magendrehung, Darmverschluss, Geburtsstörungen, Urinverhalten, Fremdkörper im Auge, Unfälle, Vergiftungen, epileptische Anfälle, Atemnot.“
Auch Tierarzt Dr. Jörg Ehrhardt antwortete auf unsere Anfrage. Er verweist auf die Berufsordnung der Tierärztekammer Westfalen-Lippe und die darin enthaltenen Richtlinien für „Tierärztliche Kliniken“ (Paragraph 5): „Die ,Tierärztliche Klinik‘ muss ständig dienstbereit und besetzt sein.“
Ehrhardt betont: „Ständig heißt immer. 24/7, an 365 Tagen, sonst darf es keine Tierklinik sein.“ Sein Vorschlag: tagsüber die Minimalst-Besetzung bieten, um nachts und am Wochenende die Dienstbereitschaft aufrecht zu erhalten. „Das ist der primäre Sinn und die Aufgabe einer Tierklinik.“
1968 geboren und seit über 20 Jahren Redakteurin bei Lensing Media. Zuständig für den Dortmunder Westen mit seinen Stadtbezirken Lütgendortmund, Mengede und Huckarde sowie für die Stadt Castrop-Rauxel.
