Der Prozess gegen den Castrop-Rauxeler Terrorverdächtigen Jalal J. ist auf die Zielgerade eingebogen. Am kommenden Verhandlungstag (13.11.) sollen am Dortmunder Landgericht die Plädoyers gehalten, zehn Tage später das Urteil verkündet werden. Auf dem Weg dorthin wurden jetzt erstmals eigene Äußerungen des angeklagten Iraners zu dem mutmaßlich von ihm geplanten Giftanschlag bekannt.
Einem psychiatrischen Sachverständigen gegenüber hatte der vor Gericht schweigende Terrorverdächtige zuletzt während eines fünfstündigen Explorationsgespräches erklärt, dass er keinesfalls der „religiöse Fanatiker“ sei, den Viele in ihm sehen. Der 26-Jährige habe zudem betont, dass er nicht vorgehabt habe, jemanden zu töten, so der Gutachter.
„Fand das alles interessant“
Selbst wenn er alle notwendigen „Zutaten“ zur Herstellung von Cyanid (auch als Zyankali bekannt) zusammen bekommen hätte, hätte Jalal J. nach eigenen Angaben eine Zubereitung des Giftes niemals realisieren können. „Ich fand das alles interessant und ich hatte auch Langeweile“, hatte der Castrop-Rauxeler dem Sachverständigen erklärt.
Damit begonnen, in sozialen Medien „nach IS-Sympathisanten zu suchen“, habe er im Januar 2022. Später habe er beim Messengerdienst Telegram verschiedene Kanäle abonniert. Unter anderem einen zu dem Thema, wie man sich auf den Dschihad (Heiliger Krieg) vorbereitet.
Er habe viele Videos geschaut und Dateien heruntergeladen. Die zuletzt im Prozess erörterten Hinrichtungsvideos will Jalal J. zwar auf seinem Handy gehabt, aber nicht angesehen haben. „Ich kann kein Blut sehen“, erklärte der 26-Jährige dem Psychiater.

Aus bloßer „Neugier“ habe er sich früher oder später über Telegram eine Giftanleitung besorgt, am 29. Dezember 2022 schließlich in einem Chat auch die Anfrage abgesetzt: „Ich brauche ein Gift, das sich einfach herstellen lässt.“
Ein Chatpartner habe ihm daraufhin Hilfe angeboten, ihn später jedoch überraschend zu einem Messengerwechsel (zu Wickr) und zur Übersendung eines Nachweis-Fotos, wie weit er denn schon sei, überredet.
„Das sind die Bösen“
Kurz vor seiner Festnahme am 8. Januar 2023 habe er da innerlich schon ein wenig die Vorahnung gehabt, dass er möglicherweise „vom amerikanischen Geheimdienst in die Falle gelockt“ worden sein könnte.
Eine konkrete Beziehung zum Islamischen Staat (IS) verneinte Jalal J. dem Sachverständigen gegenüber. „Das sind die Bösen“, hieß es nach Ansicht des Psychiaters „ausweichend“. Mit Blick auf von ihm verfasste radikale Sätze und Tweets erklärte der Castrop-Rauxeler, „er sei mit Hass aufgewachsen, sei aber nicht in der Lage, jemanden zu töten“.
Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem 26-Jährigen vor, einen Anschlag mit einer chemischen Waffe geplant zu haben.
Jalal J. ist bereits wegen versuchten Mordes (siebeneinhalb Jahre Haft) vorbestraft, weil er im Sommer 2018 einen 2,50 Meter langen Ast von einer Brücke in Dortmund auf die A45 geworfen hatte.
„Reflektiert, konzentriert und informiert“
Der Psychiater bescheinigte dem 26-Jährigen am Montag (6.11.) vor Gericht eine grenzpsychopathische Persönlichkeit, stufte ihn aktuell zwar als „sehr reflektiert, konzentriert und informiert“, aber unterm Strich auch hochgefährlich und rückfallgefährdet ein. Jalal J. sei eindeutig ein Kandidat für die Sicherungsverwahrung.
Zu empfehlen sei jedoch, so der Gutachter, eine mindestens vier- bis fünfjährige Sozialtherapie im Strafvollzug vorzuschalten – in einer speziellen sozialtherapeutischen Anstalt (SothA). Die Anordnung von Sicherungsverwahrung (Haft auch über verhängte Strafe hinaus) solle bis dahin vorbehalten bleiben.
Ob Jalal J. die gefürchtete Sicherungsmaßregel am Ende umgehen könne, hänge entscheidend am Erfolg der Therapie, so der Sachverständige.
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