Susanne Köhler an der Harkortstraße: Hier betreut die städtische Angestellte mit ihrem Bereich Obdachlose und Migration Wohnungslose und Geflüchtete. © Tobias Weckenbrock

Stadtverwaltung

Susanne Köhler, der Engel der 327 Wohnungslosen und Flüchtlinge

Wenn Migranten und Wohnungslose in Castrop-Rauxel eine Frau schätzen gelernt haben, dann Susanne Köhler. Sie leitet das 21-köpfige Team Migration und Obdachlose im Rathaus und ist wie ein Engel.

Castrop-Rauxel

, 08.02.2021 / Lesedauer: 3 min

Wenn sie vor den Mehrfamilienhäusern an der Harkortstraße steht, dann ist sie mittendrin in ihrem Job. Dann ist sie da, wo die Menschen leben, für die sie arbeitet. Mehr als 40 Wochenstunden. „Wir haben ein recht gutes Verhältnis“, sagt Susanne Köhler, Leiterin des Bereichs Migration und Obdachlosenhilfe bei der Stadtverwaltung Castrop-Rauxel, wenn sie über ihre Klienten spricht. „Sie ist korrekt. Sie hilft uns sehr, aber manchmal schimpft sie auch“, sagt der alkoholkranke Wohnungslose Kai-Uwe (57) über sie.

Dabei steht Susanne Köhler, die Chefin eines 21-köpfigen Teams aus dem Rathaus, für die Gruppe, nicht für sich allein. Aber als Häuptling des wohl internationalsten Teams der Stadtverwaltung (es setzt sich aus Mitarbeitern aus neun Nationen zusammen) bekommt man am Ende dann doch die meisten Meriten.

„Ihr Engagement ist sehr groß“

„Frau Köhler“, sagt Willi (57) aus der Männer-WG an der Christinenstraße, „macht keinen Dienst nach Vorschrift. Ihr Engagement ist sehr groß. Es ist Ehrenamt und Hauptamt zusammen – auf den Veranstaltungen, die sie organisiert, Weihnachten im Wichernhaus oder das Stadtteilfest in Merklinde, ist sie nicht in ihrer Dienst-Zeit.“

Youssef Anan und Susanne Köhler von der Stadtverwaltung kümmern sich um Menschen wie den Obdachlosen Kai-Uwe in der städtischen Unterkunft an der Harkortstraße. © Tobias Weckenbrock

Menschen wie Willi oder seinem Mitbewohner Klaus-Dieter (72) war sie ein Engel. Beide schildern unserer Redaktion Begegnungen, in denen sie das letzte Netz war, in das sie fielen und aus dem sie sich wieder aufrappelten.

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Klaus-Dieter hatte schon seinen Abschiedsbrief geschrieben, als er aus Paraguay mit einem Koffer zurückgereist kam in seine Heimatstadt Castrop-Rauxel; den vierten Herzinfarkt hinter sich, wollte er am Abend seinem Leben ein Ende setzen. „Ja, stimmt, den Brief hab ich gelesen“, sagte Susanne Köhler, die ihn von der Caritas am Lambertusplatz ins Evangelische Krankenhaus brachte, wo er aufgepäppelt wurde.

Das Treffen im Rathausflur

Willi, der einst so erfolgreiche, aber gefallene Mann, der in seinem alten und schimmeligen Mercedes übernachtete und nicht mehr weiter wusste, traf auf der Suche nach Ansprechpartnern im Rathausflur auf eine Frau, die ihn fragte: „Kann ich Ihnen helfen?“ Es war Susanne Köhler, die in den Folgewochen dafür sorgte, dass er Arzttermine bekam, eine Unterkunft an der Harkortstraße und später eine gut funktionierende Männer-WG in Obercastrop fand.

Kai-Uwe, dem Boxer von der Harkortstraße, wurde seine Bude von einem Junkie kurz und klein geschlagen. Als die Polizei in einer Nacht Anfang Februar den Mann fast in die Arrestzelle mitgenommen hätte, da war das Team Köhler zur Stelle und deeskalierte die Lage mit eigenen Mitteln: Der Mitbewohner wurde in eine Unterkunft auf der anderen Straßenseite begleitet. Dort schlief er sich und seinen Rausch aus.

327 Menschen, die Hilfe brauchen

482 Schlaf- und Wohnplätze für Obdachlose und Geflüchtete gibt es in Castrop-Rauxel, in 10 Häusern und 34 einzelnen Wohnungen im Stadtgebiet. 327 Plätze sind Anfang Februar 2021 belegt. Diese Menschen brauchen Hilfe. Sie bekommen sie bei Susanne Köhler und Team.

Anmerkung der Redaktion: Wir berichten über das Thema Obdachlosigkeit. Dabei gibt es in Castrop-Rauxel eigentlich keine „Obdachlosen“, also Menschen, die draußen leben. Die Stadtverwaltung, Tafel und Suppenküche der Caritas und andere Einrichtungen bilden gut funktionierende soziale Netzwerke. Die Menschen, die in städtischen Einrichtungen leben, sind faktisch nicht „obdachlos“, sondern lediglich „wohnungslos“. Gäbe es die Hilfsangebote und Unterkünfte nicht, wären sie wahrscheinlich auch ohne Obdach: Dann lebten womöglich viele von ihnen auf der Straße. Statistisch spricht aber auch die Stadtverwaltung selbst von „Obdachlosen in den städtischen Unterkünften“.

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