Stuckdecken sind ein Traum Warum hat man eigentlich aufgehört, schön zu bauen?

Stuckdecken sind ein Traum: Warum hat man eigentlich aufgehört, schön zu bauen?
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Ein leise knarrender Boden aus Holzdielen oder massivem Fischgrät-Parkett, Wandvertäfelung in Kassetten-Struktur, überhohe Decken mit Stuckleisten, große Fensterfront mit Sprossenfenstern: Es gibt kaum einen Menschen, der sich in einer solchen Wohnumgebung nicht wohl fühlen würde.

Was wir spätestens seit den 1950er-Jahren aber bauen, sind normierte Wohnwürfel, gern komplett mit ach so praktischem Fliesenboden ausgekleidet. Dazu niedrige Decken, uniformweiße Rauhfasertapeten an Decken und Wänden und langweilig-rechteckige DIN-Fenster.

Diktat der Vernunft

Auch außen kommen unsere Häuser möglichst schmucklos daher. Erker, ein Sandsteinfries, Schmuckbänder oder anderer „überflüssiger“ Zierrat sind gnadenlos den ach so praktischen Erwägungen unserer Neuzeit zum Opfer gefallen, wurden auch an Altbauten spätestens mit dem Aufkommen des Vollwärmeschutzes unter Styropor begraben.

Mit den Energienöten der jüngsten Zeit ließen sich manche Maßnahmen und Entwicklungen dabei ja sogar noch erklären. Warum jeder Schmuck am Bau aber schon spätestens Mitte des letzten Jahrhunderts dem sogenannten Diktat der Vernunft zum Opfer fiel, bleibt leider aus ästhetischer Sicht völlig unerklärlich.

Fassadenverödung

„Als die Begeisterung für das Überbordende verebbte und mit dem Klassizismus in Deutschland der Verstand über die Gefühle siegte, ging es mit der Dekorationslust (...) bergab“, schrieb Dr. Christiane Schillig in ihrem Beitrag „Die Baukunst und der Zuckerguss“ im Monumente-Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz im Jahr 2005.

Die Moderne hielt Einzug und siegte leider an vielen Stellen über das Schöne. Im Nachkriegs-Deutschland der 50er-Jahre verlor der dekorative Stuck dann weiter an Ansehen und „wurde vielfach als störend empfunden, da er nicht den modernen Architekturvorstellungen entsprach. Aus diesem Grund wurde der Stuck von vielen Altbauten entfernt, was als ‚Fassadenverödung‘, stilmäßige Bereinigung oder als Entstuckung bezeichnet wurde. Reichhaltige Stuckdecken wurden abgehängt“, so liest man es bei Wikipedia.

Kein Blick fürs Schöne

Und jetzt haben wir den Salat. Häuser ohne Gesicht, Wohnungen ohne Charme. Hier wird übernachtet, gegessen und TV geschaut oder auf der Konsole gedaddelt, aber viel zu selten auch mit allen Sinnen gelebt. Mit kalter, praktischer Beleuchtung, in kleinen Küchen und noch kleineren Kinderzimmern, ohne Glanz und Schmuck. Wie in jenen grauenhaften Mietskasernen der ersten Industrialisierungszeit oder den Trabantenstädten der 1970er-Jahre.

Wann ist uns der Blick für das Schöne nur abhanden gekommen?

In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.

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