Im Wortlaut Der ganze Brief von Eon-Chef Filip Thon an die Stadtwerke Castrop-Rauxel

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Dieses Schreiben wurde am Dienstagmorgen öffentlich: ein Brief des Eon-CEO Dr. Filip Thon an den Geschäftsführer der Stadtwerke Castrop-Rauxel vom 21.11.2022. Darin nimmt der Chef des DAX-Konzerns Stellung zum Vorgehen der Stadtwerke, die meisten ihrer Kunden zu kündigen, in den Grundversorgungstarif zu entlassen und dann mit einer Rückkehr-Garantie auszustatten, wenn der Preis für Strom und Gas bei den Stadtwerken wieder günstiger ist als bei Eon.

Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Langensiepen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Stadtwerke Castrop-Rauxel,

die aktuellen Herausforderungen, mit denen wir uns alle als Energieanbieter konfrontiert sehen, sind ohne Frage so groß wie nie. Sie als Verantwortliche der Stadtwerke Castrop-Rauxel und wir als bundesweit agierender Energieanbieter sind von den aktuell außergewöhnlichen Entwicklungen beiderseits betroffen. Das betrifft die prozessualen Anforderungen zu den bereits beschlossenen und geplanten Entlastungsmaßnahmen, aber insbesondere auch die gestiegenen Großhandelspreise und die damit einhergehende Beschaffungsstrategie. Wir sind überzeugt davon, dass wir als Branche im Interesse unserer Kunden in diesen herausfordernden Zeiten grundsätzlich zusammenstehen müssen.

Umso mehr haben wir Ihre kürzliche Ankündigung im Namen der Stadtwerke Castrop-Rauxel mit Verwunderung und Befremden vernommen: Demnach kündigen Sie Kunden, damit diese in die Grundversorgung fallen, räumen den Kunden aber gleichzeitig die Möglichkeit ein, über eine vorgelegte Vollmacht nach Wechsel in unsere Grundversorgung automatisch wieder ein Vertragsverhältnis mit den Stadtwerken einzugehen – sobald die Preise sinken und die Krise vorüber ist. Solange dies nicht der Fall ist, sollen die Lasten Grundversorger wie E.ON tragen.

Dass sich Ihr Unternehmen durch solch ein – aus unserer Sicht höchst unsolidarisches – Verhalten bewusst der Verantwortung für unsere Gesellschaft entzieht und die Last in schwierigen Zeiten einseitig abwälzen möchte, ist für uns in keiner Weise nachvollziehbar. Und solch ein Verhalten ist erst recht nicht im Sinne der Kunden. Sie bringen mit diesem Verhalten damit aus unserer Sicht ein Kundenverständnis zum Ausdruck, welches Kunden in der Krise als reine Verschiebemasse betrachtet.

Selbstverständlich nehmen wir als Grundversorger unsere Verantwortung ernst. Wie Sie wissen, ergeben sich durch solche nicht nur gesellschaftlich höchst fragwürdigen Geschäftspraktiken, wie Sie sie ankündigen, aber auch für uns kurzfristige Auswirkungen – denn diese zwingen uns dazu, unsere Planungen entsprechend anzupassen.

Wir behalten uns daher vor, rechtliche Schritte einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Filip Thon

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