So sieht die Emscher heute noch aus in Castrop-Rauxel. Künftig wird sie bis auf die rechts und links zu erkennenden Wiesenbereiche, die sogenannte Berme, ragen. © Thomas Schroeter (A)
Unesco-Weltkulturerbe
Lange Debatte und Beschluss zu Beton-Emscher und Weltkulturerbe Ruhrgebiet
Ist es ein Missverständnis oder eine Zementierung der Beton-Emscher in Castrop-Rauxel? Der Stadtrat hat einen Grundsatzbeschluss zur Frage nach der Bewerbung als Unesco-Weltkulturerbe gefasst.
Dietmar Witte, früher Fotostudio-Inhaber und wohnhaft an der Emscherstraße in Ickern, setzt sich dafür ein, dass die Politik einschreitet. Es geht um den möglichen Erhalt eines betonierten Teilstücks der Emscher. Seinem Verständnis nach solle zementiert werden, dass der Emscherabschnitt zwischen Wasserkreuz und Hochwasserrückhaltebecken im Gegensatz zum restlichen Hauptlauf durchs Ruhrgebiet im Betonbett als Zeugnis der Vergangenheit erhalten bleibe. Das möchte Witte nicht. „Wir haben uns auf eine neue Emscher gefreut! Der Beschluss muss verhindert werden“, fordert Witte.
Bürgermeister Rajko Kravanja beharrte in der Ratssitzung am Donnerstag (18.2.) darauf, dass es sich um ein Missverständnis handele: „Der Umbau der Emscher geht weiter. Die Betonsohlen kommen raus. Worum es geht, ist: Möchte man an ein, zwei Stellen auf 10 oder 20 Metern, vielleicht auch an einem Nebenlauf, die Sohle drin lassen, um Besuchern dieser Region das vielleicht zu zeigen. Das ist aber ein Thema für die nächsten Jahre, nicht für jetzt.“
Stadtbaurätin Lenort räumt Fehler ein
Stadtbaurätin Bettina Lenort erläuterte im Rat: „Asche auf mein Haupt, dass diese Vorlage so bei den Menschen angekommen ist.“ Die Formulierung basiere auf der Vorstellung einer übergeordneten Projektgruppe aus verschiedenen Beteiligten, die für jede Stadt Vorschläge erarbeitet hat. Konkret geht es um den Satz: „Im Gegensatz zum restlichen Hauptlauf wird der Zustand der Emscher im alten Betonbett besonders als Zeugnis der Vergangenheit hervorgehoben.“
Der steht im Sachverhalt, sei aber nicht das, was am Ende wirklich komme. „Der Beschlussvorschlag lautet lediglich, dass der Rat beschließt, das Verfahren zu unterstützen.“ NRW-Ministerin Ina Scharrenbach habe vergangene Woche bei den Kommunen eingefordert, die politische Zustimmung möglichst bald einzuholen.
Linke: „Ein Weltunkulturerbe“
Es gab dennoch Zweifel. Annette Korte (FWI) unterstrich die inhaltlichen Bedenken: „Jede Betonsohle, die bleibt, durchschneidet das Fischsystem. Für uns ist unmöglich, dass auch nur ein Meter drin bleibt. Die Emscher muss komplett renaturiert werden.“ Das findet auch die Linke. Margita Gudjons: „Wir schlagen vor, dem Künstler Jan Bormann Beton-Teile für ein Kunstwerk zur Verfügung zu stellen.“ Anstelle eines Weltkulturerbes würde sonst ein „Weltunkulturerbe“ entstehen.
Bernd Goerke (SPD) dagegen fand: „Man muss nicht immer alles wegreißen. Das Gasometer Oberhausen ist ein Beispiel, wo es vor 30 Jahren lange Diskussionen gab. Heute ist es die Ausstellungshalle des Ruhrgebiets. Wir würden eine Chance vertun, wenn wir unseren Enkeln nicht zeigen könnten, wie die Emscher früher mal ausgesehen hat.“
Zwei Abstimmungen, zwei Mehrheiten
Am Ende stimmte doch eine deutliche Mehrheit dem Grundsatzbeschluss zu. Aber nach einer inhaltlichen Änderung: Der Satz, der die Debatte entfacht hatte, wurde gestrichen: „Im Gegensatz zum restlichen Hauptlauf wird der Zustand der Emscher im alten Betonbett besonders als Zeugnis der Vergangenheit hervorgehoben“ steht nun nicht mehr in der Beschreibung des Sachverhalts.
Zugleich gab es in einer zweiten Abstimmung eine Mehrheit für einen Änderungsantrag der neuen Koalition aus Grünen und SPD: Die Renaturierung solle „ausdrücklich auch zwischen Wasserkreuz Henrichenburg und Rückhaltebecken Ickern fortgeführt“ werden. Aus historischen Gründen solle man prüfen, ob auf ein paar Metern zu Anschauungszwecken einige wenige Betonelemente erhalten bleiben und mit Hinweistafeln versehen werden.
Der genaue Abschnitt solle mit Anwohnern abgestimmt werden. Daniel Djan (SPD) sagte: „Die Renaturierung der Emscher sucht seinesgleichen. Sie soll auch in Henrichenburg und Ickern beibehalten werden.“ Dem Antrag stimmte der Rat mit Mehrheit zu.
Der Stadtrat tagte am 18. Februar in halber Besetzung in der Europahalle. © Tobias Weckenbrock
Diese Diskussion wird später geführt. Bald hat das NRW-Ministerium den Grundsatzbeschluss aus Castrop-Rauxel, das Projekt generell zu befürworten. Die Antragsunterlagen sollen 2021 durch die Stiftung Industriedenkmalpflege beim Land eingereicht und durch das Ministerium geprüft werden. Danach gingen die Unterlagen an die Kultusministerkonferenz, schließlich an das Welterbe-Zentrum der Unesco.
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