
© Tobias Weckenbrock
Stadtrat geht online: Zwei Jahre Livestreams kosten fünfstellige Summe
Politik im Internet
Livestreams von Sitzungen des Castrop-Rauxeler Stadtrates gab es in den vergangenen Monaten zweimal: Grund war auch die Corona-Pandemie. Das wird in den kommenden zwei Jahren nun zum Standard.
Der Politik, unseren gewählten Vertretern, auf die Finger zu schauen: Das fiel aufgrund der Corona-Pandemie zuletzt nicht so leicht wie sonst. Eigentlich sind die Sitzungen des Stadtrates frei zugänglich. Den Ratssaal in Castrop-Rauxel planten die Architekten extra so, dass die Bürger von oben zuschauen – eben den Ratsmitgliedern auf die Finger.
Seit dem Corona-Ausbruch ist die Politik noch stärker in den Fokus gerückt. Und Öffentlichkeit zum Teil schwerer herzustellen. Im Lockdown beschnitt die Stadtverwaltung den Zugang zu den Ratssitzungen zumindest in der Form, dass man sich im Vorfeld namentlich und mit persönlichen Daten anmelden muss, wenn man zusehen will. Eine Sitzung in der Stadthalle hatte nur zehn Zuschauer-Plätze, vergeben nach dem Prinzip: Wer sich zuerst anmeldet, darf rein.
Nun ist selten, dass die Zahl der Zuschauer dreistellige Werte erreicht. Wenn 50 Besucher da sind, ist das schon viel. Nur bei öffentlichkeitswirksamen Themen, zuletzt die „Alte Eiche“ mit vielen Unterstützern des Protests, wird es richtig voll. Aber es geht ums Prinzip: Jemand, und nicht nur die Presse, sollte darauf achten, dass die gewählten Vertreter und die Verwaltung rechtmäßig ihrem Auftrag nachkommen.
Bisher war CAS-TV der Partner
Bei zwei Ratssitzungen war es in den vergangenen Monaten so, dass man dafür mit dem Verein CAS-TV einen Livestream auf die Beine stellte. Der war online frei für alle zu verfolgen, die über ein Smartphone, Smart-TV, Tablet, PC oder Notebook mit Internetanschluss verfügen. Könnte das nicht ein gutes Angebot auch für die Zukunft sein?
So beschloss der Ältestenrat in einer Sitzung mit den Fraktionschefs einmütig, dass Ratssitzungen künftig wieder übertragen werden sollen. Zwei Jahre hat man sich vorgenommen, 2021 und 2022. Dafür sollen pro Jahr 10.000 Euro bereitgestellt werden. Eine Ausschreibung ist erfolgt.
Der bisherige „Dienstleister“, das ehrenamtliche Team von CAS-TV, hat sich beworben. Der Vorsitzende Uwe Wortmann wusste am Freitag (4.12.) noch nicht, ob man den Zuschlag erhalten hat. CAS-TV übertrug neben zwei Ratssitzungen auch Corona-PKs und Fragestunden.
Sieben Tage ist das Video künftig online
Nach der Liveübertragung wird das Video künftig sieben Tage online zu sehen sein. Danach wird es gelöscht. Alle Redner werden um schriftliche Einwilligung gebeten. Sollte jemand diese nicht erteilen, aber als Redner auftreten, wird die Übertragung gestoppt und ein Pausenzeichen eingeblendet. Kommt es zu rechtswidrigen Redebeiträgen, kann der Bürgermeister als Sitzungsleiter einschreiten und den Stream abbrechen.
Ein Probelauf soll entfallen, da man schon Erfahrungen mit Livestreams gesammelt habe, heißt es im Papier der Stadt. Vieles deutet darauf hin, dass CAS-TV Partner bleibt, nur künftig Geld dafür bekommt.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
