Mitte Oktober 2021 wurde die Straßenbeleuchtung entlang der Holzstraße auf LED umgestellt. Straßenlaternen waren seit eh und je einer der größten Stromfresser der Stadt.

Mitte Oktober 2021 wurde die Straßenbeleuchtung entlang der Holzstraße auf LED umgestellt. Straßenlaternen waren seit eh und je einer der größten Stromfresser der Stadt. © Jens Lukas

Wo die Stadt Castrop-Rauxel am meisten Strom verbraucht

rnEnergiekrise

Der Blick in eine Ausschreibung verrät: Die Stadt Castrop-Rauxel verbraucht Unmengen an Strom, wie jede andere Stadt auch. Es ist 100 Prozent Ökostrom. Aber wo gibt es großes Sparpotenzial?

Castrop-Rauxel

, 24.08.2022, 19:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Menschen in Deutschland hinterfragen ihren Energieverbrauch zurzeit mehr denn je. Auch die Städte sind in der Pflicht: Temperaturen in Bädern werden gesenkt, Straßenlaternen früher ausgeschaltet, Bürokapazitäten hinterfragt – und es gibt weitere mitunter kreative Ideen. Aber was kann man damit erreichen? Dazu lohnt sich ein Blick darauf, was eine Stadt verbraucht. In Castrop-Rauxel ist das nun öffentlich bekannt.

Denn die Verwaltung hatte jüngst auf einer Vergabeplattform für öffentliche Aufträge eine Ausschreibung offen, die den Gesamt-Stromverbrauch städtischer Einrichtungen anschaulich macht. Dort hieß es: „Die Stadt Castrop-Rauxel schreibt die Lieferung von elektrischer Energie in einem Offenen Verfahren europaweit aus. Der zu liefernde Strom soll zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen (Ökostrom) stammen.“

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Und dann geht es um Zahlen: Der Gesamtstrombedarf liege pro Jahr bei rund 5,7 Millionen kWh, aufgeteilt auf 241 Abnahmestellen. Wie setzt sich das zusammen? Und wie kommt man so auf einen Verkehrswert, der mit 8 Millionen Euro angegeben ist? Wir fragten nach und bekamen Antworten von Sprecherin Nicole Fulgenzi.

? Ist der Zeitpunkt für eine Ausschreibung nicht denkbar ungünstig?

Er ist unverzichtbar, so Nicole Fulgenzi: Der bestehende Stromliefervertrag läuft zum Jahresende aus.

? Was gehört zu den 241 Abnahmestellen?

Eine Abnahmestelle entfällt auf die Straßenbeleuchtung mit ca. 1 Millionen kWh insgesamt. 13 große Abnahmestellen umfassen den Stadtmittelpunkt (Rathaus, Europahalle, Stadthalle) und den EUV-Stadtbetrieb, der für Müllabfuhr, Kanalunterhaltung und Straßenreinigung zuständig ist, sowie die Bäder und große Schulen. Darüber hinaus gibt es 227 Abnahmestellen mit einem Standardlastprofil für kleinere städtische Liegenschaften: Das sind zum Beispiel Grundschulen, Feuerwachen, Kindergärten, Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte.

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? Welche Einrichtung verbraucht am meisten Strom?

Größter Verbraucher ist die Abnahmestelle Stadtmittelpunkt, wo neben dem Rathaus auch das Forum, die Stadt- und Europahalle und temporär auch der Modulkindergarten erfasst werden. Die Plätze danach belegen Hallenbad und Parkbad Nord (Freibad) zusammen mit ca. 750.000 kWh vor dem EUV mit rund 220.000 kWh. Weitere große Verbraucher sind Schulen wie die FNR und die WBG.

? Wie kommt der Betrag von 8 Millionen Euro zustande, wenn man mal den handelsüblichen Preis von 30 Ct/KWh anlegt?

Um zusätzliche Impulse für eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger zu setzen, hat der Auftragnehmer entsprechend der an die Stadt gelieferten Strommenge einen Betrag von netto 0,2 Ct/kWh zur Förderung des Ausbaus von erneuerbaren Energien zu investieren. Darum ging die Stadt bei der Kostenschätzung für ihre Ausschreibung von 35Ct/kWh aus. So ergeben sich – betrachtet auf einen Lieferzeitraum von vier Jahren berechnet – 8,05 Millionen Euro. Dass dieser Betrag am Ende kaum zu halten sein wird, ist realistisch, spielt aber für die Ausschreibung keine Rolle mehr.

Das Wasser im Castrop-Rauxeler Hallenbad wird kälter: eine der Sparmaßnahmen der Stadt. Die Bäder sind einer der größten Stromfresser der Stadt.

Das Wasser im Castrop-Rauxeler Hallenbad wird kälter: eine der Sparmaßnahmen der Stadt. Die Bäder sind einer der größten Stromfresser der Stadt. © Stadt

? Wie hat sich der Verbrauch über die Jahre verändert?

Ein Vergleich vergangener Jahre ist nicht einfach möglich. Bei der aktuellen Ausschreibung wurden in größerem Umfang Abnahmestellen erstmals integriert, die zuvor nicht Bestandteil der städtischen Ausschreibung waren, also etwa die Straßenbeleuchtung, der EUV-Betriebshof sowie die Wohnungen für den Bereich Migration und Obdachlosenhilfe. Ein verzerrtes Bild entsteht auch durch die Corona-Pandemie, in der sich auch das Nutzerverhalten an städtischen Liegenschaften geändert hat. In den Lockdowns arbeiteten Bürokräfte überwiegend zu Hause.

? Wenn nun der Preis erheblich steigt: Wo kann man über Straßenbeleuchtung hinaus einsparen?

In städtischen Gebäuden ist die Umrüstung auf LED-Beleuchtung weit fortgeschritten. Es wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Verwaltung und des EUV gebildet, die weitere Vorschläge erarbeitet. Zusätzlich sieht diese Ausschreibung vor, dass der Energieversorger Einsparberatungsleistungen von 40 Stunden pro Lieferjahr zusätzlich zu erbringen hat.

Der EUV-Betriebshof am Westring zählt zu den größten öffentlichen Verbrauchsstellen der Stadt.

Der EUV-Betriebshof am Westring zählt zu den größten öffentlichen Verbrauchsstellen der Stadt. © Tobias Weckenbrock

? Wer hat den Zuschlag für diese Ausschreibung in den vergangenen Jahren erhalten?

2018 und 2014 waren des jeweils die Stadtwerke Castrop-Rauxel, ein vor acht Jahren aus Gelsenwasser AG und Stadt Castrop-Rauxel heraus gegründetes Versorgungsunternehmen. 2014 habe es einen weiteren Bewerber gegeben, 2018 sogar zwei weitere.

? Warum wird explizit Ökostrom ausgeschrieben?

Politik und Verwaltung setzen sich seit geraumer Zeit aktiv für den Klimaschutz ein. Der Bezug von Ökostrom ist daher alternativlos. Daher war Ökostrom bereits Ausschreibungsgegenstand mehrerer städtischer Stromausschreibungen in der Vergangenheit.