
Eröffnung des Castroper Weihnachtsmarktes 2021: Nicht auszuschließen ist, dass die Beleuchtung 2022 weniger intensiv ausfällt. © Jonas Hildebrandt
Kravanja zur Energiekrise: Castroper Weihnachtsmarkt könnte dunkler werden
Interview
Wie soll Castrop-Rauxel durch die Energiekrise kommen? Im aktuellen Interview gibt Bürgermeister Rajko Kravanja Einblicke in Ideen und Pläne der Stadt zur Einsparung von Strom und Gas.
Im Interview spricht Castrop-Rauxels Bürgermeister Rajko Kravanja über mögliche Maßnahmen, wie man Energie sparen kann. Erst einmal müsse aber ein Ziel festgelegt werden.
Herr Kravanja, wie kann sich Castrop-Rauxel auf Herbst und Winter vorbereiten?
Als allererstes brauchen wir eine Zielbestimmung. Wir wollen 15 oder 20 Prozent Gas und Strom einsparen. Danach würden wir die Maßnahmen aufschlüsseln, was notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen. Aber ich glaube, am Anfang muss eine gemeinsame Verabredung stehen. Wenn man über konkrete Maßnahmen jetzt schon redet, dann findet jeder einen Grund, warum dies oder das nicht geht.
Was heißt denn „bei uns“? Geht es um die Stadt oder die Privatleute?
Am Ende müssen wir alle unseren Beitrag leisten. Aber erstmal geht es um das, was die Stadt direkt tun kann. Das sind die öffentlichen Gebäude und alles andere was mit Mobilität und Straßenbeleuchtung zu tun hat. Ein Beispiel: das Rathaus. Das ist ein Gebäude aus den 70er-Jahren. Da kann man nicht jedes Büro einzeln beheizen, sondern man muss es in Gänze beheizen. Es kann die Frage kommen, dass wir das Rathaus auf ein Minimum runterkühlen müssen. Und das kann im Zweifel bedeuten, dass Arbeiten hier nicht möglich ist und wir Home Office machen müssen. Natürlich nur in den Bereichen, die bürgerfern sind. Solch eine Frage steht im Raum.
Man könnte also nicht sagen: Im Bürgerbüro wird bei 22 Grad Raumtemperatur gearbeitet, während andere leere Räume nur auf 15 Grad geheizt werden?
Nein, das geht nicht. Zumindest nicht mit den vorhandenen Heizungen beziehungsweise der Heizungsanlage. Wir müssten dann für externe Heizungsmöglichkeiten sorgen, um einzelne Räume entsprechend arbeitsfähig zu machen. Aber das wäre im Verhältnis immer noch günstiger, als das gesamte Rathaus aufzuheizen. Das Bürgerbüro bliebe natürlich in Betrieb, aber es gibt auch andere Termine, die dann vielleicht mal warten müssen.
Nehmen wir mal ein anderes Beispiel: die Schulhof-Beleuchtung: Wie sehr muss man da eine Abwägung treffen? Hier das Stromsparen, da die Dunkelheit auf öffentlichem Gelände, die vielleicht die Angst von Spaziergängern oder von Anwohnern steigen lässt …
Da müssen wir abwägen. Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass wir die Temperatur in den Kindergärten deutlich absenken, wo Kinder gewickelt werden müssen und wo Kinder spielen. Aber eben um für Kindergärten Ausnahmen machen zu können, haben wir die Verantwortung, woanders im Zweifel mehr einzusparen und andere Einschränkungen zu machen. Also Sie sehen, all das ist eine Abwägung.

Bürgermeister Rajko Kravanja, hier bei einer Bürgerveranstaltung im Juni 2022 in der Agora in Ickern. © Sophia Wibbeke
Wo geht noch was?
Vor allem ist es das Heizen. Das andere ist Stromsparen. Wir haben unsere LED-Beleuchtung bis Ende des Jahres komplett umgestellt. Aber da geht es ja manchmal auch um symbolische Dinge. Sind wir bereit, in den Abendstunden weniger Licht zu akzeptieren? Nehmen wir das Gefühl von Unsicherheit in Kauf, sparen dafür aber ein?
Würden Sie heute schon eine Garantie abgeben, dass es einen Weihnachtsmarkt in Castrop gibt?
Ich glaube, wir müssen nicht pauschal sagen: Es dürfen keine Veranstaltungen stattfinden. Das wäre auch absurd. Aber in der Tat muss man überlegen, muss es die Riesen-Beleuchtung sein oder tut es nicht vielleicht auch mal ein kleineres Licht? Wenn wir in eine Situation kommen, wo wir in eine akute Gas-Mangellage kommen könnten, dann reden wir sowieso über ganz andere Maßnahmen. Damit wir da nicht hinkommen, ist es wichtig, jetzt anzufangen, sich über die Maßnahmen zu unterhalten.
Bis jetzt sind beschlossen: kälteres Wasser im Hallenbad und Freibad sowie kein Warmwasser im Rathaus. Wann wird richtig viel Greifbares vorliegen?
Wir werden Mitte September die konkreten Maßnahmen auf den Tisch legen, damit die Politik darüber beraten kann. Eine Liste: Was passiert, wenn … Und ich kann mir vorstellen, dass es da auch eine Prioritätenliste gibt, wo man sagt, was für uns im ersten Schritt ausgenommen ist.
Als Journalist arbeite ich seit mehr als 25 Jahren. Im Kreis Unna bin ich dagegen noch recht neu, aber voller Neugier auf Menschen, Städte und Gemeinden. Schreiben habe ich gelernt, komme aber viel zu selten dazu. Dafür stehe ich gerne mal vor der Kamera.
