Lothar Widlitzki, Ortsgruppensprecher des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) Castrop-Rauxel hat eine klare Meinung zur neuen Landmarke: „Die neue Brücke am Emscherland ist optisch auf jeden Fall ein Anziehungspunkt und passt richtig gut in die Landschaft, allerdings fördert sie kaum die Nahmobilitätswende.“
Das Problem ist die Breite des kombinierten Rad- und Fußgängerwegs. Dazu Widlitzki: „Das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß von 2,50 Metern bezieht sich normalerweise auf Wege dieser Art entlang von Straßen. Da ist rechts und links kein Geländer und man kann bei Gegenverkehr ausweichen. Hier dagegen besteht die Gefahr, dass man schon mal an die Begrenzung gerät.“

Nach Meinung des ADFC-Sprechers stellt sich zum Thema „Radfahren“ grundsätzlich die Frage, was man mit der Brücke bezwecken will: „Wenn sie Freizeitradlern dazu dienen soll, die Aussicht zu genießen und Fotos zu machen, ist das eine tolle Sache. Diejenigen, denen die Brücke einen schnelleren Weg zur Arbeit ermöglichen soll, werden enttäuscht sein.“
Konzentration erforderlich
Lothar Widlitzki verweist auf Hindernisse, die besonders Pedelec-Fahrern einen zügigen Weg zur Arbeit verwehren: „Man begegnet vielen Fußgängern, die Strecke ist nicht gerade, da es sich um eine geschwungene Brücke handelt, und man muss schließlich rauf und runter fahren. All das erfordert mehr Konzentration und geht auf die Zeit.“

Wie sehen die Radfahrer und Fußgänger, die für den Blick auf das Emscherland zur Brücke gekommen sind, den Betrieb auf dem schmalen Weg? Wir trafen zwei ältere Damen mit Rollatoren. Beide waren sich einig, dass es manchmal etwas gefährlich für Fußgänger sein kann. „Vor allem, wenn E-Bike-Fahrer unterwegs sind, die sehr schnell fahren und oft wie verrückt klingeln“, erklärt Luise Rupp. Ihre Freundin Friedel Köster geht noch etwas weiter: „Ich finde es nicht so gut, dass die Brücke auch für Radfahrer freigegeben ist. Es gibt ja kaum Ausweichmöglichkeiten.“ Beide können sich aber trotzdem an der Architektur und der schönen Aussicht erfreuen.

Ganz gelassen zeigte sich das Ehepaar Erika und Werner Schade aus Herne. Sie sind seit 50 Jahren auf den Radwegen entlang der Emscher und des Rhein-Herne-Kanals unterwegs und sind jetzt zum ersten Mal auf dem Sprung über die Emscher. Ihr Eindruck: „Ein tolles Bauwerk! Ein großes Lob an die Architekten, die die Brücke entworfen haben!“ Macht ihnen der rege Verkehr zu schaffen? „Wir können doch gegenseitig Rücksicht nehmen. Wir halten einfach mal an und lassen andere Radfahrer oder auch Fußgänger vorbei“, gibt sich Erika Schade ganz gelassen.
Verkehrsschilder als Lösung?
Lothar Widlitzki hält es trotz gebotener Rücksicht aller Verkehrsteilnehmer nicht ausgeschlossen, dass es zu Unfällen kommen kann. Was hält er von dem Vorschlag, dann ein Verkehrsschild „Fußgänger – Radfahrer frei“ aufzustellen? Dazu der ADFC-Sprecher: „Das würde bedeuten, dass die Geschwindigkeit auf 7 km/h gedeckelt wäre, was viele Radfahrer nicht wissen. Sie würden sich daher auch nicht daranhalten.“

Und er fragt sich: „Könnte man das kontrollieren? Das müsste man dann flächendeckend machen, also auch in der Stadt. Die nächste Maßnahme wäre dann, ein Schild aufzustellen „Radfahrer bitte absteigen“. Damit würde man aber nicht mehr Leute auf’s Rad bekommen.“
Bleibt also der Ratschlag des Ehepaars Schade, dem sich Lothar Widlitzki anschließt: „Man muss einfach Rücksicht nehmen! Dafür plädiert der ADFC bei jeder Radtour, die wir veranstalten. Schließlich müssen auch die Fußgänger geschützt werden.“

Diesen Appell hatte sicherlich auch die Emschergenossenschaft im Hinterkopf, als sie am Einstieg in den Sprung über die Emscher ein blaues Hinweisschild mit drei Symbolen anbrachte, das bereits bei Radlern für Verwirrung gesorgt hat, wie Lothar Widlitzki berichtet. Daher an dieser Stelle die Erklärung (v.l.n.r.): „Hunde sind an der Leine zu führen“, „Reiten verboten“ (das Pferd wurde schon mal für einen Hund gehalten) und „Verbot für Motorräder“ (einige Radfahrer hielten es für ein Fahrradverbot).
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 17. Oktober 2024.
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