Kurz nach der Sparkassen-Sprengung in Henrichenburg: Die Polizei und Rettungswagen sind auf dem Hedi-Parkplatz eingetroffen. Ein Mann wird festgenommen und ins Krankenhaus gebracht.

Kurz nach der Sparkassen-Sprengung in Henrichenburg: Die Polizei und Rettungswagen sind auf dem Hedi-Parkplatz eingetroffen. Ein Mann wird festgenommen und ins Krankenhaus gebracht. © privat

Sparkassen-Sprengung: Täter lag schreiend am Boden, um ihn rum Geldscheine

rnRekonstruktion

Die Nacht von Henrichenburg wurde gestört durch einen Knall. Es folgten Schüsse. Der Geldautomat der Sparkasse wurde von der Sprengerbande heimgesucht. Wir rekonstruieren die Tat und die Festnahme.

Henrichenburg

, 20.05.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Um etwa 1 Uhr knallt es am Donnerstagmorgen (19.5.) im Zentrum von Henrichenburg. Drei Männer haben hier in wenigen Minuten auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums Hedi zwei Zündschnüre verlegt. Gewaltsam dringen sie in die Filiale der Sparkasse durch die Glastüren ein, legen einen Sprengsatz in die Nähe des Geldautomaten im Nebenraum rechts. Sie verlassen das Gebäude, verschwinden hinter einer Ecke am Edeka-Markt und zünden den Sprengsatz.

Helmut Rackowitsch erlebte die Automatensprengung von der Dachterrasse aus hautnah mit. Er sah einen der drei Täter am Boden liegen, rund um ihn herum Geldscheine.

Helmut Rackowitsch erlebte die Automatensprengung von der Dachterrasse aus hautnah mit. Er sah einen der drei Täter am Boden liegen, rund um ihn herum Geldscheine. © Tobias Weckenbrock

Die Detonation ist heftig, doch das Haus über der Sparkassen-Geschäftsstelle im Betreuten Wohnen bleibt heil, mitsamt seiner Wohnungen. Unten dagegen sieht das ganz anders aus: Die Schaufenster gehen zu Bruch, die Geschäftsstelle wird in weiten Teilen verwüstet.

Sparkassen-Sprecher Stefan Fokken sagt, diese Sprengladung sei von den acht Fällen, die es bisher bei der Sparkasse Vest im Kreis Recklinghausen gegeben habe, die wuchtigste gewesen.

Die drei Täter rennen ins Gebäude und plündern den Geldautomaten. Sie stecken Geldscheine in Tüten, bemerken aber nicht, dass ganz in der Nähe ein Streifenwagen mit zwei Polizisten Besatzung anrollt: An der Freiheitstraße halten die Beamten, steigen aus, nehmen die Waffe aus dem Halfter und suchen hinter einer DHL-Packstation Schutz.

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Von dort aus fallen Schüsse, als die drei Täter flüchten. Rund 20 Schüsse sollen es nach Zeugenangaben gewesen sein, und zwar aus unterschiedlichen Waffen. Ob die Täter selbst bewaffnet waren, ist allerdings offen. Aber ein Projektil trifft zum Beispiel einen Opel Corsa, der direkt vor der Sparkassentür parkt, am hinteren Seitenflügel. Auch die dahinter liegende Wand am Edeka-Markt weist Schussspuren auf.

Er wird angeschossen, schreit und fällt zu Boden

Einer der drei Männer wird getroffen. Er schreit laut auf und fällt zu Boden. Seine Beute, 50-Euro-Geldscheine in rauer Menge, verteilen sich um ihn herum auf dem Boden, wie ein weiterer Augenzeuge berichtet. Während sich zwei Polizisten von der Postbox aus heranpirschen, die Pistole und die Taschenlampen im Anschlag, ist ein aufbrausender Motor zu hören.

Seine beiden Komplizen rasen mit einem Audio RS8, einem Sportwagen, vom Parkplatz über die Freiheitstraße in Richtung B235 / Autobahn A2.

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Während die zwei Polizeibeamten dem am Boden liegenden Mann Handschellen anlegen, ihn sichern und erstversorgen, kommen weitere Polizeiwagen angefahren, mit Martinshorn und Blaulicht diesmal. Ein Rettungswagen, ein Notarzt, der den Mann vor Ort versorgt, die Feuerwehr, alle rücken an. Der Verletzte wird ins Evangelische Krankenhaus gebracht, begleitet von einem Polizeiwagen.

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Geldautomat in Henrichenburg gesprengt

Bei der Sparkasse in Henrichenburg hat es in der Nacht zum 19.5.2022 kräftig geknallt. Mindestens drei Täter sprengten einen Geldautomaten in die Luft. Zwei entkamen mit Geld, einer wurde von der Polizei angeschossen und anschließend festgenommen und ins Krankenhaus gebracht.
19.05.2022

Zur selben Zeit geht ein Hubschrauber in die Luft, der die Fährte des Audi aufnimmt. In Recklinghausen-Suderwich wird er später gefunden. Vermutlich stand dort ein zweites Fahrzeug, in das die beiden entkommenen Täter gewechselt sind. So wird ihre Spur verwischt.

LKA und Kripo stellen Schildchen auf

Die Polizei ermittelt vor Ort in Henrichenburg: Wenig später treffen das Landeskriminalamt und die Kriminalpolizei ein. Der Tatort wird gesichert, die Feuerwehr erhellt den Platz. Anwohner kommen aus den Häusern und unterhalten sich über das Spektakel, das viele vom Fenster aus beobachtet haben. Sie sind wichtige Zeugen und werden von den Polizisten zum Teil erstmals vernommen.

Ein Schlachtfeld offenbart sich den Menschen in der Geschäftsstelle der Sparkasse in Henrichenburg. Die Detonation war gewaltiger als in den vorherigen acht Fällen bei der Sparkasse Vest, sagt ein Sprecher.

Ein Schlachtfeld offenbart sich den Menschen in der Geschäftsstelle der Sparkasse in Henrichenburg. Die Detonation war gewaltiger als in den vorherigen acht Fällen bei der Sparkasse Vest, sagt ein Sprecher. © Tobias Weckenbrock

Am Morgen gegen 8 Uhr sehen sich der Sparkassen-Vorstand und Bürgermeister Rajko Kravanja den Tatort an. Das Gelände und die Freiheitstraße sind weiträumig bis oben zur Volksbank abgesperrt. Flatterband sichert den Tatort, die Polizei erklärt den Bürgern, dass der Edeka und die Sparkasse zurzeit nicht erreichbar seien und dass man zum Rossmann und zur Apotheke bitte außen rum gehen möge.

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Mitarbeiter aus einem Einsatzteam der Sparkasse haben da schon aufgeräumt, sie waren gegen 2 Uhr vor Ort. Sie haben in der Nacht Scherben zusammengefegt, die nun auf einem Haufen liegen statt auf dem halben Parkplatz verteilt. Geldscheine sicherte die Polizei in Tüten, stellte überall kleine Schildchen auf, um den Hergang der Nacht nachkonstruieren zu können. Auch Projektile werden eingesammelt, die von abgegebenen Schüssen stammen.

Am Nachmittag an der Sparkasse Henrichenburg: Hier ist in der Nacht zu Donnerstag ein Automat gesprengt worden.

Am Nachmittag an der Sparkasse Henrichenburg: Hier ist in der Nacht zu Donnerstag ein Automat gesprengt worden. © Tobias Weckenbrock

Gegen Mittag trifft ein Handwerker-Team hier ein. Mit Holzplatten werden die zerstörten Glasscheiben an der Gebäudefront geschlossen. Auch der Briefkasten der Sparkasse vorne wird wieder hergestellt, die Eingangstür verschlossen. Drinnen sieht es noch immer aus wie auf einem Schlachtfeld, die Mitarbeiter der Geschäftsstelle müssen einstweilen anderswo Dienst tun.

Geldgeschäfte könne man nun vorerst also nur in der Geschäftsstelle in Ickern regeln, sagt Stefan Fokken, Sprecher der Sparkasse Vest. Bis zum Sommer, meint er, werde es dauern, bis man hier in Henrichenburg eine Lösung finde.

So bitter dieser Tag sei, sagt Fokken: „Immerhin haben wir endlich einen Täter.“