Umfrage bei Castrop-Rauxeler Fachbetrieben Was, wenn ich eine Photovoltaik-Anlage möchte?

Umfrage bei Fachbetrieben: Was, wenn ich eine Photovoltaik-Anlage möchte?
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Energiekrise, Klimakrise, hohe Strompreise: Es gibt zurzeit viele gute Gründe, sich Gedanken über die Erzeugung des Stroms zu machen, den man daheim selbst verbraucht. Dazu haben sich auch noch Regelungen und Richtlinien für Privatleute vereinfacht. Und dann steht noch eine Steuervergünstigung im Raum.

Auf der anderen Seite hört man von fehlenden Fachkräften in Handwerksbetrieben, von Lieferproblemen und Engpässen bei technischem High-Tech-Gerät aus Fernost und hohen Preisen.

Ist jetzt der richtige Moment für eine Photovoltaik-Anlage? Wie bewerten Solarteure, Dachdecker und Elektro-Installateure in Castrop-Rauxel die Lage? Wann könnten sie liefern, wenn ich sie jetzt beauftrage und wie teuer wird das Projekt?

Wir haben elf Fachbetriebe gefragt, die auf der Website CASKlimahelden, getragen von Stadt, Stadtwerken, EUV und Verbraucherzentrale, für den Bau von PV-Anlagen gelistet sind. Von elf Betrieben antworteten fünf. Ein weiterer meldete sich auf anderem Wege.

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

„Den richtigen Zeitpunkt gibt es selten, je früher in die Sonnenkraft investiert wird, umso schneller werden die monatlichen Stromkosten gespart“, sagt Philipp Wesolek, Elektrotechnik-Meister bei der KVI Kabelverlegungs GmbH auf Schwerin. Er gibt aber zu bedenken, dass es 2023 Förderprogramme bzw. kundenorientierte Zuwendungen geben werde. „Darum ist meine Empfehlung, auf 2023 zu warten.“

Eine Planung aber, das wird deutlich, kann man schon jetzt starten: Wer bei Gelb-Solar nun anfragt, bei dem wird ab Frühsommer gebaut. Hintergrund: Auch wenn das Unternehmen reichlich Material und Technik auf Vorrat hat, sind die Auftragsbücher recht voll. Die Planung mit Louis Burmann macht man relativ zeitnah. Mit dem Bau geht es dann aber bei ihm wie bei vielen Wettbewerbern erst im Frühjahr / Sommer 2023 los.

Jens Steinberg von Enerix Emscher-Lippe gibt ebenfalls das 2. Quartal 2023 als Installationszeitpunkt an, wenn man die Anlage jetzt beauftragt. KVI spricht von zwei bis sechs Monaten Wartezeit je nach Auftrags-Umfang. Frank Kurzawa von der PV-Energie Konzepte GmbH mit einem Sitz im Mittelstandspark Ost bei Lobbe sagt, dass er Lieferung und Einbau der Module binnen vier Wochen leisten könne, aber Schlechtwetterphasen kommen könnten und die Lieferung und der Einbau von Zähler/Zählerschrank sechs bis acht Wochen dauere. Auch vom Netzbetreiber sei man abhängig.

Thilo Schrammen von Elektro Schrammen fasst das so zusammen: „Wenn man jetzt einsteigt, liegt die Planungsphase und Lieferzeit in der dunklen Jahreszeit und die Anlage kann im Frühjahr nächsten Jahres produzieren.“ Er spricht von Installation zum Ende des 1. Quartals 2023.

Thilo Schrammen verbaut gerade auch viele Solaranlagen mit seiner Firma. Das laufe so neben dem Kerngeschäft her, sagt er.
Thilo Schrammen verbaut gerade auch viele Solaranlagen mit seiner Firma. Das laufe so neben dem Kerngeschäft her, sagt er. © Ronny von Wangenheim

Was ist derzeit das Nadelöhr?

Alle befragten Unternehmen betonen, dass sie Solarpaneele vorrätig haben und/oder schnell geliefert bekommen. Schwieriger, aber auch nicht aussichtslos, sei die Lage bei den benötigten Wechselrichtern. Und ein Problem sei neben der großen Nachfrage zurzeit das zum Bau benötigte Fachpersonal: Auch wenn einige Firmen noch Mitarbeiter einstellen konnten, reicht es zurzeit nicht überall für viele Baustellen gleichzeitig.

Dachdecker Enrico Jacobs spricht bei seinem Unternehmen von zwei bis drei Monaten vom Auftrag bis zur Fertigstellung. Er ist eine Art Quereinsteiger: Der Solaranlagen-Bau mache inzwischen etwa die Hälfte der Arbeit in seinem ansonsten klassisschen Dachdecker-Betrieb aus. Dabei arbeite er mit den Unternehmen Metzner und dem Sonnenhaus Krieger zusammen, die die Anlagen mit den Kunden planten. Jacobs Bedachungen bringe sie dann auf dem Dach an.

Wie viele Anlagen werden derzeit gebaut?

So viele zugleich wie wohl noch nie zuvor, wenn man den Aussagen der antwortenden Unternehmen Rechnung trägt: „Relativiert und gemittelt auf das gesamte Jahr gehen 12 bis 13 Anlagen pro Monat ans Castrop-Rauxeler Stromnetz“, sagt Louis Burmann von Gelb-Solar. Bundesweit installiere das Unternehmen 50 bis 60 Anlagen im Monat.

Frank Kurzawa meint, die Zahl der Anfragen nehme saisonbedingt zum Winter hin ab. Aber: „Aktuell verzeichnen wir wöchentlich 10 bis 15 Anfragen, ohne große Werbeaktionen.“ Im Sommer sei die Zahl der Anfragen noch höher gewesen. Zurzeit baue er überregional im Monat 3 bis 5 Anlagen in Castrop-Rauxel. KVI spricht von einem Dutzend Anfragen pro Woche und 1 bis 2 realisierten Anlagen im selben Zeitraum.

Thilo Schrammen sprich auch von täglich 1 bis 2 Anfragen „neben unserem normalen Kerngeschäft“ und viel Arbeit nebenher durch die Termine, die man dadurch an den Gebäuden mit den Interessenten habe.

Louis Burmann plant für Gelb-Solar zurzeit viele PV-Anlagen in Castrop-Rauxel.
Louis Burmann plant für Gelb-Solar zurzeit viele PV-Anlagen in Castrop-Rauxel. © Natascha Jaschinski

Was kostet eine PV-Anlage?

Aus den Antworten ergibt sich eine Bandbreite, die aber mit Vorsicht zu genießen ist. Gelb-Solar gibt gar keine konkreten Preise an und verweist auf zu viele Parameter, die die tatsächlichen Kosten einer schlüsselfertigen PV-Anlage hätten. Vom Bestands-Stromkasten über die Konstruktion und Beschaffenheit des Daches hin zu gewünschten Funktionen der Hardware und der letztendlichen Bauweise auf dem Dach wirke sich vieles darauf aus. Wer einen Akku-Speicher und Ladestation (Wall-Box) fürs Auto mitbucht, kommt dort auf rund 3000 Euro pro Kilowatt-Peak.

Thilo Schrammen spricht von Richtwerten um 2000 Euro ohne Speicher und 3000 Euro mit Speicher je Kilowatt-Peak. Auf diesem Niveau liegt auch Frank Kurzawa: „Nicht selten müssen wir aktuell einen Preis von 3000 Euro pro KWp aufrufen. Anfang des Jahres lag ein Speicher mit 10 KWh bei unter 10.000 Euro. Aktuell bezahlen wir bei dem Lieferanten 12.750 Euro.“

Bei Enerix kommt man offenbar etwas günstiger weg. „Bei einer größeren Hausdachanlage mit großem Batteriespeicher liegen die Kosten aktuell bei ca. 2000 Euro pro kWp“, heißt es von Jens Steinberg.

Philipp Wesolek von KVI spricht „je nach Größe der Anlage und Wahl der Hersteller bei Wechselrichtern, Modulen und Speicher von zwischen 1600 bis 2500 Euro pro KWp ohne Speicher und 2400 bis 3300 Euro mit Speicher. Aber auch hier gilt: Eine kleine Anlage ist nicht automatisch viel billiger, da der Aufwand für eine große oder kleine Anlage der gleiche ist.“

Philipp Wesolek arbeitet bei KVI  auf Schwerin. Er baut mit seinen Kollegen auch Solaranlagen auf die Dächer in Castrop-Rauxel.
Philipp Wesolek arbeitet bei KVI auf Schwerin. Er baut mit seinen Kollegen auch Solaranlagen auf die Dächer in Castrop-Rauxel. © Volker Engel

Was ist das Fazit?

Wer eine Anlage will, muss sich ein bisschen auf sein Bauchgefühl verlassen, wem er die Planung und den Bau anvertrauen möchte. Wer sicher gehen will, nicht zu teuer zu bauen, kann sich von mehreren Unternehmen konkrete Angebote machen lassen, sollte aber einpreisen, dass es dann länger dauern könnte. Ein Bestandteil der Preiskalkulation ist dabei auch die Qualität der verbauten Panels und Geräte.

Fest steht: Der Herbst 2022 ist trotz der hohen Nachfrage und den damit gestiegenen Preisen im Markt ein guter Zeitpunkt, um die eigene Anlage zu beauftragen. Bei allen Anbietern kann man davon ausgehen, dass sie noch im Sommer 2023 Strom produziert. Und in Aussicht steht, dass man 19 Prozent Umsatzsteuer spart: Die Bundesregierung plant, sie für 2023 für PV-Anlagen und -Komponenten sowie die Arbeiten zu erlassen.

Die Sporthalle des Ernst-Barlach-Gymnasiums in Castrop-Rauxel hat großflächig PV-Module auf dem Dach. Ähnlich ist es am Schulgebäude des ASG und auf anderen Schulen. Aber wer bedeckt mein Privathaus?
Die Sporthalle des Ernst-Barlach-Gymnasiums in Castrop-Rauxel hat großflächig PV-Module auf dem Dach. Ähnlich ist es am Schulgebäude des ASG und auf anderen Schulen. Aber wer bedeckt mein Privathaus? © RVR 2021

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