Die Geburt der Schweriner Sonnenuhr Auch über einen Brunnen wurde damals nachgedacht

Heute vor 30 Jahren – Was soll auf die Halde Schwerin?
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Diese Woche werfen wir jeden Tag einen Blick auf eine Ausgabe aus unserem Archiv und gehen dabei jeden Tag ein Jahrzehnt weiter zurück. Heute am dritten Tag geht es also um den 6. September 1993 und die Schweriner Halde. Auf die wollte man ein Kunstwerk setzen, aber welches nur? Statt ein Planungsbüro damit zu beauftragen, einen kostengünstigen Vorschlag auszuarbeiten, hat man sich damals für einen anderen Weg entschieden. Der Architektur-Professor Manfred Walz (1940–2019) war mit der Planung betraut. 1993 erklärt er: „Hier kommen nicht die Planer und machen so lange Propaganda, bis es allen gefällt.“

Man wollte bei den Anwohnern anfangen, deswegen wurde am ersten Septemberwochenende 1993 ein Workshop im Dietrich-Bonhoeffer-Haus veranstaltet. Eingeladen waren Bürger, aber auch Institutionen wie der BUND, der Arbeitskreis Klimaschutz oder die SPD. Elf Ideen für die Halde wurde an dem Wochenende entwickelt, von Professor Manfred Walz wurde das Thema „Zeit“ vorgegeben, verbunden mit „umweltschonenden Energien“. Eine der Ideen war deswegen ein Kessel, der sich nach und nach mit Wasser füllen und dann ab einem bestimmten Füllstand auskippen sollte – natürlich angetrieben von Wind- oder Sonnenenergie.

Eine Halde und kein Mooshügel

Durch Schnitte und Furchen in dem Hügel sollte herausgestellt werden, dass es sich um eine künstliche Halde handelt. Manfred Walz: „Wir wollen klarmachen, dass es eine Berghalde ist und kein Mooshügel im Sauerland.“ Und auch das, was heute so gut wie jeder Castrop-Rauxeler kennt, war schon damals unter den Vorschlägen: eine Sonnenuhr.

Einige Wochen später werden die Ideen von den Bürgern dann mit vier Künstlern besprochen – unter ihnen ist auch Jan Bormann. Bei einem weiteren Treffen im November kommen dann alle zusammen: Bürger, Künstler und Planer. Eine Jury aus elf Vertretern musste über die Ideen abstimmen, 13 Vorschläge waren zusammengekommen. Der heute deutschlandweit bekannte Castrop-Rauxeler Künstler Jan Bormann erreichte den ersten Platz und erhielt 2000 DM Preisgeld.

Zuschlag für Jan Bormann

Jan Bormann konnte die Jury 1993 gleich doppelt von seinen Ideen überzeugen.
Jan Bormann konnte die Jury 1993 gleich doppelt von seinen Ideen überzeugen. © Archiv Ruhr Nachrichten

Damals heißt es in der Zeitung: „Nach seinem Entwurf erstrahlt auf dem höchsten Punkt der Halde eine überdimensionale Sonnenuhr mit Zeitmarken aus polierten Metallröhren, die ‚eine Vermittlung von Aussicht und Gestaltung‘ ausmachen.“ Während die Halde heute eine grasbewachsene Kuppel hat, war sie damals noch ziemlich wild, wie Manfred Walz in dem Artikel aus November 1993 betont: „Bis jetzt ist das Gelände ein einziger Dschungel.“ Die geraden Treppen, die von allen vier Himmelsrichtungen auf die Halde führen, haben dabei eine besondere Bedeutung, die vielleicht auch alteingesessene Castrop-Rauxeler noch nicht kennen.

Die Treppen bilden das „Geokreuz“. Die Stufen bestehen aus unterschiedlichen Materialien: An der Südseite aus Grubenholz und an der Nordseite aus Eisenbahn-Schwellen. Sie symbolisieren die Achse der Natur. Eine Treppe aus Stahlbrammen führt von Osten her nach oben, während die Stufen an der westlichen Flanke aus Eisenbahnschienen bestehen. Zusammen bilden diese beiden Treppen die Industrieachse.

Die Sonnenuhr auf der Halde auf Schwerin aus der Luft fotografiert.
Die Sonnenuhr auf der Halde auf Schwerin aus der Luft fotografiert. © Jens Lukas

Heute ist die Sonnenuhr ein Wahrzeichen

Die Sonnenuhr wird noch 1993 errichtet. 24 Edelstahlstelen stehen für die Stundenstäbe, der Kreis hat einen Durchmesser von 16,5 Metern. Ein Stab, der parallel zur Erdachse verläuft und zusammen mit der Stele, die um 12 Uhr steht, ein Dreieck bildet, gibt durch seinen Schatten die Sonnenzeit wieder. Heute ist die Sonnenuhr neben Erin-Turm und Hammerkopfturm eines der Wahrzeichen von Castrop-Rauxel und ein beliebtes Fotomotiv.

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